Auf eiskalter Fährte. Abrechnung im Yukon (German Edition)
Kopfverletzungen waren bei ihm drei Rippen gebrochen und am Bauch klaffte eine große Wunde. Der Doc meinte, es sei ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte nach diesem Blutverlust. Doch er konnte ihn hier in der Stadt nur vorübergehend verarzten. Der Verletzte musste in ein richtiges Hospital und wurde am nächsten Tag auf das Schiff nach Vancouver gebracht. Dort hatte man bessere Möglichkeiten, ihn zu behandeln. Trotz der langen Überfahrt war das Risiko geringer, als ihn hier zu behalten.
Leise stöhnend richtet sich Clay auf. „Verdammt, ausgerechnet jetzt musste das passieren. Jetzt kann ich alles vergessen.“ „Sei froh, dass du noch am Leben bist“, ruft Betty aufgebracht. „Ihr beide hättet tot sein können. Von einem Bär gefressen. Und man hätte nie wieder was gefunden von euch. Als ob dein Plan so wichtig wäre.“ Ihre Augen funkeln zornig. Clay zieht die Mundwinkel nach unten und macht ein mürrisches Gesicht. Doch was soll er erwidern? Sie hat ja recht. Er sollte froh sein, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist. Doch dass das alles seine Pläne zunichtemacht, gefällt ihm ganz und gar nicht. Jetzt ist er zwangsweise ruhiggestellt, und wer weiß, wann er wieder auf den Beinen ist? Doch es würde ihm nicht einfallen, Tage, oder sogar Wochen hier herumzuliegen.
Clay ist immer frustriert, wenn er sich etwas vornimmt und dann etwas dazwischen kommt. Das passt ihm nicht in den Kram. Da wird er trotzig wie ein kleines Kind. Und so ist er auch jetzt wieder mürrisch. Betty hat Mühe, ihn halbwegs aufzumuntern. Er möchte am liebsten sofort aufstehen. Langsam fängt er sich wieder, grinst sogar dünn, als der alte Henry hereinkommt und erleichtert ruft: „Na, da ist ja unser Halbtoter. Rangelt mit einem Bären im Wald herum! Kaum zu fassen. Hattet ihr nichts Besseres zu tun? Hast ja noch mal riesiges Glück gehabt, he? Tja, mein Junge. Da seit ihr ausgerechnet einem Bären über den Weg gelaufen, der aus dem Winterschlaf erwacht ist und verdammt großen Hunger hatte. Wie mir die Indianer erzählten, war der gerade an einer eurer Fallen zugange. Ein Fuchs kam gerade richtig als Leckerbissen. Und ihr hattet das Pech, dieses Dinner zu stören.“
„Tjaa, verdammtes Pech aber auch“, knurrt Clay. „Na gut, kann man nichts machen.“ Und so ist dieses Thema erst einmal vom Tisch. Betty kümmert sich aufopfernd um Clay. Seine Wunden heilen sehr gut. Und schon zwei Tage später hält er es im Bett nicht mehr aus. Er kann einfach nicht mehr herumliegen und spaziert durch die Gegend. Seine Rippen tun zwar noch weh und die Wunde am Kopf brennt, doch das hindert ihn nicht bei seinem Tatendrang.
Er begibt sich zu den Indianern, die nördlich der Stadt wohnen, und auch sie erzählen ihm die Geschichte. Sie berichten, dass sie nochmals zu dem toten Bären gegangen sind. Doch ein anderer Grizzly hatte sich schon an ihm gütlich getan. Wenn Bären hungrig sind, fressen die sogar ihre eigenen Artgenossen, erklären sie. Nur das Fell konnte noch gerettet werden. Sie wollen es ihm schenken, da er den Bären erlegt habe. Doch Clay winkt ab. Schließlich haben sie ihn und seinen Freund gerettet. Als Dank sollen sie das Fell behalten.
Dann begibt sich Clay in den Red Onion Saloon. Neugierig will er sich das Etablissement ansehen, wo seine Betty arbeitet. Sie hat nicht übertrieben. Wirklich der feinste Saloon, den er bisher gesehen hatte. Er stellt sich an die lange Theke und bestellt sich ein Bier. Viele Gäste sind zu dieser Stunde nicht anwesend. Erst gegen Abend wird es voller. Als er genüsslich an seinem Whisky schlürft, kommt eine Frau auf ihn zu. Ein langes, blaurotes Kleid umschmeichelt ihren Körper. Obwohl sie schon etwas in die Jahre gekommen ist, sieht sie sehr gut aus und strahlt Charme und Eleganz aus. Clay steht von seinem Platz auf, zieht den Hut und bietet ihr höflich einen Stuhl an. Sie stellt sich als Miss Aileen vor und fragt ihn, ob es ihm hier gefalle. Clay nickt anerkennend: „So stelle ich mir einen richtigen Saloon vor.“
„ Dann haben wir ja denselben Geschmack“, lächelt Miss Aileen. „Auch ich liebe gepflegte Saloons. Da pulsiert doch das Leben, nicht wahr?“ Und dann fragt sie, ob er auch zu den Goldgräbern gehöre, die ihr Glück suchten. „Um Gottes willen, nein!“, lacht Clay laut. Und erzählt ihr von sich und seiner Betty. „Ohhh, dann sind sie also derjenige, von dem Betty so schwärmt? Na, sie hat mir von ihnen erzählt und sie muss ja sooo sehr verliebt
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