Auf eiskalter Fährte. Abrechnung im Yukon (German Edition)
möglicherweise bis nach Whitehorse in den Yukon führen. Die „White Pass and Yukon Railway“ war geboren. Ein Vorhaben von ungeahntem Ausmaß. Im Mai sollen die Arbeiten beginnen. Mitten durch eine der schönsten, aber auch unzugänglichsten Landschaften des Nordens. Tausende Arbeiter werden dafür schon jetzt angeworben. Es gilt dabei, 873 Höhenmeter zu überwinden. An steilen, fast senkrechten Felswänden vorbei. Waghalsige Brückenkonstruktionen müssen gebaut und die Hänge der Trasse zum tief unten liegendem Skagway River mit Holzpfählen und Steinmauern abgestützt werden. Und weil es eine sehr kurvenreiche Strecke mit engen Windungen zu durchfahren gilt, entschied man sich für eine Schmalspur Bahn.
Der Winter dieses Jahr ist besonders hart. Sogar jetzt noch, am 3. April, steht das Thermometer auf minus 20 Grad. Clay und der alte Trapper kommen gerade wieder von einem Jagdausflug zurück in die Stadt, als sie die neuste Nachricht erfahren. Oben am Chilkoot Pass war eine Lawine herunter gegangen und hatte 65 Menschen in den Tod gerissen. Alles Stampeders, die zu den Goldfeldern am Klondike drängten.
Auch für Clay wird es langsam Zeit, sich bereit zu machen. Schon bald will er aufbrechen. Der Gedanke daran macht ihn irgendwie unruhig. Obwohl er Betty in sicheren Händen weiß, behagt es ihm nicht, sie alleine zu lassen. Und er weiß auch nicht, für wie lange. Doch jetzt gibt es kein zurück mehr. Der schlimmste Teil der Reise wird wohl der Aufstieg hoch zum White Pass. Danach wieder herunter bis zum Lake Bennet, erscheint Clay nicht besonders mühsam.
Die Frage ist nur. Wie schafft er die verlangten 1000 Kilogramm Ausrüstung auf den Pass? Die „North West Mounted Police“ verlangt diese Menge, wenn man nach Kanada einreisen möchte. Egal, ob zum Goldschürfen oder auch nicht. Das erscheint im Moment als größtes Problem. Doch da kommen ihm der alte Trapper und Henry zu Hilfe. Sein neuer Freund blickt listig und kichert was von „Indianer helfen“ oder dergleichen, was Clay nicht genau versteht. Jedenfalls wolle er sich um den Transport der Ausrüstung kümmern. Für Clay wäre es ein Segen, solche Hilfe zu bekommen. Er weiß, dass der Alte hier in der Gegend viele der Ureinwohner kennt. Schon lange machen sie Geschäfte miteinander und pflegen ein freundschaftliches Verhältnis. Was man von vielen anderen Weißen und den Indianern nicht sagen kann. Sie verdingen sich vielmals als Träger und helfen den Goldsuchern, ihre schwere Ausrüstung über die Pässe zu schleppen. Gegen sehr guten Lohn – versteht sich. Sie alle sind vom Stamm der Tlingit und als starke Träger bekannt. Mit dieser Hoffnung beginnt Clay, alles zusammenzustellen, was er für die Reise braucht. Und schon bald hat er die verlangte Menge an Proviant zusammen und lagert es im Haus.
Eines Tages ist es soweit. Clay sitzt gerade mit Betty und Henry am Tisch, als es klopft. Herein kommt der alte Trapper. Nach kurzer Begrüßung fängt er an zu erzählen. Er habe sich mit den Indianern unterhalten und ihnen erklärt, was Clay vorhatte. Nur weil er ein guter Freund von ihm sei, stelle er diese Bitte, ihm zu helfen. Nach einigen Diskussionen erklärten sie sich damit einverstanden, Clay zu helfen, seine Ausrüstung über den Pass zu schleppen. Doch nur bis zum Lake Bennet. Dann müsse er selber sehen, wie er weiterkommt. Clay freut sich sehr über diese unerwartete Hilfe. Was der Alte den Indianern als Lohn in Aussicht gestellt hatte, bleibt sein Geheimnis. Clay sollte nur Bescheid geben, wann er aufbrechen wolle. Na, das sind doch mal gute Nachrichten. Clay ist voller Tatendrang und legt den Tag der Abreise auf den 8. April fest.
Noch einmal gehen er und der alte Trapper und Pelztierjäger auf die Jagd. Zudem will der sich seine „Trapline“ ansehen. Diese Fallenstellerpfade können fünfzig und mehrMeile lang sein. Nur so war es möglich, gute Winterfelle zu bekommen. Bald würde es sowieso mit dem Fallenstellen vorbei sein. Keuchend stapfen sie mit ihren Schneeschuhen durch den dichten Wald der Boundary Ranges. Der Wind pfeift ihnen eiskalt um die Ohren und sie haben die pelzgefütterten Kapuzen ihrer Jacken dicht unter dem Kinn zugeschnürt. Den ersten Teil der Trapline haben sie schon hinter sich. Ohne Erfolg. Kein Wolf, kein Fuchs hat die Köder angenommen. Als sie sich etwas Ruhe gönnen und auf einem umgefallenen Baumstamm sitzen, vernehmen sie ein tiefes Brummen in der Nähe. Sie ziehen die Kapuzen vom Kopf und lauschen.
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