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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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ja wohl klar: Ab jetzt kann ich mich endlich nur noch auf das Wesentliche konzentrieren. Auf die Musik. Auf die Band. Auf unseren Auftritt. Denn das ist schließlich das Einzige, was wirklich zählt im Leben eines zukünftigen Rockstars!

9.
    »Dein Stimmgerät?«
    »Nein, das hab ich.«
    »Kabel?«
    »Hab ich auch.«
    »Tabak? Papers? Feuerzeug?«
    »Auch alles da.«
    »Bier?«
    »Also wenn ich irgendetwas nicht vergesse, dann ist das Bier. Aber irgendwas hab ich vergessen, das weiß ich ganz genau. Nur was?«
    Das ist neu. Ich meine, Steffen vergisst oder verschlampt ja ständig irgendwas, aber dass er noch nicht mal mehr weiß, was er vergessen hat, das habe ich noch nicht erlebt.
    »Ach, mach dir keinen Kopf«, sage ich. »Wenn es wichtig war, fällt es dir bestimmt wieder ein.«
    »Das ist es ja«, seufzt er. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es verdammt wichtig war.«
    »Einfach an was anderes denken, dann fällt es dir irgendwann von selbst wieder ein. Wollen wir uns schon mal ein bisschen warm spielen, bis die anderen kommen?«
    »Klar, warte, muss nur noch stimmen.«
    Es ist selten genug, dass Steffen und ich mal zu zweit üben können. Meistens ist er es nämlich, der zu spät kommt, nicht die anderen. Ich schaue auf die Uhr, schon zehn nach zwei, wo bleiben die nur? Bei Robbie passiert das ja schon manchmal, aber gerade Clarissa und Christopher sind normalerweise nie unpünktlich. Na ja, egal, einfach das Beste daraus machen.
    Während Steffen stimmt, lockere ich meine Handgelenke. Als Steffen fertig ist und seinen Bass in den Amp stöpselt, öffnet sich die Tür. Clarissa und Christopher kommen herein.
    »Hi«, sagt Clarissa.
    »Sorry, dass wir zu spät sind«, sagt Christopher. »Eine U-Bahn ist ausgefallen, wir mussten warten.«
    Okay, das ist mir auch schon passiert, das ist höhere Gewalt, da kann man nichts … Moment mal. Das verstehe ich gerade nicht so ganz. Clarissa und Christopher wohnen in völlig unterschiedlichen Richtungen. Wieso mussten dann beide auf dieselbe U-Bahn warten? Das ergibt irgendwie keinen Sinn.
    »Ihr seid zusammen gefahren?«, frage ich deswegen.
    Die beiden werfen sich einen kurzen Blick zu, den ich nicht deuten kann.
    »Äh … ja«, sagt Clarissa. »Christopher war …«
    »Ich wollte Lisa abholen, vom Zahnarzt, das ist quasi bei Clarissa um die Ecke«, fällt Christopher ihr ins Wort. »Aber dann war sie noch gar nicht dran und ich musste los, um nicht zu spät zum Proben zu kommen. Und an der U-Bahn haben wir uns dann zufällig getroffen.«
    Ach so, okay. Lisa war bei Doktor Lücke. Ja, er heißt wirklich so. Doktor Lücke. Nicht gerade ein vertrauenerweckender Name für einen Zahnarzt, aber der Mann ist echt klasse. Da gehe sogar ich freiwillig hin, was einiges heißen will, denn ich bin ein echter Schisser, wenn es um Zahnarztbesuche geht. Aber egal, jedenfalls erklärt das, wieso Clarissa und Christopher in dieselbe Richtung U-Bahn gefahren sind. Diese verflixte U-Bahn sorgt in letzter Zeit immer wieder für Verwirrung bei mir. Zuerst die Sache am Samstag, als ich Clarissa in der Bahn gegenüber gesehen habe, und jetzt das. Wobei sich Ersteres ja auch aufgeklärt hat. Als ich sie darauf angesprochen habe, hat Clarissa mir erzählt, dass sie vor ihrem Dienst bei der Tafel noch eine andere freiwillige Helferin abholen musste, die im Rollstuhl sitzt.
    »Unseren zweiten Gitarristen habt ihr unterwegs nicht zufällig auch getroffen?«, frage ich.
    »Ach so, ja, Robbie hat mich vorhin noch angerufen«, sagt Christopher. »Es wird ein bisschen später, hat er gesagt. Er muss seiner Mutter noch bei irgendwas helfen, keine Ahnung. Er meinte aber, er wäre allerspätestens um halb hier.«
    Ich schaue wieder auf die Uhr, es ist zwanzig nach.
    »Dann hat er noch zehn Minuten«, stelle ich fest. »Wir können ja schon mal …«
    Die Tür öffnet sich und Robbie betritt den Proberaum.
    »Hey-ho!«, grüßt er in die Runde. »Ihr wartet doch wohl nicht etwa alle auf mich? Ich sag’s ja immer: Ohne den zweiten Gitarristen läuft überhaupt nichts.«
    »Stimmt«, sagt Steffen. »Und mit dem zweiten Gitarristen läuft alles schief. Es ist ein Teufelskreis.«
    »Der zweite Gitarrist – Fluch aller Rockbands«, füge ich grinsend hinzu.
    »Der zweite Gitarrist – man kann nicht mit ihm, man kann nicht ohne ihn, und erschießen darf man ihn auch nicht«, stimmt Christopher mit ein.
    »Aus euch spricht der pure Neid aller Talentlosen«, erwidert Robbie grinsend, während er

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