Auf der Spur der Vogeljaeger
dabei angesichts der dramatischen Situation ein wenig zu laut.
»Ich meine die Ordnungshüter. Ob die Fracksausen haben?«
»Höchstens Uniformsausen! Aber vielleicht finden sie einen Penner im Frack. Dem könnte dann das richtige Kleidungsstück sausen.«
Die Straße belebte sich zusehends. Die Lautsprecherdurchsage, die mehrmals wiederholt wurde, hatte auch die letzten Schläfer muntergemacht. In den Häusern gingen die Lichter an. Fenster wurden geöffnet. Wer ein Stück entfernt wohnte, bemühte sich her. Offenbar sprach sich die Polizeiaktion in Windeseile herum.
Erich, Otto und ein dritter Polizist hatten alle Hände voll zu tun, um die Leute zurückzuhalten. Denn einige Tollkühne schienen zu glauben, dass es sich um eine Blindschleiche handelte. Sie wollten helfen bei der Suche.
Straßen umfassten den Park wie feste Bänder – aus Asphalt.Diese Straße, auf der sie jetzt standen, begrenzte die südliche Schmalseite. Entlang der ganzen Westseite, dem längsten Teil, verlief die Kastanien-Allee. Von dort näherte sich ein Lastwagen, wie Tarzan bemerkte.
Das Fahrzeug rollte um die Ecke. Es war ein großer Lieferwagen mit Plane. Nur beiläufig nahm Tarzan ihn zur Kenntnis. Denn an einem Obst- und Gemüse-Transporter ist nun mal nichts Interessantes – abgesehen davon, dass die Firma den beziehungsreichen Namen NIEFRISCH trug.
Der hätte sich einen anderen Beruf suchen sollen, dachte Tarzan, oder den Namen ändern.
Dann blickte er aufmerksam zu dem nächstliegenden Eingang hin, wo nächtliche Parkbesucher von Polizisten herausgeführt wurden.
Ein Stadtstreicher, zerlumpt und mit verwildertem Bart, war so betrunken, dass er überhaupt nichts begriff. Fast gewaltsam mussten zwei Beamte ihn zur Straße drängen. Dabei krakeelte er und schimpfte wie ein Rohrspatz. Er hätte das Recht, sagte er, dort zu pofen – »Augenpflege« zu machen – sich von innen zu begucken – zu ratzen. All die Bezeichnungen ratterte er runter. Seit Jahren täte er das. Aber die verdammten Polypen hätten was gegen ihn. Er fühle sich verfolgt und werde sich beim Bundestagsabgeordneten dieses Wahlkreises beschweren.
Das Liebespärchen war friedlicher. Dem Mädchen – sie mochte 17 sein – saß der Schreck unter der Haut. Wie ein bleicher Klecks schimmerte ihr Gesicht im Scheinwerferlicht.
Ihr Freund wischte sich mit dem Taschentuch im Gesicht herum. Ob er schwitzte oder Lippenstiftspuren beseitigte, war nicht festzustellen.
»Keinen Schwanz haben wir bis jetzt von der Schlange entdeckt«, sagte einer der Polizisten zu Erich. »Der ganze Umkreis von der Pagode ist abgesucht.«
Bei der Pagode hatte die leere Kiste gelegen.
Die Menge der Schaulustigen wuchs. Viele drängten zu den Streifenwagen heran.
Immer wieder wurden dumme Fragen gestellt:
»Stimmt es, dass ein Krokodil ausgebrochen ist?« – »Wurde jemand im Park ermordet?« – »Eine Umweltkatastrophe, nicht wahr?« – »Wie viele Bomben sollen denn nun im Park versteckt sein?« – »Hat man die Terroristen endlich gestellt? Oder sind die wieder entkommen?«
Tarzan fühlte sich unbehaglich. Er konnte nur hoffen, dass niemand hier war, der sie kannte.
Fräulein Obermüller stritt mit Erich.
»Sie können mir nicht verbieten, dass ich mich an der Suche beteilige. Schließlich handelte es sich um meine Schlange. Außerdem bin ich die einzige Expertin. Und wenn was passiert, kann ich meinen Zoo zumachen.«
»Tut mir leid. Aber mein Vorgesetzter will, dass Sie hier bleiben. Außerdem töten wir die Schlange nicht. Sobald sie entdeckt ist, werden wir Sie holen, Fräulein Obermüller. Wir sehen Ihnen gern zu, wenn Sie das Tierchen einfangen. Stimmt schon, dass Sie sich darauf besser verstehen.«
Tarzan fasste seinen Freund am Ärmel und zog ihn in den Schatten der Hauswand.
»Ist was?«
»Willi, ich glaube, dort hinten steht Dr. Wagner.« »Ich krieg die Motten! Wo?«
»Bei dem Pelzgeschäft. Jetzt stehen andere vor ihm. Aber ich bin sicher, dass er’s ist.«
»Was macht der denn um diese Zeit...«
»Du weißt doch, dass er eine Bekannte in der Stadt hat. Eine Deutschlehrerin von der Realschule. Der kommt doch oft erst nach Mitternacht heim. Wahrscheinlich bringen sie die Abende damit zu, sich über Silberfische und Wanzen zu unterhalten.«
»Hauen wir ab?«
»Aber unauffällig. Mit den Rädern. Und am besten über den Hof. Was uns hier hält, ist ja doch nur Neugier. Helfen können wir nicht. Und ob die Schlange gefunden wird, erfahren wir noch früh
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