Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
Hand.
»Wir können uns in meinem Büro unterhalten«, sagte Griff, die Initiative ergreifend.
»Es sei denn, Sie würden lieber hier draußen bleiben«, räumte Chelsie ein, um der Frau die Wahl zu lassen, was in letzter Zeit wahrscheinlich selten vorgekommen war.
Ihre Mandantin schaute von Chelsie zu Griff und wieder zurück. »Sein Büro wäre in Ordnung, wenn Sie mitkommen.«
Chelsie nickte, und die Frau trat zurück, damit Griff durch den Wartebereich zu seinem Büro vorangehen konnte. Trotz des Misstrauens in ihren Augen hatte sie eine aufrechte Haltung, einen Rest von Stolz, der ihr noch nicht genommen worden war.
Während Chelsie hinter der Frau herging, musterte sie ihre Umgebung, als sähe sie sie zum ersten Mal. Eine leicht verschlissene Couch, ein üppiger, aber unaufdringlicher beigefarbener Teppich, eine kleine Empfangstheke, eine Kaffeemaschine und ein Trinkwasserspender. Und in seinem Büro fiel ihr Blick als Erstes auf den massiven Mahagonischreibtisch, den Griff schon ins Haus geholt hatte, bevor er seine alte Partnerschaft aufkündigte.
Chelsie unterdrückte ein Schmunzeln. Ihr war noch gar nicht aufgefallen, dass Griff sich so eingerichtet hatte, dass seine neue Klientel sich wohlfühlte. Kein Luxus, damit die, die sich keinen leisten konnten, sich nicht deplatziert fühlten, aber schick genug, um Menschen mit Geld glauben zu lassen, dass sie einen passenden Anwalt gefunden hatten. Genau wie das Untergeschoss, in dem Griff und Alix wohnten, strahlten auch die Büroräume in der oberen Etage eine warme und gediegene Atmosphäre aus, die nichts mit Statusdenken, aber viel mit dem Besitzer zu tun hatte.
Chelsie wartete, bis die Frau sich niedergelassen hatte, ehe sie sich auf den Stuhl neben ihr setzte. Anstatt sich hinter seinem imposanten Schreibtisch zu verschanzen, wählte Griff einen Platz auf der Couch. Die Frau schien sich ein wenig zu entspannen. Wieder musste Chelsie seine Instinktsicherheit loben.
»Möchten Sie vielleicht ablegen?«, fragte Chelsie.
Die Frau schälte sich aus einem teuer aussehenden burgunderroten Seidenjackett, einem Beweis dafür, dass Gewalt in der Ehe in allen wirtschaftlichen und sozialen Schichten vorkam. Wie gut sie das wusste. »Mrs. … « Chelsie zögerte. Sie hatte vergessen, in Griffs Terminkalender nach dem Namen der Frau zu sehen, falls er überhaupt angegeben worden war.
»Amanda.«
»In Ordnung.« Aus Erfahrung wusste Chelsie, dass ihre Mandantinnen, wenn sie nur ihren Vornamen nannten, den Eindruck hatten, anonym zu bleiben, solange sie darüber nachdachten, ob sie Chelsie genug vertrauten, um ihr alles zu erzählen. »Sie haben uns angerufen, Amanda, also was können wir für Sie tun?«
»Ich weiß, ich habe diesen Termin mit Mr. Stuart gemacht … «
»Ich kann Sie allein lassen, wenn Ihnen das lieber ist«, bot Chelsie leise an. Das Vertrauen einer Mandantin zu gewinnen war der einzige Weg, alles zu erfahren.
»Aber nein!«
»In Ordnung. Warum fangen Sie nicht am Anfang an?«
Die Frau hielt die Armlehnen ihres Stuhls so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. »Ich habe einen kleinen Jungen«, flüsterte sie. »Wenn er nicht wäre, wäre ich vielleicht nicht hier.«
Chelsie nickte. »Ich weiß, dass der erste Schritt schwer ist. Wie alt ist Ihr Sohn?«, fragte Chelsie.
»Drei. Und ich möchte nicht … «
EinePauseentstand,dochChelsiewarteteab.Siehoffte,dassGriffihremBeispielfolgteundsichgenausoverhielt.Erbeugtesichzwareinwenigvor,bliebaberstill.
Langsam knöpfte die Frau einen Ärmel ihrer Baumwollbluse auf und hob den Bund hoch, sodass die blauen Flecke auf ihrem Arm zu sehen waren. »Ich lebe schon sehr lange damit, aber ich könnte es nicht ertragen, wenn er meinem kleinen Jungen wehtäte.«
Obwohl Chelsie Griffs entsetzten Blick spürte, vermied sie es, ihn anzusehen. Als sie Partner geworden waren, war ihm klar gewesen, dass sie Fälle wie diesen bearbeiten würden, und sie hatte ihm von Anfang an ihre Unterstützung zugesichert. Aber das war vor dem Tag gewesen, an dem sie ihm ihre eigene Geschichte erzählt hatte. Er hatte sie um ihre Hilfe gebeten, weil sie Erfahrung im Umgang mit misshandelten Frauen hatte. Nun, da er wusste, dass auch sie in die Kategorie »Geschlagene Frauen« gehörte, konnte sie sein Mitleid einfach nicht ertragen.
Sie zwang sich, sich auf Amanda zu konzentrieren und sich die Verletzungen anzusehen, die denen, die ihr eigener Mann auf ihren Oberarmen hinterlassen hatte, so
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