Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
»Alles wird gut, meine Süße«, flüsterte sie ihrer Nichte ins Ohr, als sie das Mädchen den kurzen Weg über den Flur ins Bad trug. »Ich bin da, und Onkel Griff ist auch da. Wir beide werden gut auf dich aufpassen, das verspreche ich dir.«
Die Kleine wimmerte und versuchte, sich zu befreien, doch Chelsie hielt sie gut fest.
Während sie auf Griffs Rückkehr wartete, legte sie sich das Kind über die Schulter und griff mit der anderen Hand nach einem feuchten Badetuch. Dann stopfte sie das Tuch ins Waschbecken und öffnete den Medizinschrank. Hoffentlich fand sie das, was sie suchte, ohne lange herumzuwühlen. Sobald sie den Franzbranntwein entdeckt hatte, setzte sie Alix auf dem Waschtisch ab und tränkte das Handtuch mit einer Mischung aus Alkohol und kaltem Wasser. Dann wrang sie es aus und wischte das kleine Mädchen mit der kalten Kompresse ab.
Gern hätte sie die Prozedur noch mal wiederholt, doch sie wusste, dass ihr nur wenig Zeit blieb. Also ging sie stattdessen ins Kinderzimmer zurück und sorgte dafür, dass die Kleine angezogen war, als Griff zurückkehrte.
»Was hat der Doktor gesagt?«
»Er will sich im Krankenhaus mit uns treffen.«
»In Ordnung. Dann lass uns fahren.«
Griff zog die Nase kraus. »Was ist das für ein Geruch?«
»Franzbranntwein. Senkt das Fieber.«
Innerhalb von Minuten hatten sie Alix in ihrem Autositz festgeschnallt und waren unterwegs zum Krankenhaus. »Woher weißt du eigentlich so viel über Kinder?«, fragte Griff, ohne die Straße aus den Augen zu lassen.
Chelsie schluckte schwer und überlegte hastig. »Durch die Arbeit im Frauenhaus«, erklärte sie. Während ihrer kurzen Schwangerschaft hatte sie in Erwartung des Tages, an dem sie ihr eigenes Baby in den Armen halten würde, alles gelesen, was ihr über Baby- und Kinderpflege in die Hände gefallen war. Doch es hatte keinen Zweck, ihm das jetzt zu erklären.
»Oh.«
Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »Sie wird wieder gesund. Kinder bekommen schnell hohes Fieber, wenn sie einen Infekt haben«, sagte sie, um ihn zu beruhigen. Er sah so blass und verwirrt aus, als würde er jeden Augenblick zusammenklappen. »Ich kenne mich aus in solchen Dingen.« Ob Alix’ Krankheit wirklich so simpel war, wie sie behauptet hatte, spielte keine Rolle. Wichtig war nur, dass er die Ruhe behielt. Sie selber würde es sich erst später erlauben, ihre Gefühle zuzulassen.
Griff sah sie durchdringend an, und sie hielt seinem Blick stand. »Danke.«
Chelsie lächelte aufmunternd. Da nahm er ihre Hand und hielt sie fest. Mit dieser Geste stellte er eine Verbindung her, die stärker war als alles, was vorher zwischen ihnen geschehen war.
Den Rest des Wegs legten sie in besorgtem, aber angenehmem Schweigen zurück. Erst als sie das Krankenhaus erreichten, ließ Griff ihre Hand zögernd wieder los.
Chelsie sah auf ihre Uhr. »Was hat der Arzt noch gesagt?«
»Dass Alix’ Fieber in die Höhe geschnellt war, nun aber wieder unten ist. Sie behalten sie nur zur Beobachtung da.« Griff lehnte den Kopf an die Wand, schloss die Augen und wünschte, er wäre allein.
Dass er hilflos daneben gestanden hatte, während Chelsie all das getan hatte, was seine Aufgabe gewesen wäre, gefiel ihm gar nicht. Doch die Vorstellung, Alix zu verlieren, so wie er alle anderen Menschen in seinem Leben verloren hatte, hatte ihn gelähmt. Nun, da der erste Schreck vorüber war, ließ die kalte Angst, die ihn gepackt hatte, langsam nach.
Wenn er Chelsie in sein Leben ließ, kam zu der Liste der Frauen, die ihn am Ende verließen, nur eine weitere hinzu. Doch Schutzmauern zu errichten fiel ihm nicht mehr so leicht wie früher. Vermutlich hatte er das Chelsie zu verdanken. »Warum fährst du nicht nach Hause und legst dich etwas aufs Ohr?«, fragte er.
»Ich möchte dich jetzt nicht alleinlassen.«
Später schon ? Das Ticken der Wanduhr verriet, dass eine weitere Minute verstrichen war, das Geräusch hallte in dem kleinen Warteraum wider. Griff öffnete die Augen, starrte auf die langweiligen beigefarbenen Wände und weigerte sich standhaft, sich das Vergnügen und gleichzeitig den Schmerz zu bereiten, in Chelsies Richtung zu sehen.
»Elf Uhr«, murmelte sie. Sie stand auf und begann, in dem engen kleinen Raum auf und ab zu gehen, sodass ihm zusätzlich zu ihrer Anwesenheit auch noch ständig ihre Position bewusst gemacht wurde. »Bist du sicher, dass es nur ein grippaler Infekt ist?«, fragte sie.
»Bin ich.«
»Und sie darf in ein paar Stunden nach
Weitere Kostenlose Bücher