Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)
ging die piemontesische Regierung erneut in die Offensive, hob den Waffenstillstand auf und schickte ihre Armee in den Kampf gegen die Österreicher. Der Feldzug war kurz und katastrophal: Der Oberbefehlshaber erhielt den Angriffsbefehl der Regierung nicht, und seine Armee wurde von Radetzky vernichtend geschlagen. Am Tag der Niederlage dankte der König ab und trat eine traurige Reise ins portugiesische Exil an, wo er noch im selben Jahr starb. Die Piemontesen waren zwar wieder die Aggressoren gewesen, dennoch zeigte sich Österreich mit seinem Waffenstillstand erneut großzügig und forderte kaum etwas außer moderaten Kriegsentschädigungen. Zur gleichen Zeit eroberte seine Streitmacht Brescia, das Piemont hatte beistehen wollen, und kurz darauf holte Österreich den Großherzog in die Toskana zurück. Dieses Ergebnis empfanden die Piemontesen nach zwei peinlich stümperhaft geführten Feldzügen naturgemäß als demütigend. Besonders bitter war für die Monarchie in Turin die Erkenntnis, dass ihre Armee zweimal von einem 80-jährigen Feldmarschall geschlagenworden war, während sich die republikanischen Revolutionäre in Venedig und Rom immer noch tapfer hielten.
Der Führer der Venezianer, Daniele Manin, war nicht der romantische Held, als den ihn die Propaganda des Risorgimento so gern pries. Der Jurist war klein, Brillenträger, vernunftbetont und pragmatisch, also nicht der Prototyp eines schneidigen Revolutionsführers. Auch fanden seine Prioritäten bei späteren Ideologen kaum Anklang. Venedig hatte für ihn Vorrang vor Italien, und die Wiederherstellung der Republik war in seinen Augen für die Venezianer vorteilhafter als die Vereinigung mit Piemont und anderen Teilen Italiens. Im Gefühl, um etwas Handfestes zu kämpfen – um ein Land und nicht um abstrakte Ideen –, gewährten die Venezianer Manin ihre Unterstützung: angefangen mit dem Aufstand im Arsenal im März 1848 über die Ausrufung der Republik und deren militärische Verteidigung bis zu den letzten zermürbenden Wochen einer erbarmungslosen Belagerung. Dezimiert durch die Cholera, unter Beschuss durch die Österreicher und im Stich gelassen von den Piemontesen, leisteten sie bis August 1849 Widerstand. Wir alle können froh sein, dass sie ihrem Schwur, bis zur letzten Scheibe Polenta durchzuhalten – und die völlige Zerstörung ihrer Stadt hinzunehmen –, nicht treu blieben.
In der nationalistischen Legendenbildung wurden die Venezianer sträflich vernachlässigt, weil sie zwar dem Habsburgerreich heroisch Widerstand leisteten, aber weder damals noch später viel Verlangen zeigten, sich dem restlichen Italien anzuschließen. Überdies lieferten Mazzini und Garibaldi, die in Rom für eine künftige Nation fochten, erhebenderen Propagandastoff als Manins Bemühen um die Wiederbelebung einer längst untergegangenen Republik.
Im Februar 1849 – der geflohene Papst wollte immer noch nicht zurückkehren – rief eine verfassunggebende Versammlung in Rom die Republik aus und lud Mazzini nach 17-jährigem Exil ein, in der Regierung mitzuarbeiten, sie praktisch zu führen. In den nur drei Monaten seines Lebens, in denen er politische Macht ausübte, erwies sich dieser viel verleumdete Revolutionär als weiser, toleranter Staatsmann. Er schaffte die kirchliche Zensur ab, ohne die Religion anzugreifen, er hob die Todesstrafe auf und duldete keine politische Repression. Mazzini, der stets für Rom als Hauptstadt eines geeinten Italien eingetreten war, hatte für kurze Zeit die Chance zu zeigen, wie es regiert werden könnte.
Die Römische Republik wurde auch von einem anderen ehemaligen Exilanten unterstützt, Giuseppe Garibaldi, der 13 Jahre lang als Seemann und Soldat in Südamerika gewesen war. Im Revolutionsfrühling 1848 kehrte er nach Europa zurück und führte an den Ausläufern der Alpen einen Trupp Freiwilliger gegen dieÖsterreicher, verdiente sich dabei aber keine Lorbeeren. Überrascht, dass die Einheimischen sich seinem Freiwilligenkorps nicht anschließen wollten, wurde er vom Feind ausmanövriert und musste in die Schweiz fliehen. Im Jahr darauf ging er nach Rom, wo die Republik auf Bitte des Papstes von französischen, österreichischen und neapolitanischen Truppen belagert wurde. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit gelang es Garibaldi, ein bourbonisches Heer aus Neapel und eine allzu selbstbewusste französische Streitmacht zu schlagen, aber beim Kampf auf dem Gianicolo versagte seine Taktik der wiederholten Frontalangriffe, und
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