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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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eine Warnung für ihn. Für den Fürsten. Nicht, dass sie einem von euch beiden noch viel nützen könnte, schaden auch nicht. Dir wird wohl gar nichts mehr nützen, und er, glaube ich, weiß es schon.«
    »Sprich. Ich bin der Fürst.«
    »Und ich bin dein Mörder. Nein, ich wäre es vielleicht geworden. Du kennst den Grafen von Tayn?«
    »Er ist mein Lehnsmann und mein Schwiegersohn. Hat er dich gesandt, mich zu töten?«
    »Ja. Und nein. Nämlich, er hat dich schon getötet. Glaubt er. Vor drei, nein, vier Tagen. Ein Jagdunfall, sagte er.«
    »Genug! Was versuchst du mir weiszumachen? Hältst du mich tatsächlich für einen Narren? Kein Narr würde das glauben. Wer hat dich zu mir in den Kerker gesteckt – der andere? Was sollst du aus mir herausholen, oder was sollst du mir einreden? Wozu? Ich verstehe selber nichts.«
    »Ja, kein Narr würde das glauben. Aber vielleicht einer, der, eben angekommen, sieht, dass er schon da ist? Den sie vor den Herrn der Burg führen, und der sich selber gegenübersteht – oder einem Usurpator, der ihm unglaublich ähnlich sieht? So war es doch? Glaub, was du willst. Ich kann nur sagen, was ich weiß oder was ich erfahren habe. Und erfahren habe ich, dass der Graf dich auf der Jagd erschossen haben will. Ein Unfall, sagt er, und er schien wirklich verzweifelt darob zu sein. Seine Seele würde er dafür geben, schwor er, es ungeschehen zu machen. Dann aber erfuhr er, dass der Fürst schon seit Tagen in seiner Burg ist, und da hätte er gern gewusst, wen sein Pfeil getroffen hat. Das sollte ich herausfinden.«
    »Und mich umbringen.«
    »Nein. Nur, wenn du nicht … ich meine, wenn der in der Burg nicht wirklich der Fürst ist, und nur, wenn er von dem Unfall weiß.«
    »Ich zumindest weiß nun davon. Also? Willst du dir die Mühe machen?«
    »Ich glaube, dass du der Fürst bist.«
    »Und ich glaube, dass ich tatsächlich mit Tayn auf der Jagd war. Ja, ich erinnere mich, er hat an mir vorbei auf den Bock geschossen. Weit an mir vorbei. An dem Bock übrigens auch. Wenn er jemals jemanden trifft, will ich gern glauben, dass es ein Unfall war. Er kann mich auch gar nicht ermorden wollen. Er ist klug, er kann sogar lesen, er kennt seltsame alte Geschichten und hat ein freundliches Wesen, er gäbe einen guten Gelehrten oder einen Priester ab, wenn er kein Graf wäre; aber er hat nicht das Zeug, mich zu beerben, er könnte niemals ein Heer in die Schlacht führen. Ich weiß, wem ich meine Tochter zu Frau gebe. Er kann mir nicht übelwollen, eben weil er klug ist. Ich habe ihn vorgestern mit den anderen zurückgelassen, als ich allein in die Burg ging. Oder nicht ganz allein, denn dich traf ich ja unterwegs. Haben sie dich gleich am Tor gegriffen?«
    »Nein. Ich meine nicht, dass mich jemand beachtet hat, trotz der Stiefel. Vielleicht haben sie nur auf dich gewartet? Man kann uns schwerlich verwechseln, ich bin ja größer. Bei der Torwache habe ich mich, wie mir der Graf geraten, als neuer Gehilfe des Baders ausgegeben, und sie ließen mich in der Vorburg auf ihn warten.«
    »Und der Kerl war wieder besoffen. Ich bin zu gutmütig, ich hätte ihn längst hängen lassen sollen. Dass der Graf dir den Rat mit dem Barbier gegeben hat, glaube ich gern; immer, wenn Tayn bei mir war, hat er sich beschwert. Wie bist du in die Burg gekommen?«
    »Zunächst gar nicht, ich bin in der Vorburg geblieben und habe mich umgehört. Ich will es dir gleich sagen, ich habe nichts erfahren, jedenfalls nichts Ungewöhnliches – der Fürst, sagten sie, sei schon seit ein paar Tagen wieder zugegen, und sonst sei alles wie immer. Aber ich war noch nicht lange hier, da haben sie im äußeren Burghof zwei aufgehängt, schön nahe an der Mauer, dass man es sah. Ich weiß nicht, ob das hier auch alle Tage üblich ist. Ist es das?«
    »Was weiß ich? Ich habe einen Vogt, ich habe einen Hauptmann, ich habe … Kerl, ich bin doch nicht irgendein Ritter, ich bin der Fürst!«
    »Gewiss, hochwohlgeborener Herr. Bitte untertänigst um Verzeihung. Bin schon still.«
    »Lass das, den Narren mache ich hier. Wen haben sie da gehängt?«
    »Ich weiß es nicht, die Leute in der Vorburg wussten’s auch nicht. Vielleicht doch den Bader? Denn der kam nicht, und ich bin dann in die Burg gegangen; das war nicht weiter schwer, die Wache hat mir sogar geraten, wo ich ihn suchen könnte. Aber der Galgenvogel, den sie als zweiten aufknüpften, schrie vorher noch, dass alle Menschen Narren wären oder so. Das hat mich neugierig gemacht,

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