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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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heruntergekommenen Pfeilern, den verfallenen, mit Flechten überwucherten Simsen? Wenn ja, warum schliefen dann diese zwölf Frauen mitten am Tag auf dem Dachboden der Mühle?
    Schliefen sie wirklich?
    Mich fröstelte, und ich huschte rasch an Mutters Seite, setzte mich mit verschränkten Beinen auf den bebenden Boden und starrte die nächste Onai an.
    Da, ich konnte es sehen; ihre Brust hob und senkte sich. Sie lebte.
    Erleichtert und endlich müde, legte ich mich neben Mutter und ließ mich von den Geräuschen der Mühle in den Schlaf wiegen.
    Ich wachte im Dunkeln auf. Das Mühlrad schwieg. Mein Bitoo war feucht. Ich lag auf der Seite, und links neben mir hustete jemand, tief und rasselnd. Ich verspürte Heißhunger, und mir war kalt bis auf die Knochen. Ich schlang meine Arme um meinen Körper und rollte mich dicht an Mutter.
    Die Stille auf dem Dachboden hatte etwas Bedrängendes, und ich brauchte eine Weile, bis ich den Grund begriff. Es war voll. Voller schlafender Onai? Ich hob den Kopf und sah mich um. In dem dämmrigen Licht, das durch die Dielenritzen und über die Treppe aus dem Erdgeschoss heraufdrang, bestätigte sich meine Vermutung.
    Eins, zwei, drei, vier, fünf … ich zählte zweimal, kam beim ersten Mal auf neunzehn, beim zweiten Mal auf zwanzig.
    Wir waren zweiundzwanzig Frauen, zusammengedrängt auf dem Dachboden. Es war schade, dass der Raum so luftig war, sonst hätte die Wärme unserer Körper ihn vielleicht ein wenig angenehmer temperiert. Doch die Kälte des Wasserfalls, der in das Becken hinter der Mühle prasselte, und die Höhe des Raumes sorgten für eisige Temperaturen; so kalt hatte ich noch nie schlafen müssen. Selbst in der Karawane des Händlers, in der ich zwischen Kisten und meiner Mutter auf einem Karren gelegen hatte, war es nicht so eisig gewesen. Wenigstens gab es hier Moskitovorhänge, auch wenn sie zerfetzt und staubig waren.
    Dann fiel mir noch etwas auf: So wie im Zelt auf den Sesalfeldern war um Mutter und mich herum ein auffällig freier Platz. Keine andere Frau schlief mit dem Rücken an uns geschmiegt, um sich zu wärmen.
    Jemand rollte sich auf die Seite. Die Hustende erlitt einen neuen rasselnden Anfall. Eine Onai stand auf, suchte sich einen Weg zwischen ihren schlafenden Schwestern und hockte sich über einen Nachttopf. Sie sah mich an, als sie fertig war, und winkte mir kurz zu. Ich wusste nicht, wie ich auf diese Geste reagieren sollte. War es vielleicht eine Art von Befehl? Ich schloss die Augen und tat, als schliefe ich.
    Mir wurde beinahe übel vor Hunger. In dem Moment schlang Mutter einen Arm um mich und zog mich fest an ihren warmen Körper.
    Die Umarmung war weich und süß. Warm. Sie roch nach Paak, mit einer Note von Zitronen und Chilis, nach feuchtem Lehm und saurer weißer Porzellanerde. Nach Seetang, der bitter und rußig in den Brennöfen schrumpfte, dem Preis, den wir für die verschlungenen, metallischen Farbtöne auf unserer Keramik zahlen mussten.
    Ich döste ein und träumte von diesen Düften. Aber es war kein Schlaf, war kein Traum, denn ich spürte noch die Kälte der Mühle und hörte die hustenden Onai, doch die Gerüche der Töpferei waren so real wie mein Herzschlag. Als schwebte ich irgendwo zwischen Schlafen und Wachen, der Vergangenheit und Gegenwart. Wie ein Wassertropfen, der einen Augenblick in zähem goldenen Öl gefangen war.
    Ich fühlte, wie ich, gleich diesem Wassertropfen, nach unten gezogen wurde, hinunter, durch das Öl, aber wohin, wusste ich nicht.
    Ich war gefangen in Djimbi-Magie. Der stärksten, die meine Mutter jemals erzeugt hatte. Dessen war ich mir plötzlich ganz sicher.
    Panik durchfuhr mich; das goldene Öl um mich herum wurde dicker. Ich wurde schneller hinabgezogen, gefangen in einem Strudel, bekam keine Luft mehr …
    Der Wirbel kam zum Stillstand. Morgenluft, klar und nach Tau und Bambusschösslingen duftend, strich kalt über meine Haut.
    Ich blinzelte benommen.
    Links von mir stand ein Brennofen. Ich befand mich auf einem Hof. Aber es war eindeutig nicht Danku Re, der Hof der Töpfer aus meiner Kindheit. Denn während sich Danku Re dreier bienenkorbähnlicher Brennöfen rühmte, besaß dieser Hof nur einen, der zudem rechteckig war. Die Farben stimmten auch nicht. Alles hatte die Farbe von Lehm. Gebranntem Ton, sonnengetrocknetem Lehm, Kalksteinlehm, Steingut-Lehm, Asche-Lehm …
    Der Himmel war ockerfarben, der Boden zimtfarben und braungrau. Das Frauenhaus klein, das Dach von dunklen Flechten

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