Auf den zweiten Blick
nicht bereit, mir eine Natter zu suchen, aber ich konnte es Kleopatra nachfühlen, wenn sie behauptete, Antonius sei wahnsinnig. Manchmal, wenn wir alleine waren, redete Alex im Bühnenton mit mir. Manchmal ignorierte er mich stundenlang, um mich dann plötzlich ins Schlafzimmer zu zerren, wo er mich mit einer Leidenschaft nahm, die an Gewalt grenzte. Schließlich kam es soweit, daß ich, wenn Alex durch die Haustür kam, still und ohne ein Wort der Begrüßung abwartete, bis ich abschätzen konnte, ob er mir Rosen bringen oder mich anbrüllen würde, weil ich einen Notizzettel unter einen Briefbeschwerer geklemmt hatte, damit der Wind ihn nicht ständig vom Schreibtisch wehte.
An diesem Abend fuhr er den Range Rover selbst, und ich saß auf dem Beifahrersitz – zum ersten Mal in dem ganzen Jahr, das wir inzwischen verheiratet waren. John war im Haus geblieben und half, die Fenster zu verkleben und Planen über die Büsche zu ziehen, weil ein Sturm mit schwerem Regen die kalifornische Küste heraufkam. Alex blickte kurz auf die Uhr am Armaturenbrett und dann auf die finsteren Wolken am Himmel. »Es wird knapp werden«, sagte er.
Wir mußten am Strand vor dem Apartment in Malibu eine Barriere aus Sandsäcken errichten, und ich wußte, daß dies das letzte war, wonach Alex der Sinn stand. In jener Woche hatte Brianne Nolan – die Kleopatra – wegen angeblicher Erschöpfung ihren Vertrag aufgekündigt. Aber zwei Tage darauf hatte Herb Silver Alex erzählt, er habe bei einem Geschäftsessen mitbekommen, daß Nolan nur aus ihrem Vertrag herauswollte, weil ihrem Agenten ein Angebot in den Schoß gefallen war, das lukrativer für sie war, als neben Alex die zweite Geige zu spielen. Ich hatte Alex um drei Uhr morgens in seinem Arbeitszimmer aufgestöbert, wo er immer neue Summen in den Rechner tippte, um festzustellen, wieviel Geld sie zum Fenster hinausgeworfen und wieviel Zeit sie verschenkt hatten.
Die Produktionsgesellschaft wollte Brianne Nolan wegen Vertragsbruch verklagen, und Alex hatte fast den ganzen Tag mit irgendwelchen Anwälten verbracht. Sowie er im Haus war, hatte er mir erklärt, ich solle Gummistiefel anziehen und zu ihm in die Garage kommen. Es bestand die Gefahr, daß nicht nur der Strand weggespült, sondern auch das Apartment in Mitleidenschaft gezogen würde.
»Glaubst du, wir kommen heute nacht noch nach Bel-Air zurück?« fragte ich leise, um seine Stimmung auszuloten.
Alex sah mich nicht einmal an, aber in seiner Wange zuckte ein Muskel. »Wie zum Teufel soll ich das wissen?« antwortete er.
Am Strand vor der Kolonie hatten sich, von der Natur zu gewöhnlicher körperlicher Arbeit verdonnert, die Prominenten in gelben Öljacken versammelt. Alex winkte einem Produzenten zu, der ein paar Häuser weiter wohnte, und gab mir dann zwei Rollen Klebeband, die er sich in die Tasche gestopft hatte. »Fang drinnen an«, befahl er, »und hilf mir dann draußen.«
Ich schloß das Apartment auf und rief nach Mrs. Alvarez, die oben in der Küche bereits ein Sortiment von Sturmlampen, Kerzen und Proviant aufbaute.
»Ach, Mrs. Rivers«, begrüßte mich die Haushälterin, während sie die Treppe heruntergerumpelt kam. »Ich habe gehört, der Sturm wird die gesamte Küste in ein Katastrophengebiet verwandeln.« Sie rang die Hände vor der weißen Schürze.
Ich runzelte die Stirn. »Vielleicht sollten Sie heute abend lieber mit uns ins große Haus kommen«, schlug ich vor. Mir mißfiel die Vorstellung, daß eine fünfundfünfzigjährige Frau ganz allein einem heftigen Sturm trotzen sollte.
»Nein, nein«, widersprach sie. »Wenn Mr. Rivers damit einverstanden ist, holt mich mein Luis gleich ab und bringt mich zu sich nach Hause.«
»Natürlich ist er einverstanden«, sagte ich. »Sie verschwinden hier, sobald Sie können.«
Als ich nach oben rannte, um die riesigen Fenster auf der Meerseite zu verkleben, setzte der Regen ein. Statt allmählich stärker zu werden, ging er schlagartig in einer Sturzflut nieder. Ich stand da, die Hände an die Scheiben gepreßt, und sah Alex zu, der unten Säcke herbeischleppte und sie mit angeborener Geschmeidigkeit stapelte.
Mrs. Alvarez verschwand mit ihrem Sohn, als wir drinnen alles erledigt hatten. Ich zog die Gummistiefel über, quetschte mich durch die Schiebetüren, deren Scheiben ich kreuzweise verklebt hatte, und lief über den Strand zu Alex. Schweigend schleifte ich einen schweren Sandsack zu der Barrikade, an der er gerade arbeitete. Meine Muskeln schmerzten
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