Auf die Freundschaft!
Zeit lang nichts.
„Mom?“
„Ja?“
„Am Wochenende hab ich jemanden eingeladen. Sie kommt Samstag erst zu uns und hilft mir bei einer Hausaufgabe und dann wollen wir ins Kino.“
Ich freute mich ehrlich. Mike hatte sich zwar ganz gut eingelebt in den letzten drei Monaten, aber wenn er sich hier verliebte, wäre mir das sehr recht. Ich hatte immer noch ein wenig Angst, dass Mike eines Tages wieder in die USA ziehen wollte.
Einen Tag vor Heiligabend trafen wir Mädels uns bei Karin zum Plätzchen backen. Für Hannah und mich war es eher eine Pflichtveranstaltung, denn wir konnten beide nicht besonders geschickt in der Küche hantieren.
„Ich weiß, wo ich hingehen muss, um lecker zu essen“, pflegte Hannah stets zu sagen. Ich hingegen ärgerte mich, nicht gut backen zu können. Oder kochen. Ich hasste es, dass sich meine Fähigkeiten auf „Tüte aufreißen und Mikrowelle einschalten“ beschränkten.
Im Haus war der Lärmpegel aushaltbar. Die Älteste, Stefanie, war bei ihrem Freund, Melanie saß mit uns in der Küche und Daniel und Jonathan waren bei ihren Freunden. Der vierjährige Finn half beim Backen so gut er konnte. Das heißt, er veranstaltete ein ziemliches Chaos. Im Hintergrund liefen Weihnachtslieder.
„Ihr kommt doch morgen alle, oder?“, fragte Karin. Das Haus war ihr wohl nie voll genug.
„An Weihnachten?“ Ich riss meine Augen auf, so weit ich konnte. „Ihr habt doch schon so viele Leute im Haus.“
„Ihr sollt ja gar keine große Bescherung machen“, warf Karin ein, „aber an Weihnachten will ich alle meine Freunde um mich haben.“
„So, so, und warum war ich nie dabei?“, fragte ich mit gespielter Empörung. Karin lachte.
„Selbst schuld, du Auswanderer. Maria und Hannah hatten letztes Jahr auf jeden Fall viel Spaß.“
„Geht so“, sagte Hannah absichtlich gelangweilt und Karin zog ihr am Pferdeschwanz. Hannah grinste schelmisch.
„Benimm dich, Fräulein, sonst hast du bald gar keine Freunde mehr“, mahnte Karin.
„So wie du?“, feixte Hannah. Karin streckte ihr die Zunge raus.
„Ich habe viele Bekannte und habe mich früher regelmäßig mit anderen Müttern getroffen“, antwortete sie dann.
„Christian und ich haben uns früher auch oft mit anderen Pärchen getroffen. Aber seit die alle ständig schwanger sind, hab ich dazu ehrlich gesagt keinen Nerv mehr. Dann lieber ihr drei verrückten Hühner.“ Maria grinste.
„Ihr kommt also.“ Es war eine Feststellung, keine Einladung.
Ich zögerte noch. Maria hatte bereits zugesagt und würde ihren Mann Christian und Hund Benny mitbringen. Hannah hatte bisher auch nur einen Tag mit einer Flasche Wein und einem Stapel Arbeit als Alternative. Ich hingegen hatte mir eigentlich schon ausgemalt, dass ich den Tag mit Mike verbringen wollte. Ich legte das Handtuch, das ich gerade in den Händen hielt, auf die Theke und griff zu dem dritten Glas Wein an diesem Nachmittag. Glücklicherweise lag Karins Haus nicht weit von meiner Wohnung entfernt, sollte ich den Heimweg entlang kriechen müssen. Es war Mikes erstes Weihnachten ohne Vater. Ich hatte einen Baum gekauft, die Wohnung weihnachtlich geschmückt und für morgen eingekauft. Lutz hatte mir gesagt, er werde am Heiligabend gegen Mittag zu seinen Eltern nach Braunschweig fahren, was ich gut verstehen konnte. Natürlich wollte ich meine Freundinnen immer gerne sehen, aber ich musste vorher mit Mike sprechen. Wenn er nicht mitkommen wollte, hatte ich auch keine Lust.
Genau das sagte ich ihnen.
„Ist doch kein Problem“, warf Karin ein. Sie wandte sich an ihre Tochter. „Melli und Mike verstehen sich ja auch ganz gut. Oder, Melli?“
„Eigentlich nicht.“ Melanie zuckte mit den Schultern.
„Seit er mit Susa geht, ist es nicht auszuhalten. Die knutschen in einer Tour.“
„Er hat eine Freundin?“, fragte ich überrascht.
„Ja, seit zwei Wochen oder so. Susanne Paulsen aus unserer Parallelklasse, so eine Schnepfe.“
„Ich wusste wohl, dass er ein Mädchen toll findet, aber dass die beiden jetzt zusammen sind, hat er mir gar nicht erzählt“, sagte ich.
„Na ja, Jungs erzählen sowas vielleicht nicht. Die sprechen ja nicht so gern über Gefühle…“ Sie hielt kurz inne. „Ich geh hoch.“
Ohne ein weiteres Wort verließ Melanie das Zimmer.
„Huch, was war denn das?“, fragte Hannah und blickte noch auf die Tür, durch die Melanie gerade verschwunden war. Karin seufzte tief.
„Der erste Liebeskummer.“
„Sie ist in Mike verliebt?“,
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