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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Petermann
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gewesen. Erst nachdem er sich wieder beruhigt hatte, sei ihm bewusst geworden, dass er zwangsläufig als Täter in Betracht käme. So sei er auf die Idee gekommen, einen Sexualmord vorzutäuschen.
    Inszenierungen spielen übrigens nicht nur bei Mordermittlungen eine Rolle. Manche inszenieren auch einen Tatort oder fügen sich selbst Verletzungen zu, um einen Unfall, einen Raubüberfall oder eine Vergewaltigung vorzutäuschen. Teilweise geht es darum, Versicherungssummen zu kassieren, teilweise schlicht darum, Eltern beziehungsweise dem Partner den wahren Grund für eine verspätete Heimkehr oder eine außer Haus verbrachte Nacht zu verschweigen. Solche falschen Behauptungen sind jedoch in der Regel recht schnell zu widerlegen: durch eine rechtsmedizinische Untersuchung der Verletzungen, eine intensive Tatortarbeit, die Rekonstruktion des Opferverhaltens vor und nach der Tat sowie eine kritische Vernehmung.
    Im Fall von Tom Howe übernahmen ein Kollege und ich die Klärung der Frage, welche fallanalytischen Rückschlüsse aus der beschriebenen Tatortsituation gezogen werden konnten. War ein Raubmord wahrscheinlicher oder ein Suizid mit der Inszenierung eines Verbrechens?
    Es waren lediglich sieben Minuten, die wir rekonstruieren mussten, um diesen Fall zu lösen. In dieser kurzen Zeitspanne – zwischen dem Gespräch von Tom Howe mit dem Zugführer und dem Fund seiner Sachen – musste der Täter den Amerikaner getötet haben.
    Gemeinsam mit dem Kollegen suchte ich das Zugabteil auf, um direkt am Tatort unter Berücksichtigung der Spurenlage den wahrscheinlichen Ablauf des Geschehens durch Nachstellen zu rekonstruieren.
    Die Rekonstruktion durch Nachstellen der Tatsituation oder gelegentlich auch durch einen Selbstversuch ist für mich das Herz der kriminalistischen Bewertung, sei es bei der Arbeit in der Mordkommission oder innerhalb einer Fallanalyse. Denn das Nachstellen hilft, einzelne Abläufe einer Tat zu erkennen, die sich bei einer ausschließlich theoretischen Erörterung nicht unbedingt erschließen würden.
    Ich habe mit dieser Methode sowohl als Ermittler der Mordkommission als auch als Fallanalytiker gute Erfahrungen gemacht. So zum Beispiel in einem Fall, bei dem im Blut des ermordeten Opfers eine hohe Schlafmittelkonzentration nachgewiesen werden konnte und wir wissen wollten, ob der Täter eine hilflose Lage ausgenutzt oder dem Opfer das Schlafmittel selbst heimlich verabreicht hatte. Also besorgte ich in einer Apotheke das Präparat, versuchte es in verschiedenen Flüssigkeiten aufzulösen beziehungsweise mischte es ins Essen und probierte mit Freiwilligen die Mixturen. Das Ergebnis war eindeutig. Das Schlafmittel hatte einen solch intensiven, bitteren und Brechreiz erzeugenden Eigengeschmack, dass kein Getränk oder Essen ihn verdecken konnte. Das Ergebnis ließ nur den Schluss zu: Das Opfer hatte das Mittel freiwillig eingenommen und wurde getötet, als es tief und fest schlief.
    Für die aktuelle Rekonstruktion zerlegte ich das Tatgeschehen in einzelne Abschnitte und notierte in meinem Block die jeweiligen Entscheidungen des Täters:
     

– Betreten von Tom Howes Abteil
– Durchsuchung seiner Tasche, der Jacke und seiner Brieftasche
– Verstreuen des Inhalts auf der Liege und dem Boden
– auf Tom Howe schießen
– Durchsuchen der Bekleidung des Sterbenden
– Abstreifen des Ringes
– Flucht und dabei Mitnahme von Geld und anderen Gegenständen: unter anderem Socke, Scheckkarte, Ehering
– Liegenlassen der Socke, Scheckkarte und des Eheringes auf dem Gang.
    Dann überlegten mein Kollege und ich, auf welche unstrittigen Fakten wir unsere Rekonstruktion stützen konnten:
     

Tom Howe hatte auf dem verstreuten Inhalt seiner Reisetasche gelegen: Der Täter hatte die Tasche zunächst durchwühlt, bevor der Mann tödlich getroffen zu Boden stürzte.
Seine durchsuchte Jacke war unbeschädigt, ohne Blut und lag unter seinem Körper: Tom Howe hatte sie nicht getragen, als er erschossen wurde.
Außer dem Einschuss wies Tom Howe keine weiteren Verletzungen auf: Das sprach dafür, dass der Täter sofort geschossen hatte.
Die Blutspritzer an Tom Howes Händen bedeuteten, dass sie beim Eindringen des Projektils in seinen Körper nur wenige Zentimeter von der Wunde entfernt waren.
Die Blutspritzer und die blutige Abklatschspur an der Ablage vor dem Fenster bewiesen, dass Tom Howe beim Schuss sehr nah vor der Ablage und mit dem Rücken zur Abteiltür gestanden haben musste.
    Unser Vorgehen, die Tat in

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