Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)
hatten sich um sie geschart, und Swinburne tänzelte vor den Polizeibeamten und ihrem Gefangenen umher und brüllte aus Leibeskräften.
»Von wegen Tobias Threadneedle!«, schrie er. »Lügner! Schinder! Verräter! Hochstapler!«
»Was machst du hier unten, Algy?«, fragte Burton, als Lawless und er zu der Gruppe stießen. »Ich dachte, du wolltest schreiben.«
»Ich habe festgestellt, dass ich nicht schreiben konnte, Richard, also habe ich mich auf die Suche nach Inspiration gemacht. Gefunden habe ich stattdessen«, Swinburne hob die Stimme und zeigte mit dem Finger, »Vincent Sneed, wie er leibt und lebt, auch bekannt als der Zinken!«
Burton blickte auf den kleinen, drahtigen Kerl, der von den beiden Männern von Scotland Yard festgehalten wurde. Er war kaum größer als ein Kind und besaß ein unscheinbares, an ein Wiesel erinnerndes Gesicht, das von einer riesigen Nase beherrscht wurde. Ein zottiger, nikotinfleckiger Schnurrbart verbarg den scheinbar lippenlosen Mund. Das dünne schwarze Haar war lang, fettig und über den schmalen Schädel zurückgekämmt.Er hatte Pockennarben und sah verschlagen aus. Seine kleinen Knopfaugen, die dicht an den Seiten des gewaltigen Zinkens zu kleben schienen, huschten panisch hin und her.
»Bin ich gar nich’!«, protestierte er. »Ich heiß Threadneedle. Fragt doch ihn!« Er nickte in Richtung eines kleinen Jungen mit sandblondem Haar, der in der Nähe stand, sichtlich ein Gassenkind.
Kapitän Lawless ergriff das Wort. »Und wer bist du, mein Junge?«
»Willy Cornish, Sir«, antwortete der Knabe nervös.
Daniel Gooch trat vor. Seine mechanischen Arme wogten langsam links und rechts von ihm. »Sie sind die Schlotschrubber des Schiffes, Käpt’n.«
Willy Cornish nickte und deutete auf den Gefangenen. »Das stimmt, Sir. Und er ist, wer er zu sein behauptet – Tobias Threadneedle.«
Swinburne stimmte ein schreckliches Geheul an und hüpfte auf und ab wie ein Wahnsinniger. »Willy! Du weißt ganz genau, dass der Kerl Sneed ist!«
Cornish trat unbehaglich von einem Bein aufs andere und rang mit den Händen. »Nein, Karotte«, widersprach er und benutzte den Spitznamen, den er dem Dichter in der Zeit verpasst hatte, die sie zusammen damit verbracht hatten, Kamine zu kehren. »Ich weiß, dass er aussieht wie der alte Sneed, aber er ist Mr. Threadneedle, und er ist in Ordnung.«
»In Ordnung? Er ist ein Schurke! Ein Schinder! Eine falsche Schlange!«
»Nix davon bin ich!«, rief der Gefangene und versuchte, sich zu befreien.
»Holla, lass das sein!«, herrschte Trounce ihn an.
»Ich lege dir Handschellen an!«, drohte Honesty.
»Ich hab nix gemacht!«, protestierte der Gefangene.
»Du hast das Schiff sabotiert!«, beschuldigte Swinburne ihn schreiend.
»Hab ich gar nich’!«
»Hast du wohl!«
»Hab ich gar nich’!«
» RUHE !«, brüllte Lawless. »Sie«, zackig zeigte er mit einem Finger auf Swinburne, »beruhigen sich jetzt und erklären uns die Sache.«
»Die Erklärung lautet«, begann Swinburne, »dass dieser Hund sich vielleicht Tobias Threadneedle nennen mag, aber in Wirklichkeit und ohne jeden Zweifel ein gemeiner Schuft namens Vincent Sneed ist. Ich habe im vorvorigen Jahr Seite an Seite mit ihm gearbeitet, und er hat mich abscheulich behandelt. Ich kann mich nicht irren. Sehen Sie sich diese Nase an! Was meinen Sie wohl, wie viele Menschen mit einem derart gewaltigen Zinken herumlaufen?«
»He!«, begehrte der Gefangene auf.
»Aber du sagst, dass sich Mr. Swinburne sehr wohl irrt, oder?«, wollte Lawless von Cornish wissen.
»J-ja, Sir«, stammelte der Junge. »Ich k-kenne Mr. Sneed, und das ist er nicht.«
Swinburne stöhnte und schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Warum, Willy? Warum deckst du diesen Lumpen?«
»Hör auf, mich dauernd zu beschimpfen, du verflixte Ratte!«, rief der Beschuldigte.
»Algy«, ergriff Burton das Wort. »Selbst wenn das Mr. Sneed ist …«
»Ist er!«
»Wieso glaubst du, dass er das Schiff sabotiert hat?«
»Weil er ein Verbrecher ist!«
»Also beruht deine Anschuldigung auf Mutmaßungen statt auf Beweisen?«
Swinburne seufzte und murmelte: »Ja, Richard. Aber ist es denn nicht Beweis genug, dass er uns belügt?«
Burton wandte sich an Kapitän Lawless. »Steht irgendwo ein sicherer Raum zur Verfügung? Ich möchte diesen Mann unter Bewachung lassen, während wir dieser Sache auf den Grund gehen.«
»Benutzen Sie die erste der Passagierkabinen zweiter Klasse.« Lawless zeigte in Richtung des
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