Auf einmal ist Hoffnung
Willst du damit sagen, daß …?«
»Ja. Ich kann dich nicht heiraten. Nicht jetzt. Verstehst du das nicht?«
Er schwieg. Sein Schädel dröhnte. Seine Kehle war wie ausgedörrt. Er senkte den Blick, als wolle er allein sein.
Sie wiederholte mit weicher Stimme erstaunt: »Verstehst du mich wirklich nicht?«
Für ihn kam die Frage wie aus weiter Ferne. Er dachte nur: Es ist aus! Es ist endgültig aus!
Eine Weile trat Stille ein, irgendwo in der Nähe bellte ein Hund, inzwischen hatte sich die Dunkelheit über das Land gelegt, und im Raum erhellte das flackernde Licht des Kaminfeuers ihre Gesichter schemenhaft.
Patrick stand auf, verließ die Bibliothek und ging hinaus ins Freie. Er brauchte frische Luft, um durchatmen zu können und wieder zu sich zu kommen.
Als er in die Bibliothek zurückkehrte, hatte er einen Entschluß gefaßt. Jennifer saß noch in der gleichen Haltung da, wie er sie verlassen hatte. Er setzte sich ihr gegenüber und sagte: »Ich sehe jetzt klar.«
Er wartete auf eine Entgegnung, aber Jennifer sah ihn nur ausdruckslos an und schwieg. So fuhr er fort: »Es hat keinen Sinn mehr mit uns. Am vernünftigsten ist, wir trennen uns noch heute.«
Auch jetzt saß sie regungslos da und antwortete nicht. Er fühlte sich von ihr herausgefordert und überzog seine Kritik an ihrem Verhalten maßlos: »Waren wir uns nicht seit zwei Jahren einig? Hast du nicht vor einer Woche noch davon gesprochen? Hätte ich denn sonst alles vorbereitet? Nein, Jennifer Kahn, du enttäuscht mich zutiefst. Du bist plötzlich eine ganz und gar andere. Eine, die mich erschreckt. Die verzogene Tochter eines willensschwachen Vaters. Ich wollte, ich hätte dich nie kennengelernt.« Sein Ton war kühl.
Die Worte standen im Raum, und es dauerte eine Weile, bis Jennifer zu einer Antwort fähig war. »Ich spüre jetzt, daß du mich nie verstanden hast. Daß du dir nie die Mühe gemacht hast, dich in mich hineinzuversetzen. Das ist schade. Sehr schade.« Es klang traurig. Als er nichts entgegnete, fügte sie unmißverständlich hinzu: »Und laß bitte meinen Vater aus dem Spiel.«
Sie stritten noch lange über dieses Thema, ihr Dialog wurde immer heftiger, sie verausgabten sich geradezu mit gegenseitigen Beschuldigungen, und es schien, als könnten sie sich beide kaum mehr beherrschen.
So verstrich eine volle Stunde, bis Jennifer die Auseinandersetzung abrupt abbrach, indem sie entschlossen zur Tür ging, sich umdrehte, Patrick entgegenschleuderte: »Du hast recht, wir haben uns nichts mehr zu sagen!« und den Raum verließ.
Sie bat Joe, ihr ein Taxi zu rufen. Dann wartete sie in der Halle, bis der Wagen kam und sie nach Manhattan zurückfuhr.
Patrick ging ihr nicht nach. Er blieb in der Bibliothek in seinem Sessel sitzen und starrte fassungslos auf die Tür, die sich hinter Jennifer geschlossen hatte. In seinem Gehirn war eine einzige Leere. Schließlich trat er an das breite, in kleine, weißgerahmte Rechtecke unterteilte Fenster, drückte die Außenbeleuchtung an und schaute hinaus in den von zehn Scheinwerfern erhellten herbstlichen Park. Schon jetzt bedauerte er, daß er sich beim Streit mit Jennifer so unnachgiebig verhalten hatte.
15
»Bueno«, sagte Zenon Menendez selbstherrlich, »gehen wir!«
»Wohin?« fragte Roberto Rocha ärgerlich. Er konnte die überhebliche Art seines Begleiters nicht ausstehen.
Menendez nahm die Webley, die auf dem Tisch lag, an sich, versenkte sie wortlos in seiner tiefen Manteltasche, hielt Rocha die Tür auf und sagte gelassen: »Wir erfüllen unseren Auftrag.«
Rocha ging hinüber in sein Zimmer, schlüpfte in Jackett und Regenmantel, griff sich das Fernglas, und sie fuhren gemeinsam hinunter zum Ausgang.
Auf der Dreiundzwanzigsten hatte mittlerweile am späten Nachmittag der Berufsverkehr eingesetzt. Menendez überquerte zielbewußt die Straße und schritt eilig aus.
Rocha blieb neben ihm. »Was hast du vor?«
»Wir mieten uns einen Wagen. So habe ich es mit Vacas abgesprochen.« Menendez sah Rocha an, ohne daß er seine Schritte verlangsamte, und setzte scharf hinzu: »De acuerdo?«
Rocha hörte nicht hin.
Drei Blocks weiter befand sich ein Autoverleih. Menendez mietete einen Cutlass Supreme. Eine halbe Stunde später waren sie an der Madison Avenue, Ecke Siebenundsiebzigste, und Menendez steuerte den Wagen in eine Parklücke der Seitenstraße.
Sie hatten den Laden gut im Auge. Die Zeile mit den goldenen Lettern MONROE M. KAHN lief oberhalb der ebenerdigen Schaufenster über
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