Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
ähnlich waren.
»Es war mutig von Ihnen, hierherzukommen, Amanda. Wo ist Ihr Sohn im Augenblick?«, fragte Griff.
»Bei einer Freundin.«
»Gut. Was erwarten Sie von uns?«, fragte Chelsie. Die Anweisungen und Entscheidungen mussten von der Frau selbst kommen. Niemand konnte sie zwingen, Anzeige zu erstatten oder die Scheidung einzureichen oder irgendetwas anderes zu unternehmen, wenn sie es nicht wollte. Auch das wusste Chelsie aus eigener Erfahrung.
»Ich bin vor drei Tagen von zu Hause weggegangen, als ich zum ersten Mal bei Ihnen angerufen habe. Ich wohne bei einer Freundin, aber ich kann ihr eine so unangenehme Situation nicht viel länger zumuten. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, zucke ich zusammen. Und jedes Mal, wenn jemand schwer atmet oder auflegt, denke ich, er wär’s gewesen.«
»Sie haben verschiedene Möglichkeiten«, sagte Chelsie beruhigend. »Die erste wäre, weiter bei Freunden oder Verwandten zu wohnen, aber ich neige dazu, Ihnen in Ihren Bedenken zuzustimmen, deshalb empfehle ich Ihnen das momentan nicht.«
Amanda nickte.
»Die zweite Möglichkeit erfordert eine wesentlich schwierigere Entscheidung, ist aber auf lange Sicht klüger. Es gibt ein Frauenhaus in der Stadt. Ich arbeite dort ehrenamtlich, daher kenne ich es gut. Sie wären in Sicherheit und Ihre Freunde außer Gefahr. Sobald wir beschlossen haben, wie wir vorgehen wollen, könnten Sie auch wieder zurück nach Hause oder zu einer Freundin oder Verwandten.«
Bei der Erwähnung des Frauenhauses erbleichte Amanda sichtlich. Chelsie hatte recht gehabt. Der Ausdruck konfrontierte die Frau mit der Realität. Und manchmal war es schwerer, sich der Realität zu stellen und zu erkennen, dass man allein war und sich ein neues Leben aufbauen musste, als Misshandlungen zu ertragen.
»Haben Sie Geld?«, fragte Chelsie. Trotz Amandas teurer Kleidung konnte man nicht wissen, ob es ihr gelungen war, persönliche Dinge oder Bargeld mitzunehmen.
»Nicht sehr viel. Aber ich habe noch meine Kreditkarten.«
»Nicht benutzen. Die hinterlassen Spuren.« Chelsie ergriff Amandas Hand. »Vertrauen Sie mir?«, fragte sie.
»Bedingungslos«, antwortete ihre Mandantin, ohne zu zögern.
»Gut. Dann machen wir es auf meine Art. Nicht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit und der Ihres Sohnes, sondern auch für das Gericht. Einverstanden?«
Amanda nickte. Griff stand auf, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und holte einen Notizblock und einen Kuli hervor.
»Wir müssen einiges von Ihnen wissen«, sagte er und konzentrierte sich auf die Arbeit.
Nach einem tiefen Atemzug nickte Amanda. »Einverstanden.«
»Ich brauche Ihren vollen Namen.«
Die neue Mandantin schaute zu Chelsie, die aufmunternd nickte. »Amanda Davis … « Die Frau zögerte, ehe sie weitersprach. »Amanda Davis Sutton.«
Chelsie wurde schwarz vor Augen, deshalb atmete sie durch. Reiner Zufall, redete sie sich ein. Ein kurzer Blick zeigte ihr, dass Griff die benötigten Informationen aufschrieb.
»Der Name Ihres Mannes?«, fragte er.
»Jeffrey Sutton.«
In der Hoffnung, sich verhört zu haben, sah Chelsie zu Amanda hinüber. Die andere Frau begegnete ihrem Blick und nickte beinahe unmerklich.
Jeff Sutton. Chelsie wurde schlecht. Die eine trockene Scheibe Toast, die sie zum Frühstück mühsam hinuntergewürgt hatte, drohte wieder hochzukommen. Doch sie ignorierte den Kloß in ihrem Hals und fragte: »Wie lange sind Sie verheiratet?«
»Viereinhalb Jahre.«
Griff notierte weiter. Anscheinend hatte er noch nicht bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte.
»Der Beruf Ihres Mannes?«, fragte Chelsie. Sie musste sich förmlich zu der Frage zwingen.
Amanda stieß ein ersticktes Lachen aus. »Rechtsanwalt.«
»Bei welcher Firma?« Aber das wusste Chelsie bereits. Dies war kein Zufall. Und wie der durchdringende Blick ihrer Mandantin verriet, war Amanda das auch klar.
»Stevens und McLaughlin, in Boston.«
Chelsiestandauf.IhrBlickwandertevondenblauenFleckenaufAmandasArmüberdenRestihresgutgekleideten,aberauchgutbedecktenKörpers.WiederdrohteihrMagensichumzudrehen.»Entschuldigtmich«,murmeltesie.»Bingleichwiederda.«
Es war ihre Schuld . Und diesmal stand das Wohl eines bereits geborenen Kindes auf dem Spiel. Ihre Schuld . Die Litanei in Chelsies Kopf wollte kein Ende nehmen.
Sie lief los und schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Bad. Danach wusch sie sich das Gesicht und trank ein Glas Wasser, bekam aber weder ihr Zittern noch ihren unregelmäßigen Herzschlag unter
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