auf der verbotenen Insel
backt sie nicht noch einen Kuchen für morgen. Kuchenbacken ist ja ihre Lieblingsbeschäftigung. Dann können wir überhaupt nicht weg.« Richard sah sich zu den anderen um. »Oder sollen wir uns einfach an der Küche vorbeischleichen?«
Georg schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Das ist viel zu gefährlich. Stell dir nur vor, wenn Ellie Black in dem Augenblick gerade aus der Tür kommt!«
Richard beugte sich wieder aus dem Fenster. »Die Arbeiter sind auch noch draußen«, sagte er. »Sie unterhalten sich im Obstgarten.«
»Oh!« seufzte Anne verzweifelt. »Ich glaube, wir werden nie mehr losfahren können!«
»Habt ihr den Eimer?« fragte Julius.
Richard nickte. Er zeigte in die Ecke. »Dahinten steht alles. Unter der Decke, damit es niemand sieht.«
Richard hat sogar Proviant besorgt. »Das mußt du dir einmal ansehen. Es würde für eine ganze Schulklasse reichen.«
»Proviant?« fragte Julius erstaunt. »Wofür denn das? Bist du immer noch nicht satt, Richard? Dein Bauch ist doch schon wie eine Kugel.«
Richard wurde rot. »Jetzt lacht ihr über mich, aber nachher, wenn wir auf dem Meer sind, stürzt ihr euch alle gleich auf unsere Vorräte. Ich kenne das doch.«
Georg nickte ernst. »Richard hat ganz recht. Wir wissen ja nicht, wie lange es dauern kann. Wer weiß«, sie blickte ins Leere, »vielleicht kommen wir gar nicht so schnell von der Insel wieder herunter.«
Anne sprang auf. »Wie meinst du das, Georg?«
Georg zuckte mit den Achseln. »Ich denke nur, daß es ein sehr gefährliches Abenteuer ist, auf eine Insel zu fahren, auf der eine berüchtigte Verbrecherbande lebt. Wenn sie uns erwischen, dann …«
Anne wurde bleich. »Ich … ich fahre nicht mit«, stotterte sie. »Georg hat recht. Ich habe Angst. Ich möchte nicht wie das kleine französische Mädchen … ,«
»Denise heißt sie«, unterbrach Georg sie ungerührt.
»… ja, Denise – ich möchte nicht wie sie in einem Kerker sitzen, von bösen Männern bewacht.«
Richard lachte. In einem Kerker! Wie kommst du denn darauf! Warum soll sie ausgerechnet in einem Kerker leben! Das ist doch lächerlich! Vielleicht haben sie ja mitten auf der Insel ein Zelt aufgeschlagen. Oder sie leben in einer Felshöhle. Oder vielleicht gibt es noch ein paar Zimmer in dem alten Kloster, die nicht kaputt sind.«
»Ich bin nur gespannt«, sagte Julius, »Ob wir sie überhaupt finden.«
Anne zitterte noch immer. »Sollten wir nicht lieber Ellie Black Bescheid sagen? Ich meine, wenn wir jetzt nicht zurückkommen, dann weiß doch niemand, wo wir sind. Dann suchen sie uns überall, aber sie finden uns nicht, genau wie die kleine Denise … «
Georg wischte Annes Bedenken mit einer lässigen Handbewegung fort.
»Wir haben beschlossen, daß wir dieses Abenteuer ganz alleine durchstehen wollen, und dabei soll es auch bleiben. Ich bin nicht dafür, irgend jemanden zu benachrichtigen. Dann holen die sofort die Polizei, und für uns ist die Geschichte zu Ende.«
»Aufgepaßt!« rief Richard plötzlich aufgeregt. »In der Küche ist eben das Licht ausgegangen.«
Die Kinder sprangen von den Betten und stürzten zum Fenster.
»Jetzt geht das Licht oben an, in Ellie Blacks Zimmer!« berichtete Richard. »Ich bin sicher, daß sie ins Bett geht.«
»Und die Arbeiter?« fragte Georg. »Die noch draußen waren?«
»Die sind auch ins Haus gegangen, es ist ja schon so dunkel, daß man kaum noch etwas sehen kann.«
Die Kinder sahen sich an.
»Also dann«, flüsterte Georg mit erstickter Stimme, »das Abenteuer beginnt.«
Die vier Kinder schlichen mit Tim aus ihrem Häuschen. Georg hatte Tim an der Leine, damit er nicht womöglich ihren Plan noch in der letzten Sekunde durchkreuzte.
Julius trug den Eimer, in dem Richard den Reiseproviant verstaut hatte. Anne hielt die einzige Taschenlampe, die sie besaßen.
»Hast du dein Taschenmesser, Georg?« wisperte Richard.
Georg nickte. Sie zeigte auf die Hosentasche. »Natürlich. Dachtest du, ich gehe ohne mein Messer weg?«
Sie schlichen an dem Haupthaus vorbei, dann an den Hühnerställen, und liefen quer über die Wiese zu den Klippen.
Anne keuchte. »Nicht so schnell!« rief sie. »Meine Beine tun mir weh.«
Die anderen verlangsamten ihre Schritte. Mitfühlend sah Julius seine kleine Schwester an. »Es stimmt. Wir nehmen überhaupt keine Rücksicht auf dich. Ist das Bein denn immer noch dick von dem Wespenstich ?« Anne nickte. »Ich verstehe auch nicht, wieso es plötzlich wieder weh tut. Den ganzen Tag habe
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