Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Bretterwand hinter mir. Wut fegte über mich hinweg, schwächer diesmal.
Wann hatte mein Leben jemals mir selbst gehört? Wann war ich nicht von Hunger oder Trauer oder dem Wahnsinn meiner Mutter beherrscht worden? Nicht mehr seit diesem Mombe Taro, als ich neun Jahre zählte. Nicht seit dem darauffolgenden Besuch des Aristokraten mit dem Haar von der Farbe flüssigen Honigs und den kristallklaren, blauen Augen.
Hass durchfuhr mich wie ein scharfer Stich. Diese Emotionen lösten weitere Krämpfe aus, intensiver als die letzten, die mich auf die Bodenbretter zwangen, sodass ich mit aufgerissenen Augen die Kigos anstarrte, die über mir schaukelten, während meine Hacken ein Furcht einflößendes Stakkato auf den Boden trommelten.
Panisch und in Schweiß gebadet, rollte ich mich auf die Knie, sobald die Krämpfe nachließen. Ich kroch zu der Falltür, die in das Stockwerk unter mir führte. Mühte mich mit dem schweren, rostigen Ringschloss ab und hob die Tür mühsam an.
Mit jedem Moment wuchs die Panik in mir. Ich konnte es nicht, schaffte es nicht, ohne das Gift zu leben.
Aber ich musste.
Ich brauchte Kiz-dan, brauchte Hilfe.
Weinend und zitternd versuchte ich, die Strickleiter hinunterzuklettern. Aber das war zu viel für mich. Ich konnte diese verfluchten Sprossen nicht finden, das verfluchte Ding schaukelte zu sehr, löste sich fast in Luft auf. Ich glitt daran herunter und landete mit einem heftigen Krach auf dem Boden. Der Lärm weckte Kiz-dan und die Brüder. Ich hörte, wie sie sich bewegten.
Ich kroch auf dem Bauch wie diese Kotze fressende Ratte auf sie zu. Ich erreichte die Stelle, an der Kiz-dan und ihr Kind lagen, formlose Umrisse in dem schwachen Mondlicht, das durch die Ritzen der Wände und unter den Fensterbrettern hindurchschien.
»Hilf mir«, schluchzte ich. Ich meinte es wirklich ernst. Gib mir Gift, stille mein Verlangen.
Zwei Schatten neben Kiz-dan setzten sich abrupt auf, und ich hätte fast aufgeschrien. Doch noch während mich neue Krämpfe in einem beinahe epileptischen Anfall niederwarfen, erkannte ich in den Schatten die Makmaki-Brüder. Sie hatten es auf sich genommen, zum ersten Mal, neben Kiz-dan und ihrem Kind zu schlafen.
Um die beiden zu beschützen.
Vor mir.
Zum Glück entnahm Kiz-dan meinem sabbernden, zähneklappernden, bibbernden Zustand, was ich brauchte. Sie bewegte sich geschickt im Dunkeln und gab etwas von meinem kostbaren Gift mit Wasser in einen leeren Trinkkürbis, während die Brüder schweigend neben dem Baby Wache hielten.
Sie nahm meinen Kopf in ihre Arme, als wäre ich ein Kleinkind, und flößte mir das gesegnete Gift ein.
Oh, welch verhasster, heiß begehrter Geschmack! Ich genoss das brennende Aroma von Süßholz und Limone, das sich in meinem ganzen Körper ausbreitete, als meine Knochen wie Wachs in Kiz-dans Schoß schmolzen.
Als ich endlich dazu in der Lage war, sprach ich.
»Gib mir danach nichts mehr, heho«, flüsterte ich. Meine Stimme klang rau, zittrig und unsicher. Das Baby, dessen Tod ich beinahe verursacht hätte, seufzte süß im Schlaf und saugte schmatzend Luft. Ich sprach weiter, sicherer. »Ich muss es aufgeben.«
»Ja, das musst du«, antwortete Kiz-dan. Ihre Augen wirkten in der Dunkelheit wie glitzernde Becken.
»Hilfst du mir?«
Eine Pause. Sie nickte. Ich konnte es nicht sehen, aber fühlen.
»Aber fass ihn nie wieder an, Zarq«, sagte sie dann. In ihrer melodischen Stimme schwang ein Unterton wie aus Stahl mit. »Nicht einmal mit dem kleinen Finger, niemals mehr, verstanden?«
Ich verstand.
Und dann wurde mir klar, dass ich nie mehr das für sie sein würde, was ich einst war, auch nicht, wenn ich mich aus der Abhängigkeit des Giftes befreit hatte. Ich war jetzt Zarq. Nicht mehr Zar-shi, ihre heilige Schwester, sondern Zarq. Jemand ganz und gar anderes.
So begann die Ewigkeit der Folter. Jedenfalls kamen mir die folgenden unzähligen Tage und Nächte wie eine Ewigkeit vor; sie verschwammen durch die ständige Übelkeit, Schweißausbrüche und Krämpfe zu einem nicht enden wollenden Elend.
Wenn ich nicht in den Klauen eines mich erschöpfenden, schweren Schlafs lag, gehetzt von Visionen, wie Waivia misshandelt und entehrt wurde, übergab ich mich, zitterte, halluzinierte, schluchzte. Kiz-dan kümmerte sich mit der brüsken Distanz um mich, mit der man pflichtbewusst eine unerfreuliche, aber notwendige Arbeit erledigt. Sie leerte meinen Nachttopf und hielt mich während meiner schlimmsten Entzugsanfälle, zwang
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