Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
riesigen schwarzen Diamanten zu, der auf einem Sockel aus Gold ruht.
    Eines der drei Nāga-Augen.
    Kaundinya verneigt sich abermals.
    K’k’thyima sagt: »Deine Gemahlin darf an deine Seite treten.«
    Der Mann dreht sich um, schaut seine Gefährtin an. »Kommund sprich für mich, auf dass alle von meiner Wesensart erfahren«, fordert er sie auf und befolgt damit das Ritual.
    Sie bewegt sich zu ihm. Wie alle Individuen ihrer Rasse ist sie nur ungefähr halb so groß wie er. Ihre Haut ist ein Mosaik aus ledrigen schwarzen, gelben und grünen Schuppen. Ihre Gliedmaßen sind kurz und stämmig. Der Anblick ihres Kopfes ist für den Menschen verwirrend und erschreckend: Manchmal scheint er einer von sieben Köpfen zu sein, dann wieder einer von fünf, hin und wieder nur ein einziger. Sie trägt verschwenderischen Schmuck und einen Kettenkittel.
    »Gemahl«, sagt sie nun, »ich bin bereit zu sprechen.«
    Der Hohepriester, der ebenfalls mehrere Köpfe zu besitzen scheint, befiehlt, einen menschlichen Gefangenen herbeizuschaffen. Als der Mann zum Sockel geleitet wird, wendet K’k’thyima sich an Kaundinya.
    »Du kamst als Gesandter, oh Kaundinya. Du kamst, um Frieden zwischen der Rasse der Weichhäutigen und der Rasse der Nāga zu stiften. Du hast als einer von uns unter uns gelebt, und du bist Kuma K’sss’amaya ein Ehemann.«
    Er wendet sich der Reptilienfrau zu.
    »Bist du, meine liebe Kuma, mit dem Gebaren deines Gemahls zufrieden?«
    »Das bin ich«, antwortet sie. »Das Eingreifen unserer Weisen hat verbunden, was unsere Arten trennt, und der Mensch hat mir ein Kind geschenkt. Er ist ein pflichtbewusster Vater. Er respektiert unsere Sitten und Gebräuche. Er hat viel gelernt und urteilt nicht. Er bringt Frieden.«
    Die Versammelten geben ein anerkennendes Zischen von sich.
    Kaundinya beobachtet den Hohepriester. Ein einziger Kopf zeichnet sich scharf umrissen ab. Die gelben Augen funkeln, und die Membranen gleiten seitwärts   – ein Zeichen von Zufriedenheit. Der Kopf verschwimmt. Nun sind es sieben Köpfe. Dann fünf. Dann einer. Dann wieder sieben.
    »Erweist den Vereinten Ehre«, befiehlt K’k’thyima.
    Eine Klinge schlitzt dem Gefangenen den Hals auf, und sein Blut spritzt über die unregelmäßigen Facetten des großen Edelsteins. Das Opfer zuckt krampfhaft und stirbt. Der Leichnam wird aus der Kammer geschleift.
    »Ein Opfer ist immer notwendig, oh Kaundinya, aber das Wesen dessen, der sein Leben gab, wird im Auge fortbestehen.«
    Der Priester vollführt eine Reihe ritueller Gesten, die beinahe wie ein Tanz anmuten, und spricht melodisch: »Die Menge ist eins. Einzelne Gedanken sind ein Gedanke. Einzelne Absichten sind eine Absicht. Die Worte von einem sind die Worte aller. Die Tage, die da waren, und die Tage, die da kommen werden, sind ewig jetzt.«
    Er tritt vor den Stein hin, beugt sich darüber und leckt mit seiner langen, gegabelten Zunge Blut von der Oberfläche. Dann taucht er die Zunge in eine Schale, die schwarzen Diamantenstaub enthält.
    Er lässt die Zunge aus dem Mund hängen, kehrt zu Kaundinya zurück, der sich verneigt, und fährt damit behutsam über die rasierte Kopfhaut des Menschen. Eine schnörkelige, glitzernde Hieroglyphe bleibt zurück.
    K’k’thyima tritt zurück. Kaundinya richtet sich auf.
    Der Hohepriester sagt: »Du bist zur Großen Verschmelzung eingeladen, oh Gesandter. Nimmst du die Vereinigung an?«
    »Ich nehme sie an.«
    Die Menge lässt ein pulsierendes Säuseln hören, einen sich wiederholenden Refrain. Alle versammelten Priester richten ihren Nackenkamm auf und lassen ihn erbeben, ein Schauspiel voll schillernder Farbenpracht.
    Von irgendwo erklingt ein rhythmisches Pochen, und eine Melodie von herzzerreißender Schönheit erfüllt den Tempel. Die Refrains sind komplex und setzen sich aus Tönen zusammen, die kein menschliches Instrument je hervorgebracht hat. Es sind Laute, die Menschen nicht annähernd begreifen können.
    Kaundinya versucht, K’k’thyimas Blick zu begegnen, doch er kann sich auf keinen einzelnen Kopf konzentrieren. Er spürt die Musik, fühlt, wie die hypnotische Macht des Echsenwesens sein Bewusstsein bis auf einen winzigen, versteckten Teil überwältigt, und lässt es zu.
    Er schaut zu dem schwarzen Diamanten. Er spürt, wie er in dessen Tiefen gezogen wird, wie der Kern seines Ich aufbricht, wie es über die Ebenen und Kanten, Punkte und Winkel des großen Steins verteilt wird.
    Kaundinya verharrt, als Abertausende andere Geister den

Weitere Kostenlose Bücher