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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Petermann
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hielt die Mündung seiner Waffe wieder direkt vor meinen Körper. Wir hielten inne: Diese Situation konnte der beim Überfall auf Tom Howe entsprechen. Doch ließen sich so auch die trichterförmig aufs Fenster zulaufenden Blutspritzer auf der Ablage erklären? Ich überlegte: Hätte das Blut bei meiner seitlichen Position nicht mit hoher Energie nahezu parallel zum Fenster auf die Ablage geschleudert werden müssen? Und müssten sich die Blutspritzer nicht auch höher an der Scheibe des Fensters befinden: bei einem Einschuss bei 145 Zentimetern? Tom Howe musste anders gestanden haben, und zwar so, wie wir es als Fakt bereits festgestellt hatten: mit dem Gesicht zum Fenster und dicht vor der Ablage. Das bedeutete im Umkehrschluss, dass der Täter mit dem Rücken zum Fenster gestanden haben müsste – sehr beengt zwischen seinem Opfer und der Ablage. Doch wie sollte so das Blut auf die Ablage gekommen sein? Hätte es dann nicht stattdessen gegen die Kleidung des Täters spritzen müssen?
    Und wir stellten uns noch weitere Fragen: Wäre es für den Täter nicht viel einfacher gewesen, vor Tom Howes Rückkehr Jacke und Tasche einfach nur zu durchsuchen, damit er den Diebstahl nicht sofort bemerkt, oder beides aus dem leeren Abteil mitzunehmen, um dann woanders in Ruhe die Wertsachen zu stehlen? Wieso also das hektische Chaos? Warum erschoss er den Fahrgast, wenn es ihm nur um dessen Reisegepäck ging? Und woher sollte der Täter überhaupt wissen, dass der Reisende so viel Geld bei sich trug? Außerdem: Ungeachtet des Risikos, im gut besetzten Zug entdeckt zu werden, flüchtete der vermeintliche Täter nach dem Schuss nicht sofort. Kaltblütig und sehr geplant müsste er stattdessen den Sterbenden beraubt haben und mit der Tatwaffe aus dem Abteil in Richtung des Schaffners geflüchtet sein. Im Gang verlor er dann die Scheckkarte, die Socke sowie den Ehering. Aber warum wies dieser keine Blutspuren auf, obwohl Tom Howes Hände doch blutig waren? Warum hob der Täter die Gegenstände nicht einfach auf? Eine fatale Fehlentscheidung, denn dadurch wurde das Verbrechen überhaupt erst entdeckt. Und wohin war der Mörder eigentlich geflüchtet? Hätte er dem Schaffner nicht direkt in die Arme laufen müssen?
    Wie würden Sie das soeben entworfene Szenario bewerten? Halten Sie nach dem Nachstellen einen Raubmord für wahrscheinlich?
    Ich selbst hatte jedenfalls so meine Zweifel daran, waren wir doch bei der Rekonstruktion auf zahlreiche Sinnbrüche gestoßen, die sich mit dem objektiven Spurenbild nicht vereinbaren ließen.
    Hatte sich Tom Howe also doch selbst erschossen und seinen Suizid durch einen vorgetäuschten Raubmord verdecken wollen? Aber wo befand sich die Waffe?
    Mir fiel ein vergleichbarer Fall von vorgetäuschtem Mord ein, über den ich gelesen hatte. Auch hier hatte die fehlende Waffe am Tatort die Ermittlungen zunächst in eine falsche Richtung gelenkt: Bevor sich das vermeintliche Opfer in seiner Wohnung erschoss, hatte der Mann ein starkes Gummiband an einem Baum befestigt, es durch ein offenes Fenster gezogen und es an seine Pistole geknotet. Nachdem er sich ins Herz geschossen und die Waffe losgelassen hatte, war sie vom Gummizug durch das offene Fenster nach draußen katapultiert worden und blieb zunächst verborgen für die Ermittler.
    Diese Möglichkeit hatte Tom Howe im Zug natürlich nicht gehabt, aber war es nicht denkbar, dass er die Waffe nach dem tödlichen Schuss noch aus dem Fenster werfen, dieses wieder schließen und das Rollo herunterziehen konnte, bevor er ohnmächtig wurde? Wir versuchten auch diese Variante nachzustellen. Tom Howe war fast so groß gewesen wie ich: über 180 cm. Mit dem Zollstock maß ich 145 cm vom Boden ab. In dieser Höhe war bei der Obduktion der quer-ovale Einschuss festgestellt worden, was dafür sprach, dass der Schuss nicht direkt von vorne, sondern eher seitlich und nach unten zur Körpermitte eingedrungen war. Mit der linken Hand hielt ich mir meine Pistole vor die Brust und richtete den Lauf schräg nach unten. Dann betätigte ich mit meinem Daumen den Abzug der Waffe. Eine unbewusste Entscheidung, denn normalerweise wird beim Schießen der Abzug mit dem Zeigefinger durchgedrückt, doch so brauchte ich mir nicht das Handgelenk zu verdrehen und konnte einfacher abdrücken. Dabei bildete die Mündung der Waffe zum Körper wie von alleine einen Winkel von etwa 45 Grad. Das stimmte schon einmal mit den realen Gegebenheiten überein. Ich stellte mich mit dem Gesicht

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