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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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ich auch bei Gelbgesicht und einigen anderen Onai bemerkt hatte …
    »Ich möchte zusehen, wie du initiiert wirst. Bevor ich sterbe«, sagte sie.
    »Du wirst nicht sterb… Was? Ich bin bereits initiiert worden, Dotterhirn!«
    »Ich meine nicht diese Initiation. Es gibt noch eine, eine andere.« Sie beugte sich vor, legte eine Hand auf die salzige Haut des alten Maht. Ihre Miene war eindringlich, jeder Muskel ihres Körpers angespannt. Die Härchen in meinem Nacken richteten sich auf. Ich wusste ohne jeden Zweifel, dass ich jetzt endlich den Grund für ihre heftigen Debatten mit Gelbgesicht erfahren würde, Streitereien, die schlagartig endeten, wenn ich auftauchte.
    »Es gibt noch eine andere Initiation«, wiederholte sie. Sie sprach leise und schnell. »Eine, die nachts stattfindet, nach der Sechsten Anbetung. Deshalb wirst du immer zur Nachtwache mit den Grimmigen Gebenedeiten eingeteilt, weil sie daran nie teilnehmen. Nur sehr wenige von uns tun das. Die Grimmigen wissen aber, was da vor sich geht, davon bin ich überzeugt. Zumindest vermuten sie es. Es ist natürlich falsch, was wir tun. Ganz schrecklich, schrecklich falsch.«
    Kiz-dan kicherte schrill und verdrehte ihre faszinierenden Augen. Dann packte sie meine Wade, die auf der Flanke des alten Maht lag. Durch meine Borkenhose fühlte ich, wie heiß ihre Finger waren.
    »Bist du krank?«, erkundigte ich mich, aber sie tat die Frage mit einer kurzen Bewegung ihrer freien Hand ab.
    »Halte mit uns heute Nachtwache. Dann siehst du selbst, wovon ich rede. Komm. Du bekommst mindestens einen Monat lang keine zweite Chance. Wir halten nur sehr selten gemeinsam Nachtwache, sonst würden wir Verdacht erregen. Bis wir das erneut machen können, bin ich schon tot. Also komm heute. Aber du darfst niemandem sagen, dass du zusiehst, nicht mal denen, die Nachtwache haben. Erst, wenn ich es dir sage.«
    Ihre eindringlichen Worte wurden von einem feinen Sprühnebel aus Spucke begleitet, und jetzt wurde mir klar, was an ihren Augen so anders war, was mich fasziniert auf der Stelle bannte, was mich dazu zwang, mich unwillkürlich vorzubeugen, um ja jedes ihrer Worte zu verstehen.
    Sie bewegten sich kaum.
    Wirklich nicht. Ihre Augen schienen sich auf etwas zu konzentrieren, und ihr Blick blieb wie gebannt darauf gerichtet, wankte nie. Fast wie ein … Drache. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass es bei Gelbgesicht genauso war. Sie richtete ihren Blick mit derselben haarsträubenden Starrheit auf einen Gegenstand.
    Kiz-dan drückte meine Wade. »Tust du das für mich, heho? Komm heute Nacht!«
    »Warum sollte ich? Ich habe gestern Nacht Wache gehalten. Und ich habe den ganzen Tag nicht geschlafen …«
    »Zar-shi?«, trällerte eine laute Stimme durch die Rotunde.
    »Schnell, hilf mir. Der ehrenwerte Ka hat meinen Schlangenstock geschnappt. Er steckt in seinem Gaumen fest. Zar-shi!«
    »Ich komme!«, schrie ich. Kiz-dan ließ mich los und trat zurück. Ich sprang vom alten Maht herunter und rannte in die Richtung, aus der Ogi-ras’ Stimme gekommen war.
    Es dauerte schrecklich lange, die Stange aus Kuneus Kas Rachen zu zerren, der die ganze Zeit sabberte, bockte, sich aufbäumte und mit seinen Krallen nach seinem Hals schlug, während er würgte. Mit seinem peitschendünnen Schweif versuchte er nicht nur, mich zu schlagen, sondern auch die sechs anderen Onai, die erforderlich waren, um ihn mit Blaspfeilen zu betäuben.
    Am Ende war mein rechter Arm geschwollen von dem Druck seiner Rachenmuskeln, weil ich ihn wiederholt ganz in seinen Hals geschoben hatte, um den Stock zu befreien. Mit blauen Flecken, auch von seinem Schweif, von oben bis unten mit Geifer bedeckt und mit einem Gefühl in der Schulter, als wäre sie ausgerenkt, schwankte ich zur Mühle, stieg auf den Dachboden und verschlief den Rest des Tages.
    Zum Glück weckte mich niemand zur Vierten Anbetung, der Bullenverehrung, die am späten Nachmittag stattfand.
    Hunger und das Verstummen des Mühlrades zerrten mich gegen Sonnenuntergang aus meinem Schlaf. Ich wurde wach wie immer: mit rasendem Herzen, mit Furcht und einer seltsamen Dringlichkeit in den Adern und einem halb erstickten Schrei in der Kehle.
    Mein Kind, mein Kind! Ich muss es finden, es beschützen! Sie haben es mir weggenommen …!
    »Waivia!«, keuchte ich.
    Als ich den Namen ausstieß, schüttelte ich mich, auch das geschah immer, und etwas fiel von mir ab, ließ mich kalt, leer und desorientiert zurück.
    Man sollte annehmen, dass zumindest die

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