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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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wenn er dicht vor dem Haus der Verdurins angekommen war, fühlte er sich im Anblick der vom Schein der Lampen erhellten großen Fenster, deren Läden niemals geschlossen wurden, bei dem Gedanken bewegt, daß er das bezaubernde Wesen in ihrem goldenen Schein in vollem Glanze vor sich sehen werde.Manchmal huschten schmal und schwarz die Schatten der Gäste vor dem schimmernden Licht vorbei wie die kleinen Gravüren, die man auf einzelnen Flächen eines sonst durchsichtigen Lampenschirms anbringt. Er versuchte, die Silhouette Odettes herauszuerkennen. Wenn er dann eintrat, blitzten unbewußt seine Augen in solcher Freude auf, daß Monsieur Verdurin zu dem Maler bemerkte: »Ich glaube, das hat gezündet.« Die Anwesenheit Odettes aber verlieh tatsächlich diesem Hause etwas für Swann, was keines von allen jenen ihm bot, in denen er verkehrte: eine Art von Empfindungsapparat, ein sensitives Nervensystem, das durch alle Räume lief und seinem Herzen unaufhörlich neue Reize verschaffte.
    So führte bereits das bloße Funktionieren des gesellschaftlichen Organismus, den der kleine »Clan« darstellte, automatisch für Swann täglich Begegnungen mit Odette herauf und gestattete ihm, Gleichgültigkeit der Frage gegenüber zu heucheln, ob er sie sehen würde, oder sogar ein gewisses Verlangen, sie lieber nicht zu sehen, das alles ohne jedes Risiko, da er ja, was er ihr auch im Laufe des Tages geschrieben haben mochte, sicher sein konnte, er werde sie zwangsläufig am Abend sehen und nach Hause begleiten.
    Einmal aber, als er mißvergnügt an diese unvermeidliche gemeinsame Heimkehr gedacht und daher seine junge Arbeiterin bis zum Bois geführt hatte, um den Augenblick seines Erscheinens bei den Verdurins etwas hinauszuschieben, kam er dort so spät an, daß Odette in dem Glauben, er komme nun nicht mehr, bereits aufgebrochen war. Als Swann sah, daß sie nicht mehr im Salon war, ging ihm ein Stich durchs Herz; er zitterte beim Gedanken, um ein Vergnügen gebracht zu werden, dessen Umfang er zum erstenmal richtig ermaß, da er bislang immer die Gewißheit gehabt hatte, es wann erwollte finden zu können – ein Zustand, der bei allen Vergnügungen verhindert, daß wir sie in ihrer wahren Bedeutung erkennen.
    »Hast du gesehen, was für ein Gesicht er gemacht hat, als er merkte, sie ist nicht mehr da?« sagte Verdurin zu seiner Frau. »Ich glaube, den hat es gepackt!«
    »Wer hat ein Gesicht gemacht?« wollte Doktor Cottard unbedingt von ihm wissen; er war auf einen Sprung zu einem Patienten gegangen, kam nun zurück, um seine Frau abzuholen, und wußte nicht, von wem die Rede war.
    »Wie, haben Sie nicht an der Tür einen Swann getroffen, wie ihn noch keiner gesehen hat …«
    »Nein. War Monsieur Swann denn da?«
    »Nur auf einen Augenblick, sehr aufgeregt, sehr nervös. Sie verstehen: Odette war fort.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß sie ihm ihre Gunst gewährt, daß er sein Schäferstündchen mit ihr bereits genossen hat?« fragte der Doktor in dem Bemühen, vorsichtig ein paar Redensarten zu erproben.
    »Unsinn, es ist gar nichts zwischen ihnen passiert, und unter uns gesagt, finde ich, daß sie da einen Fehler macht und sich so richtig als die dumme Gans aufführt, die sie im Grunde ist.«
    »Nun, nun, nun«, meinte Monsieur Verdurin, »was weißt denn du, ob wirklich gar nichts dahinter ist. Schließlich sind wir ja nicht dabei gewesen, nicht wahr?«
    »Aber mir hätte sie es gesagt«, hielt Madame Verdurin ihm voller Stolz entgegen. »Mir erzählt sie alles! Und weil sie im Augenblick niemanden hat, habe ich ihr geraten, mit ihm zu schlafen. Sie behauptet, sie könne nicht, sie habe zwar ein großes Faible für ihn, aber er sei so schüchtern mit ihr, da werde sie es auch, und dann liebe sie ihn auch nicht auf die Art, er sei eher so etwas wie ein höheresWesen für sie; sie würde meinen, ihrem Gefühl für ihn seinen jungfräulichen Reiz zu nehmen, und was weiß ich noch. Dabei wäre das genau, was sie braucht.«
    »Du erlaubst, daß ich da nicht ganz deiner Meinung bin«, sagte Monsieur Verdurin, »mir gefällt dieser Herr nicht so recht, ich habe das Gefühl, er ist ein Poseur.«
    Madame Verdurin erstarrte und nahm die ausdruckslose Miene einer Bildsäule an, was ihr gestattete, so zu tun, als habe sie das unerträgliche Wort »Poseur« nicht gehört, schien es doch zu implizieren, man könne bei ihnen »posieren«, sich also für »mehr als sie« halten.
    »Jedenfalls, wenn zwischen ihnen nichts ist, dann

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