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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Petermann
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von Todesfällen haben können, wenn ein zunächst scheinbar logisches Tatgeschehen von einem planenden und intelligent vorgehenden Täter nur vorgetäuscht wird.
    Von meinen Studenten oder Journalisten, die über meine Arbeit schreiben wollten, bin ich schon häufiger gefragt worden, ob ich wohl alle inszenierten Taten erkannt habe. Die Antwort darauf ist sehr einfach: Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe natürlich, dass ich auf keine Inszenierung hereingefallen bin.
    Der Fall von Tom Howe zeigt aber auch, dass Ermittler trotz aller sorgfältigen Tatvorbereitung und noch so geschickter Inszenierung eine Chance haben, die fingierten Spuren zu erkennen. Wie bei allen Tatorten gilt auch hier: Die Spuren lügen nicht. Denn selbst der sorgfältigste Täter macht Fehler und kann sich bei seiner Inszenierung dem Spurenbild eines realen Verbrechens nur nähern, es jedoch nie erreichen.
    Wir müssen diese Fehler bei unserer Arbeit erkennen und uns stets fragen, ob die Spuren der Tat einen Sinn ergeben. Nie dürfen wir uns mit dem ersten Anschein zufrieden geben. Und das gelingt häufig nur durch die gemeinsame Arbeit von Ermittlern, Spurensuchern, Wissenschaftlern und Fallanalytikern.

Die Früchte der Forschung
    Späte Gerechtigkeit
    Dawn A. war ein hübsches, lebenslustiges Mädchen mit braunen Haaren und Bubikopffrisur. Sie besuchte das Gymnasium, malte und zeichnete gerne und hatte viele Pläne für ihre Zukunft. Als sie Ende Juli 1986 in dem kleinen mittelenglischen Dorf Enderby verschwand, war sie gerade fünfzehn Jahre alt.
    Schnell machte sich bei den Bewohnern des Ortes die Angst breit, dass Dawn A. Opfer eines Sexualmörders geworden sein könnte. Nach zwei Tagen wurde aus der Angst Gewissheit: Das Kind wurde an einem einsamen Weg am Ortsrand tot aufgefunden. Der Täter hatte sie vergewaltigt, erdrosselt und ihre Leiche unter Laub versteckt.
    Auf dieselbe Weise war drei Jahre zuvor im zwei Kilometer entfernten Nachbardorf die damals ebenfalls fünfzehnjährige Lynda M. getötet worden. In beiden Fällen hatte die Polizei nur wenige Spuren der Mörder gefunden: Hautreste unter den Fingernägeln der Mädchen und Sperma. Beides mit wenig individuellen Blutmerkmalen und nicht geeignet, sie einer bestimmten Person zuzuordnen.
    Vermutlich wären die beiden Verbrechen nie aufgeklärt worden, wenn nicht zu dieser Zeit der englische Biochemiker Sir Alec Jeffreys eine Entdeckung gemacht hätte, die – wie circa 100 Jahre zuvor der Fingerabdruck – die kriminalistischen Möglichkeiten förmlich revolutionieren sollte: der DNA-Fingerprint .
    Der genetische Fingerabdruck als Hilfsmittel zur Aufklärung von Verbrechen war eher ein Zufallsprodukt. Bei der Erforschung des menschlichen Genoms hatten Jeffreys und seine Mitarbeiter eine Methode verbessert, mit der sich aus verschiedenen Körperzellen innerhalb kurzer Zeit das Erbmaterial von Menschen vergleichen ließ. Das Verfahren basiert auf der Tatsache, dass die Molekülfolge in der Desoxyribonukleinsäure (DNS) beziehungsweise DNA (vom englischen acid) aller Zellen identisch ist. Die DNA (die internationale Abkürzung hat sich auch in Deutschland inzwischen gegen die deutschsprachige durchgesetzt) enthält weiterhin individuelle Erbinformationen, die durch verschiedene Untersuchungsmethoden wie ein chemisches Alphabet entschlüsselt und mit Hilfe von radioaktiven Markierungen auf einem Röntgenfilm als Strichcode abgebildet werden können. Dieser Strichcode – im Aussehen einem elektronisch lesbaren Preisschild auf Warenverpackungen ähnlich – erlaubt die eindeutige Zuordnung zu demjenigen, der seine unveränderlichen Merkmale an einem Tatort als Blut-oder Spermaspur zurückgelassen hat.
    Nachdem Jeffreys die Bedeutung und Möglichkeiten seiner Arbeit erkannt hatte, verkaufte er die Patentrechte dem britischen Chemiekonzern ICI, dessen Tochter Cellmark Diagnostics fortan DNA-Muster bestimmte. Zunächst wurden nur Vaterschaftsgutachten erstellt, und die britische Einwanderungsbehörde ließ die Abstammungsverhältnisse von einreisewilligen Bewohnern des Commonwealth prüfen. Dann wurde jedoch bald der Nutzen von Jeffreys’ genetischem Fingerabdruck für die Verbrechensbekämpfung erkannt.
    So kam es, dass der Fall des jungen Mädchens aus Enderby Kriminalgeschichte schrieb, denn zum ersten Mal nutzten Ermittler eine Untersuchungsmethode, die zuvor nur in der Theorie existiert hatte: der Abgleich von genetischen Informationen vieler Tausend möglicher Täter mit den bei dem

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