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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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auftreiben können?’
    ‘Harry hat immer ein paar Fünfziger in der Kasse, die könnte ich besorgen,’ meint Rosa.
    Ich denke darüber nach, wie ich zum Paulchen-Rettungsfond beitragen kann. Ich habe kein Auto, dass ich verkaufen könnte, nur ein altes Laptop, für das ich mit Mühe fünfzig Euro bekäme. Keinen Fernseher, Möbel aus zweiter Hand, und der wenige Schmuck, den ich besitze ist billig und aus angelaufenem Silber. Mein Konto ist überzogen, der Überziehungskredit bereits voll ausgeschöpft. Dies bedeutet, dass jeden Monat ein nicht geringer Prozentsatz meines kargen Lohnes für Zinszahlungen direkt an die Bank geht. Da meine Einkünfte kaum ausreichen das Minimum, das ich zum Leben brauche (Miete, Lebensmittel) zu decken, ist es unwahrscheinlich, dass ich meinen Schuldenberg jemals abbauen werde. Statt meine Schulden zurückzuzahlen geht jetzt alles, was ich nicht zum Überleben brauche für Zinszahlungen meiner Schulden bei der Bank drauf. Wie auch immer ich es drehe und wende, meine Chancen an Bargeld zu kommen, sei es in den nächsten zwanzig Stunden, oder in den nächsten zwanzig Jahren, sind gleich null.
    ‘Ich könnte meinen Ex-Freund Holger fragen, ob er mir Geld leiht,’ sage ich mit wenig Überzeugung.
    Britta fragt, ‘Hat Heiko nicht vielleicht irgendwo Bargeld rumliegen? Der arbeitet doch immerhin auf der Bank.’
    ‘Was er an Cash zu Hause hatte, haben die glaube ich mitgenommen,’ sagt Rosa.
    Sie guckt aus dem Fenster, dann wieder zurück zu uns. ‘Hat Heiko nicht gesagt, dass er an den Haupttresor der Bank rankommen kann?’
     
    Es ist 10:00 Uhr als mein Telefon klingelt. Im Gegensatz zu vielen meiner Zeitgenossen habe ich noch einen Festnetzanschluss. Ein Handy besitze ich zwar auch, doch ist es bereits fünf Jahre alt, ich bin die dritte Besitzerin und es hat zur Zeit keinen Kredit. So gegen vier Uhr heute morgen als selbst der schwärzeste Kaffee unsere Augenlider nicht mehr aufhalten konnte, haben Rosa, Britta und ich uns vertagt, und ich bin durch den Nebel nach Hause gewankt, in meinem grünem Minikleid auf mein Bett gefallen und voll bekleidet eingeschlafen. Mein Telefon klingelt mich also aus einem viel zu kurzen Schlaf. Jetzt dröhnt mein Kopf, mein Mund ist trocken und ich fühle mich irgendwie ausgetrocknet, tatsächlich wie metaphorisch.
    ‘Lagebesprechung um 11:00 Uhr, wieder bei mir,’ höre ich Brittas Stimme, ‘Bist du ok?’
    ‘Nee, nicht wirklich,’ antworte ich, während ich eine Stange Sellerie aus dem Kühlschrank hole und abbeiße, ‘wie geht’s Heiko?’
    ‘Schläft noch.’
    ‘Ich seh’ euch dann um 11:00,’ sage ich, lege auf, pelle mich aus dem Kleid und stelle mich unter die Dusche.
    Da ich aufgrund meiner prekären finanziellen Situation sparsam mit Strom und Heißwasser umgehen muss, leiste ich mir nicht besonders oft eine heiße Dusche. Kaltduschen soll eh gesünder sein. Heute morgen aber ist die Aussicht kalt zu duschen zu viel, ja ich nehme mir vor die Dusche nicht nur warm zu machen, sondern richtig heiß, und wenn das bedeutet, dass ich für den Rest der Woche Staudensellerie essen muss. Das erste Wasser, das heraus kommt ist natürlich kalt, und ich tröste mich mit dem Gedanken, in wenigen Augenblicken unter einem dampfend heißen Wasserstrahl zu stehen. Wie so oft im Leben kommt es anders. Die Dusche bleibt nicht nur kalt, sondern wird mit zunehmender Zeit noch kälter. Schließlich gebe ich die Hoffnung auf warmes Wasser auf, wasche mich notdürftig, bemüht, mich dabei nicht zu nass zu machen und ziehe mich an. Was hat das zu bedeuten? Ich erinnere mich an all die ungeöffneten Briefe, die auf der Kommode im Flur liegen – war da vielleicht auch einer vom Elektrizitätswerk dabei? Ich krame in dem Chaos, finde wonach ich suche, öffne den Brief und muss feststellen, dass mir die feinen Damen und Herren unseres kürzlich privatisierten Energieanbieters wegen Nichtzahlung der letzten Rechnung den Strom abgestellt haben. Meine Wohnung ist kalt, das Wasser ist kalt und da ich keine müde Mark habe, um meine Elektrizitätsrechnung zu bezahlen, wird das in der absehbaren Zukunft wohl auch so bleiben. Ich setze mich auf mein Bett und merke wie die Wut in mir hochsteigt. Vielleicht ist es doch noch nicht zu spät, sich Hilde, Dieter und dem Herrn Hubert in ihrem zivilen Ungehorsam anzuschließen. Zumindest dürfte es in der Post wärmer sein als bei mir.

Heiko wird kriminell
     
    Als ich bei Britta ankomme sitzen sie und Rosa schon vor

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