Auf die Freundschaft!
school.“
„Die Ausstattung unserer Klassenräume könnte in der Tat gehobener sein“, stimmte Lutz zu. Ich flüchtete aus dem Wohnzimmer und brachte den Auflauf in den Ofen. Diese Konversation war ja nicht zum Aushalten. Ich wollte, dass sich die beiden persönlich kennenlernen, nicht dass sie sich über das Schulmobiliar unterhielten.
Meine Versuche scheiterten. Nichts, was ich von Lutz berichtete, fand Mike interessant, und auch umgekehrt konnte Lutz nicht einmal vorgetäuschtes Interesse an Mikes Vorlieben zeigen. Immerhin unterhielten sich die beiden eine geschlagene halbe Stunde über den Sportunterricht und Lutz berichtete von seinen Erfolgen als Langstreckenläufer, bei denen er für seine Schule gestartet war.
„Das solltest du auch mal probieren, Mike. Du siehst sehr sportlich aus, bestimmt bist du ein guter Läufer. Nächstes Jahr findet wieder ein Stadtlauf statt, mach da doch mit.“
„Mal sehen.“
„Mike, Schatz“, warf ich nun ein und bemühte mich um meinen lieblichsten Tonfall, „das ist doch eine tolle Idee! Bestimmt kann Lutz dir ein paar Tipps geben.“
Es half nichts – unsere Unterhaltung kam nicht voran. Nachdem jeder von uns eine Portion Auflauf gegessen hatte, bat Mike darum, aufstehen zu dürfen. Ich erlaubte es ihm und er ging in sein Zimmer.
„Netter Junge“, bemerkte Lutz und ich lächelte.
„Ihr seid nicht wirklich warm geworden.“
„Er ist in der Pubertät und ich klaue ihm seine Mutter, was denkst du denn?“
So hatte ich das bisher noch gar nicht gesehen.
„Lutz, es wäre toll, wenn er dich beim Vornamen nennen dürfte. Wirklich, diese ganze Dr.-Wantisek-Geschichte schafft unheimlich Distanz.“
Lutz seufzte.
„Tut mir leid, Claudia, aber das geht nicht. Stell dir nur mal vor, er nennt mich in der Schule Lutz. Du glaubst ja gar nicht, was das für Ärger geben kann, wenn das mit uns rauskommt. Bitte, lassen wir alles so, wie es jetzt ist.“
Seine Einstellung machte mich sehr traurig, aber wir trafen uns ja erst seit gut zwei Wochen und ich wollte keinen Druck ausüben. Über kurz oder lang würden sich die beiden sicher besser kennenlernen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass aus Lutz und mir ein festes Paar werden konnte.
Kapitel 4
Der Dezember brach herein und mit ihm eine nasse Kälte, die durch meinen ganzen Körper zu kriechen schien. Neidisch dachte ich an die schneebedeckten Hügel meiner alten Heimat, die mit Lichterketten und Kitsch überladenen Häuser, wenn Weihnachten nahte und vor allem an unseren Kamin, der mit seinem wohlig prasselnden Feuer unser Haus erwärmt hatte. Der Gedanke an Ken wollte sich in meinem Kopf ausbreiten, aber ich rang ihn nieder. Stattdessen stellte ich mir Lutz und mich auf einer Chaiselongue vor dem Kamin vor. Ich lächelte. Unsere Beziehung – jedenfalls bezeichnete ich es so - hatte sich nach außen hin nicht verändert: wir trafen uns noch immer inkognito und niemand, außer den Mädels und Mike, wusste von uns. Auf der Arbeit gingen wir betont distanziert miteinander um, aber sobald wir hinter geschlossenen Türen waren, führten wir eine sehr schöne Beziehung, die harmonisch und intellektuell ansprechend war.
Mike schien sich seit zwei oder drei Wochen nicht mehr dafür zu interessieren, ob ich mit Lutz offiziell zusammen war oder nicht.
„Du bist ganz schön abwesend“, meinte ich zu ihm, als wir in der Oldenburger Innenstadt nach neuen Hosen für ihn guckten. Mike probierte gerade eine Jeans an und war durch einen Vorhang von mir getrennt.
„Kann sein“, antwortete er.
Er machte eine Pause.
„Du, Mom?“
„Hm?“
„Woher weiß man, ob ein Mädchen einen mag?“
Aha! Ich wusste doch, dass Mike etwas bewegte. Ich hatte gedacht, er sei traurig, seinen Vater dieses Jahr an Weihnachten nicht sehen zu können, aber offensichtlich war er mit seinen Gedanken ganz woanders. Meine Neugierde brannte in mir, aber ich wollte Mike nicht überrennen. Wenn er sich mir öffnen wollte, dann sollte ich ihm einfach zuhören, so ein Tipp von Karin.
„Tja, das kommt auf das Mädchen an. Wenn sie sich mit dir verabredet, schätze ich“, sagte ich. „Eigentlich merkst du das an ihrer Reaktion. Wenn sie über deine Witze lacht, wenn sie dir zuhört, wenn sie dich wie zufällig berührt…“
„Okay. Die Hose passt übrigens nicht.“
Mike streckte eine der Jeans aus der Kabine heraus. Ich nahm sie an mich und versuchte, sie möglichst ordentlich wieder auf den Bügel zu hängen. Wir sagten eine
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