Auf eiskalter Fährte. Abrechnung im Yukon (German Edition)
wälzen. Keuchend und unter größter Anstrengung gelingt es ihm. Rot ist der Schnee um den Alten. Seine Jacke total zerfetzt. Sein Gesicht blutverschmiert. Clay kann nicht erkennen, wo sein Freund noch überall verletzt ist. Er muss ihn unbedingt hier wegschaffen. Der Alte muss sofort zu einem Arzt. Doch es sind bestimmt fünfzehn Meilen bis in die Stadt. Wie soll er das schaffen? Hoffentlich hat jemand die Schüsse gehört und kommt zu Hilfe! Er kniet sich hin und wuchtet stöhnend den Körper des Freundes auf die Schulter. Gut nur, das der Alte schlank und sehnig ist. Dann steht er keuchend auf und setzt einen Fuß vor den anderen, ihren Spuren im Schnee folgend. Plötzlich fängt er an zu rutschen. Im Schneetreiben übersieht er einen Hang. Er fällt mit der Last auf seinen Schultern auf den Boden und sich mehrmals überschlagend landet er in einer Senke. Das Blut pocht in seinem Schädel. Die rechte Körperhälfte brennt wie Feuer. Und sein Arm ist wie taub. Er hat nur noch einen Gedanken. Wenn er es nicht schafft, sich und seinen Freund hier aus der Wildnis zu bringen, werden beide jämmerlich zugrunde gehen. Also nimmt er alle Kräfte zusammen und wuchtet sich den Körper des Alten wieder auf die Schultern. Er schreit laut auf vor Schmerz, als er ihn aufnimmt. Stöhnend und vor Schmerz fast besinnungslos stolpert er vorwärts. Der hohe Schnee hier in den Bergen macht den Weg zum reinsten Martyrium. Mehrmals muss er den Freund absetzen. Und der bewegt sich immer noch nicht. Clay fühlt ihm den Puls. Er spürt ihn noch. Also weiter. Er ist schätzungsweise drei Meilen weit gekommen, als er zusammenbricht. Keuchend und stöhnend versucht er, wieder auf die Beine zu kommen. Doch eine gnädige Ohnmacht lässt ihn in tiefe Dunkelheit fallen.
Im Unterbewusstsein vernimmt Clay irgendwann ein Stimmengemurmel. Sein Schädel dröhnt, als wären tausend kleine Hämmer zugange. Langsam schlägt er die Augen auf. Blinzelnd versucht er, etwas zu erkennen. Er will den Kopf heben. Doch der ist wie mit Blei gefüllt. Dann fühlt er eine Hand auf seiner rechten Schulter, die ihn sanft drückt. Leise stöhnend greift er danach. Er spürt sofort, dass es die Hand seiner Betty ist. Erst jetzt merkt er, das er nicht im Schnee, sondern in einem weichen Bett liegt. Wie durch einen Nebel erkennt er ihr Gesicht, als sie sich über ihn beugt. Ein leichtes, erlösendes Lächeln überzieht ihr schönes Gesicht. Dann spürt er einen zärtlichen Kuss auf seiner Stirn, ehe er abermals in der Dunkelheit versinkt.
Das Geräusch einer knarrenden Tür lässt Clay aufwachen. Blinzelnd hebt er den Kopf. Und ist erleichtert, dass er das ohne Dröhnen und Hämmern in seinem Schädel fertig bringt. Er betastet ihn und fühlt einen dicken Verband. Und auch seine Rippen sind dick bandagiert. Überall am Körper spürt er Blessuren. Betty kommt ins Zimmer und setzt sich auf die Bettkante. „Na. Wieder von den Toten auferstanden“, lächelt sie und streicht ihm sanft über den Kopf. „Was für ein Glück, dass du wieder aufwachst.“
„Wie ... wie lange liege ich denn hier schon herum?“
„ Na, so vier Tage werden es wohl sein“, lächelt sie ihn an. „Ich habe dir eine heiße Brühe zubereitet. Die wird dir gut tun, mein Schatz. Du hattest noch großes Glück. Es hätte auch ganz anders ausgehen können.“ Und während Betty ihn füttert, erzählt sie Clay, was geschehen war.
Zwei Indianer, die mit ihren Hundeschlitten unterwegs waren, hörten entfernte Schüsse. Nun war es nichts Ungewöhnliches, dass in den Bergen geschossen wurde. Viele waren zu der Zeit auf der Jagd. Dass aber so schnell hintereinander Schüsse abgegeben wurden, machte sie stutzig. Sie liefen los, um zu sehen, was da los war. Im tiefen Schnee kamen sie nur langsam vorwärts. Als sie an die Stelle kamen, wo das Unglück geschehen war, wussten sie Bescheid. Anhand der Spuren folgten sie Clay und fanden ihn und den Alten bewusstlos im Schnee liegend. Sie schleppten die beiden zu ihren Hundeschlitten und brachten sie in die Stadt. Der Doc musste eine große Wunde am Kopf von Clay nähen. Die Haut war von der Stirn bis zum Hinterkopf aufgerissen und er hatte eine Gehirnerschütterung. Eine Rippe auf der rechten Seite war gebrochen und eine andere angeknackst. Am ganzen Körper stellte er Blutergüsse und kleinere Blessuren fest. Dagegen waren seine Wunden von den Krallen des Bären eher noch harmlos. Seinem Freund, den Trapper, hatte es schlimmer erwischt. Außer schweren
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