Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
festhielt, abzunehmen und es zu betrachten. Es war das einzige, auf dem auch ihre Eltern zu sehen waren, aufgenommen, als Chelsie und Shannon fast noch zu jung waren, um sich daran zu erinnern.
»Ihr seht aus wie eine ganz normale, glückliche Familie.«
Chelsie zuckte die Achseln. »Vielleicht waren wir das ja. Vielleicht ist im Laufe der Zeit etwas schiefgegangen. Ich bin sicher, dass unsere Eltern uns geliebt haben. Doch irgendwann haben sich ihre Prioritäten verschoben. Sie lieben auch Alix.«
»Das glaube ich dir.«
Da Griff ihr ohne zu zögern zugestimmt hatte, glaubte Chelsie ihm ebenfalls.
Griff stellte das Foto auf ihren Schreibtisch. »Du vermisst sie.«
»Sie sind meine Eltern.«
»Es steckt mehr dahinter, und wir beide wissen es.« Er war hinter sie getreten. Seine Größe und Stärke weckten in ihr nicht nur heimliche Wünsche, sondern unverkennbar auch rein sexuelle Regungen. Das Problem war nur, dass die sie in gefährliche Gewässer geführt hatten. Chelsie schaute noch einmal auf die kleinen silbernen Erinnerungsstücke. Griff hatte sie in einen so tiefen Strudel gezogen, dass sie ihre Vergangenheit hervorgekramt und mitgebracht hatte, um sich ihrer Gegenwart zu stellen.
Dochauchwennsiedazununendlichbereitseinmochte,warsieimmernochnichtsoweit,dasssiesichvorihnhinstellenundihmerklärenkonnte,warumsieihnsoabrupt verlassen hatte.
Griff ging um sie herum und setzte sich wieder auf die Kante des Schreibtischs, sodass der Abstand zwischen ihnen wiederhergestellt war. Hatte er ihr Unbehagen gespürt?
»Ich glaube, du hast recht mit dem, was du über den nächsten Termin gesagt hast«, gestand er.
Chelsie vermutete, dass er ihre Unzugänglichkeit bemerkt hatte. Doch obwohl er ihr eine Atempause gönnte, war sie sicher, dass er sie nur vorübergehend schonte. »Woher kommt dieser Sinneswandel?«, fragte sie.
»Ich würde gern glauben, dass ich das schaffe, aber ich habe nicht vor, das Vertrauen oder die Sicherheit meiner Mandantin meinem Ego zu opfern. Ich möchte, dass du dabei bist.«
Chelsie nickte. Es imponierte ihr, dass Griff dazu fähig war, das Wohl anderer über sein eigenes zu setzen. Der ganze Mann imponierte ihr. »Ich setze mich dazu.«
Griff schüttelte den Kopf. »Nein, du setzt dich nicht nur dazu. Du zeigst mir, wie es geht.«
Chelsie wusste, dass das ein großes Zugeständnis war. »Ich bin froh, dass du erkennst, dass die Bedürfnisse unserer Mandantin an erster Stelle stehen. In Nullkommanichts wirst du diese Fälle allein bearbeiten können.«
»Wann, Chelsie?«
»Das kann man bei solchen Sachen nie sagen. Warten wir ab, wie es dir nachher geht, dann … «
Mit einer ungeduldigen Handbewegung schnitt er ihr das Wort ab. »Ich meinte, wann können wir über uns reden?«
Chelsie klammerte sich an der Tischkante fest. Sie konnte und wollte noch nicht in ihr Herz und ihre Seele blicken. »Später.«
Griff kniff die Augen zusammen. »Um wie viel Uhr?«
An der Tür klopfte es. Chelsie machte Anstalten hinzugehen, doch Griff war schneller und verstellte ihr den Weg. Sein kräftiger Körper verbaute ihr die Chance, von ihm wegzukommen, und ungewollt stießen sie mit den Hüften aneinander. Überrascht schnappte Chelsie nach Luft. Es klopfte wieder, lauter diesmal.
»Einen Augenblick noch«, rief Griff. Er spielte mit der rosafarbenen Zierschleife an ihrer Seidenbluse, wobei seine Hand wie zufällig ihre Wange streifte. »Um wie viel Uhr?«
»Beim Mittagessen«, stieß Chelsie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Sehr schön.« Griff trat zwei Schritte zurück und sah zu, wie sie mit bebenden Händen die Schleife glatt strich. »Machst du die Tür auf oder soll ich?«, fragte er.
»Ich gehe schon.« Chelsie brauchte ein paar Sekunden, um sich wieder zu fangen, dann schob sie sich an Griff vorbei und öffnete die Tür.
Draußen stand eine Frau, ungefähr in ihrem Alter. »Hi, ich bin etwas zu früh, aber ich musste den Bus nehmen, und ich war nicht sicher, wie lange es dauern würde.«
»Treten Sie näher«, sagte Chelsie. »Willkommen bei Russell und Stuart.«
»Stuart und Russell«, rief Griff von hinten dazwischen, doch das unterdrückte Lachen in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Wir haben noch nicht alle Einzelheiten geklärt, aber kommen Sie doch herein.« Chelsie winkte die Frau ins Haus.
Ohne Chelsie aus den Augen zu lassen, betrat die neue Mandantin die Kanzlei. Es war wichtig, ihr Selbstvertrauen zu stärken. Das wusste Chelsie aus erster
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