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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Petermann
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reine Spermaspur gehalten und nicht für eine Mischspur, in der sich auch Zellen aus der Scheide der Ermordeten befanden. Aus diesem Grunde hatten sie es versäumt, das Sperma aus der Mischspur zu extrahieren und isoliert zu analysieren. Die Verunsicherung war groß. Nun konnte nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Analyse nicht die DNA des Täters, sondern die des Opfers bestimmt worden war – oder gar die einer ganz anderen Person, die mit der Tat überhaupt nichts zu tun hatte. Denn das Opfer hatte den Rock ganz offensichtlich seit längerer Zeit nicht mehr gewaschen.
    Unglücklicherweise waren methodenbedingt durch die unterschiedlichen Untersuchungen inzwischen alle Spermaspuren verbraucht, und das von Wilhelmine Heuer bei der Obduktion gesicherte Leichenblut war bereits faul und vernichtet worden. Eine Wiederholung der Analyse war somit ausgeschlossen.
    Ich überlegte, was diese Informationen für die weiteren Ermittlungen bedeuteten: Fritz Henkel war trotz des negativen DNA-Ergebnisses für mich weiterhin Tatverdächtiger Nummer eins. Die Überprüfung der anderen Spuren war abgeschlossen. Alle möglichen Tatverdächtigen mit derselben Blutgruppenkombination waren überprüft und als Täter ausgeschlossen worden, da sie ein Alibi hatten oder die am Tatort gesicherten Fasern ihren Hosen nicht zugeordnet werden konnten. Nachdem ich mit allen beteiligten Wissenschaftlern noch einmal die Ergebnisse besprochen hatte, schrieb ich einen Abschlussbericht, in dem ich alles aufführte, was für Fritz Henkel als Täter sprach.
    Drei Wochen später wurde vom Amtsgericht Bremen gegen ihn Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Einen Tag später und zehn Monate nach der Tat verhafteten Kollegen und ich den Verdächtigen in seiner Wohnung. Auch dieses Mal bestritt Fritz Henkel energisch, Wilhelmine Heuer ermordet zu haben. Ich hatte erwartet, dass er total ausrasten würde, doch überraschenderweise blieb er vollkommen ruhig. Cremte sich seelenruhig seine Füße ein, steckte sich eine Zigarette an, sprach von einem Justizirrtum und forderte seine Frau auf, einen Rechtsanwalt und den lokalen Fernsehsender zu informieren. Dann verließ er mit uns die Wohnung.
    Fritz Henkel wurde in Untersuchungshaft genommen. Wenige Tage später bat er mich um ein Gespräch, er müsse eine wichtige Aussage machen. Doch ein Geständnis legte er auch dieses Mal nicht ab. Stattdessen erklärte er im Beisein seines Anwalts, sein Sohn habe ihm zwei Tage nach dem Mord seine Befürchtung mitgeteilt, Wilhelmine Heuer vielleicht im Delirium getötet zu haben. Er sei nach eigener Aussage noch spätabends bei ihr im Geschäft gewesen. Zur Untermauerung seiner Aussage erklärte er weiter, dass die Befürchtung seines Sohnes stimmen könne, da dieser am Tatabend völlig betrunken seine Verlobte »verkloppt« habe . Zudem wollte Fritz Henkel seinen Sohn am Tatabend kurz vor dreiundzwanzig Uhr dabei beobachtet haben, wie er aus der Richtung vom Geschäft kommend an seinem Küchenfenster vorbeigetorkelt sei mit einer Flasche Schnaps in der Hosentasche. Und zum krönenden Abschluss erzählte uns Fritz Henkel noch, dass auch sein Sohn regelmäßig Jeanshosen trage und sie von seiner Mutter waschen lasse, in derselben Waschmaschine, in der auch seine – also Fritz Henkels – Klamotten gewaschen werden würden. Also müssten die ihn belastenden Faseruntersuchungen auch für seinen Sohn gelten.
    Ohne es tatsächlich auszusprechen, bezichtigte ein Vater seinen Sohn des Mordes. Was trieb diesen Mann dazu, so weit zu gehen? War er wirklich unschuldig, wie er behauptete, und sah keinen anderen Ausweg mehr aus seinem Dilemma?
    Ich vernahm den Sohn, doch der stritt die Anschuldigungen seines Vaters konsequent ab. Er habe weder die Befürchtung geäußert, Wilhelmine Heuer im Delirium getötet haben zu können, noch sei er als später Kunde bei ihr im Laden gewesen. Vielmehr sei er am Tatabend sturzbetrunken gewesen und habe sich zwangsläufig früh ins Bett gelegt. Er erklärte zudem, dass seine Verlobte ihm ein Alibi geben könne.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als die Verlobte noch einmal zu vernehmen, auch wenn die Tat fast ein Jahr zurücklag und ich bereits wusste, dass auch sie am Tatabend betrunken gewesen war. Sie berichtete, dass sie sich trotzdem noch gut an den Abend erinnern könne, denn es sei einiges passiert: Ihr Verlobter habe sie an diesem Abend zweimal verprügelt und das Bügelbrett nach ihr geworfen, ein Mitzecher sei so »besoffen« gewesen,

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