Auf die Ohren
seine Gitarre auspackt. »Apropos talentlos: Habt ihr das Plakat unten im Gang gesehen?«
»Welches?«, fragt Steffen. »Da hängen gefühlte hundert.«
»Ja, aber nur eins, auf dem Das asoziale Gesindel steht«, sagt Robbie. »Das ist doch Vinnies neue Band, oder?«
Ja, das ist sie, allerdings. Und der Name sagt ja wohl schon alles. Wobei, nein, sagt er eben nicht. Bei diesem Namen könnte man ja tatsächlich noch an eine rotzige Punkband denken, was eben genau nicht der Fall ist. Dieses Gesindel ist nämlich nicht einfach nur asozial, sondern auch noch dermaßen rechtslastig, dass es eigentlich beim Laufen alle paar Meter vor Dummheit umkippen und auf seine beschissenen Glatzen fallen müsste.
Echt jetzt, ich hasse diese verfickte, hirnamputierte Nazibrut wie die Pest. Und dass ausgerechnet ich mit einem von ihnen jahrelang mehr als gut befreundet war, wurmt mich noch am meisten.
Ich hätte niemals gedacht, dass Vinnie mal auf diesen Dreck abfahren würde. Ist aber leider so, und deswegen will ich auch absolut nichts mehr mit ihm zu tun haben.
»Die spielen am Freitag im Höchster JUZE «, fährt Robbie fort. »Wollen wir da nicht alle zusammen hingehen? So als Bandausflug quasi? Wir haben ewig nichts mehr alle zusammen gemacht.«
»Auf gar keinen Fall«, knurre ich. »Diese Scheiße höre ich mir nicht an.«
»Ach komm, wieso denn nicht?«, sagt Steffen. »Das wird bestimmt sauwitzig. Es gibt nichts Geileres, als sich über faschistoide Pimmelköpfe lustig zu machen.«
»Danke, kein Bedarf«, erwidere ich. »Der eine faschistoide Pimmelkopf hat mir schon mal ein Messer an die Kehle gehalten, das muss ich nicht noch mal haben.«
Goppel, dieser kranke Wichser. Das war letztes Jahr. Ist zum Glück nichts weiter passiert, aber wenn ich nur an den denke, kommt’s mir schon hoch.
»Ey, Schiss brauchst du echt keinen zu haben«, sagt Steffen. »Ich verbreite das mal bei meinen Antifa-Jungs, da werden genug kommen. Außerdem ist das in Höchst, da liegt der Ausländeranteil bei circa hundert Prozent, da kriegen die eh keinen Fuß auf den Boden. Frag mich sowieso, warum die ausgerechnet da spielen, aber umso lustiger wird’s.«
»Nee, echt nicht, keinen Bock«, sage ich und sehe Christopher auf Unterstützung hoffend an.
»Also neugierig darauf, wie scheiße die Musik ist, wäre ich ja schon«, sagt er.
Vielen Dank auch, Christopher. Ich probiere es bei Clarissa mit einem flehenden Blick.
»So wirklich scharf drauf bin ich ja nicht unbedingt, meinen Arschloch-Exfreund wiederzusehen«, sagt sie.
Na also, wusste ich’s doch, auf Clarissa ist Verlass!
»Andererseits …«, fügt sie hinzu, »die Gelegenheit, ihn mehrstimmig öffentlich auszubuhen, ist schon sehr verlockend.«
Mist, zu früh gefreut. Wieso sind hier eigentlich plötzlich alle gegen mich, verdammt!
»Okay, alles klar, dann gehen wir dahin, coole Sache«, sagt Steffen zufrieden.
»Ich nicht«, brumme ich schmollend. »Ich hab echt Besseres zu tun, als mir diese Scheiß…«
»Wer ist dafür, dass Danny mitkommt?«, unterbricht mich Steffen und streckt dabei demonstrativ seine Hand in die Höhe.
Alle anderen folgen seinem Beispiel.
»Na also, dann wäre das ja geklärt«, sagt Steffen breit grinsend. »Du kommst mit.«
»Das könnt ihr vergessen«, motze ich. »Ihr könnt mich nicht zwingen.«
»Zwingen nicht«, sagt Clarissa und kommt verführerisch lächelnd auf mich zu. »Aber ich kenne da jemanden, der dich eventuell liebevoll dazu überreden kann.«
Sie setzt sich rittlings auf meinen Schoß, gibt mir einen tiefen Kuss und krault mich dabei sanft hinter den Ohren.
»Also ich glaube ja, dass du mitkommst«, säuselt sie in mein Ohr. »Und weißt du auch, warum ich das glaube?«
»Ja, das weiß ich«, säusele ich zurück. »Weil du mir nicht richtig zugehört hast, als ich sagte, dass ich nicht mitkomme.«
»Falsche Antwort«, knurrt sie und boxt mich leicht auf den Arm. »Du kommst natürlich mit, weil du es nicht übers Herz bringst, deine arme, schwache Freundin allein auf ein Konzert von lauter bösen Nazis gehen zu lassen. Du musst mich doch beschützen.«
»Die können dich von mir aus in Stücke reißen und an Blondi verfüttern«, sage ich fies grinsend. »Ich gehe da jedenfalls nicht hin, keine Chance.«
»Das werden wir ja noch sehen, du fieser, fieser Freund.«, Sie grinst ebenso fies zurück.
»Abwarten«, sage ich und schiebe sie von meinem Schoß herunter. »Und jetzt lasst uns mal anfangen, wir sind
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