Auf ewig und einen Tag - Roman
Schaukel auf, kauften ein Schaukelpferd und Gänse- und Elfenfiguren für den Rasen.«
»Ja, schon.« Eve schwieg einen Moment, dann fuhr sie mit weicher Stimme fort: »Es ist unmöglich, Teenager zu lieben, wenn man sie nicht schon als kleine Kinder geliebt hat. Und vielleicht ist es mit alten Leuten genauso, wenn man sie nicht von Anfang an geliebt hat. Wenn wir sechs statt sechzehn wären, wäre es sicher anders.«
»Wahrscheinlich«, sagte ich. Aber ich erinnerte mich, als sie zu Daddys Beerdigung gekommen waren, hatte mich Georgia in die Arme genommen und mir beruhigend ins Ohr geflüstert. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie uns nie als Teenager gesehen hätten und wir uns aus der Ferne hätten lieben können. Vielleicht hätten sie sich ein Bild aus der Zeit bewahrt, als sie uns zum ersten Mal gesehen hatten, als Eve und ich »White Coral Bells« im Duett sangen und gegenseitig unsere Sätze beendeten, um sie zum Lachen zu bringen. »Aber was ist, wenn sie uns wirklich wollen?«
Eve schwieg einen Moment und nahm dann meine Hand. Ihre Finger waren kalt und trocken. »Es kommt nicht darauf an, was sie wollen«, sagte sie. »Ich sagte dir doch, dass ich einen Plan habe.«
Ich saß mit aufgestütztem Kinn in meiner Bank und betrachtete Leslie vor mir, ihren zu engen Pullover über ihrer zu engen Jeans. Sie sah wie ein Mädchen aus, das unterm Rock keine Unterhosen trägt.
»›Sofort darauf‹«, las Mr. Suter vor und ging dabei vor der Klasse auf und ab, »›wurde die Gesellschaft von unaussprechlicher Bestürzung gepackt, als er auf die Füße sprang, sich laut hustend mehrmals in einem entsetzlichen krampfartigen Tanz um die eigene Achse drehte und aus der Tür stürzte.‹« Er hob den Kopf und grinste uns an, als erwarte er eine Reaktion. Die Klasse starrte auf ihn zurück und wartete, dass die Uhr auf drei vorrückte.
Mr. Suter war ein korpulenter Mann. Nicht nur korpulent, sondern massig, sein Bauch wölbte sich stattlich vor. Ich hatte es früher immer irgendwie süß gefunden, wie er sich über die dämlichsten Dinge so freuen konnte. Inzwischen fand ich es einfach traurig, als würde er bloß irgendein Klischee bedienen. Und heute fand ich es sogar noch trauriger, weil ich mich kaum darauf konzentrieren, geschweige denn darüber lachen konnte.
»Kapiert ihr’s denn nicht?«, fragte er. »Dickens war die Sitcom des neunzehnten Jahrhunderts! Die Leute kauften ihre Sonntagszeitungen und schlugen als Erstes seine Geschichte auf, vielleicht in erster Linie, weil sie lachen wollten, aber sicher auch, weil die Charaktere sie fesselten!«
Leslie schrieb eifrig mit. Ich spähte auf ihr Blatt. Dickens … 19 . Jahrhundert … Sonntagszeitungen … zuerst lachen, dann Charaktere. Mein Gott, sie schrieb alles auf. Flachhirn schrieb ich in mein Heft, umkringelte das Wort und strich es dann aus.
Drei, zwei, eins - die Glocke. Endlich. Die Schüler steckten die Bücher in ihre Taschen, ungeachtet dessen, dass Mr. Suter noch mitten im Satz war. Nur Eve und ich blieben in unseren Bänken. Wir sahen uns an, dann nickte ich. »Gehen wir.«
»Glaubst du, sie sind daheim?«
»Mrs. Caine ist eigentlich immer daheim. Es muss einfach
klappen, sonst haben wir Bert und Georgia ganz umsonst schlechtgemacht.«
Eve zuckte die Achseln. »Hör zu, die Frage ist, wen sie lieber mögen, uns oder Bert und Georgia - dafür musst du dein Hirn nicht besonders anstrengen -, und wem sie mehr glauben. Und wir waren gut gestern Abend. Ich hab mir schon richtig selbst leidgetan.«
Ich versuchte zu lächeln. »Du warst wirklich gut. Mir hast du auch leidgetan.«
Schweigend gingen wir heim und standen vor der Tür der Caines, unschlüssig, ob es richtig wäre, dies als unser Zuhause zu betrachten.
Plötzlich zog mich Eve am Arm und deutete auf das Panoramafenster. Bert und Georgia hatten uns den Rücken zugekehrt. Mrs. Caine saß auf dem Sofa auf der gegenüberliegenden Seite des Raums und schenkte Tee ein, Mr. Caine griff nach einem Plätzchen. Während wir zusahen, lachte Mrs. Caine, und Georgia warf kichernd den Kopf zurück und rief: »O nein!«
Eve sah mit starrem Blick zu und sagte dann zu mir: »Ich bin gleich wieder zurück. Du bleibst hier.«
Ich nickte und beobachtete, wie Bert aufstand und eine Tasse Tee entgegennahm. »Sie muss sich mindestens fünfmal umgezogen haben«, sagte er. »Als ich nachsehen ging, stand sie vor dem Spiegel, neues Kleid, neuer Hut, neue Handschuhe.«
Eve lief über den Rasen,
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