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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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könnte. Ich bin sicher, er ist begeistert, dass du hier bist. Komm rein.«

    Ohne es zu wollen, sah ich ihre seltsam flachen Brüste unter dem Pullover und ihren lose herunterhängenden Hosenboden. Wenn man sie schüttelte, würden ihre Knochen vermutlich klappern wie eine Rassel.
    »Entschuldige bitte die Unordnung«, sagte sie, als sie die Tür öffnete. »Wir haben kaum noch Gäste, und Putzen gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.«
    Wie bizarr, die Beiläufigkeit des Ganzen, als wäre ich eine Freundin, die zufällig zu Besuch gekommen war. Ich spürte einen Druck in meiner Brust, als wären Herz und Magen eine einzige feste Masse, und wollte einfach nur sagen, scheiß doch auf alles, und sie so eng an mich ziehen, damit ich sie wieder spüren konnte. Doch es war offensichtlich, wenn ich das täte, würde sie sich losreißen.
    Es war wie ein verworrener Traum, dieser Flur, der jetzt ins Haus von jemand anderem führte, die untere Treppenstufe, wo ich gelernt hatte, mir die Schuhe zuzubinden, während Eve über mir stand und mir erklärte, wie ich die Bänder halten musste. Die Diele war jetzt mit viktorianischen Gegenständen dekoriert und roch sogar anders, nach altem Essen, wie in einem Motel-Restaurant. Sie war zu etwas ganz anderem geworden, und plötzlich kannte ich mich gar nicht mehr aus. Wo ging es in die Küche? Wohin führte diese Treppe?
    Wir gingen in den Hobbyraum, der mit einem weißen Krankenhausbett zugestellt war. Eve setzte sich auf das Bett, ich stand daneben und versuchte, nicht auf den klapprigen Rollstuhl zu starren, an dessen Stelle früher ein Schaukelstuhl gestanden hatte. Als ich mich davon abwandte, griff sie nach meinem Handgelenk, hielt es einen Moment lang fest, dann ließ sie ihre Hand fallen. »Gillian ist drüben bei Mom und Dad«, sagte sie.

    Einen Augenblick lang hatte ich Angst, die Krankheit hätte ihr Gehirn verwirrt, doch dann wurde mir mit einem schmerzlichen Gefühl klar, dass sie mit Mom und Dad die Caines meinen musste. »Wie geht es ihnen?«
    »Wie immer, Dad rettet die Fahrräder und Mom die Welt. Sie kümmern sich jeden Tag nach der Schule um Gillian. Sie sind absolut unentbehrlich, jetzt, wo ich auf dem letzten Loch pfeife und Justin sich oben mit seinen Büchern verkriecht. Da ist er jetzt auch, für den Fall, dass du dich fragst, was du natürlich tust. Er ist oben und schreibt oder starrt aus dem Fenster. Was er anscheinend beides für gleichermaßen produktiv hält.«
    Justin war oben. Ich griff nach der Decke am Fußende des Bettes und legte sie um meine zitternden Schultern.
    »Schau dich an. Du findest, ich sehe beschissen aus, richtig? Manchmal erhasche ich einen Blick von mir im Spiegel und denke, irgendein Cracksüchtiger sei ins Haus eingebrochen.« Sie zuckte die Achseln. »Aber ich fühle mich besser, als ich aussehe. Das sind Überbleibsel von der Chemo, aber nachdem ich die jetzt hinter mir habe, werde ich wieder kräftiger, wahrscheinlich gerade rechtzeitig, um dann ins Gras zu beißen.«
    »Du siehst nicht schlecht aus«, antwortete ich und wusste, wie sich das anhörte, eine hohle Floskel, als wollte man ein junges Mädchen überzeugen, dass seine Hakennase und seine Hasenzähne eigentlich süß aussehen.
    »Sieh her«, sagte Eve mit fröhlich blitzenden Augen, die einen Moment lang wieder so wurden, wie ich sie kannte. Sie griff nach einem Knopf an der Seite des Betts. Aus dem oberen Stockwerk ertönte ein Klingeln. »Das Ding hat alle Schikanen. Nicht, dass ich die schon brauchen würde, aber in ein paar Wochen werden sie nützlich sein, wenn ich nicht mehr die Kraft
habe, sie nach unten zu rufen, damit sie mir beim Sterben zusehen können.«
    »Eve …«
    »Kannst du ein paar Wochen warten? Nun, vielleicht sind’s auch nur ein paar Tage, oder vielleicht Monate, das weiß keiner. Macht die Sache irgendwie aufregend, nicht? Wie Lotterie spielen. Justin ist losgegangen und hat dieses verdammte Bett und den Rollstuhl gekauft, statt sie zu mieten. Wahrscheinlich hat er gedacht, dann würde ich länger leben. Ich glaube, er konnte mit der Vorstellung nicht umgehen, die voraussichtliche Mietdauer schätzen zu müssen.« Sie grinste mich an, eher eine Dehnung der Lippen als ein Lächeln.
    Ich schüttelte den Kopf. »Bitte nicht.«
    »Schon gut, ich will auch nicht darüber reden, es ist sinnlos. Deshalb hat Justin dich angerufen, schätze ich. Er glaubt, es gibt etwas, was ich lernen könnte, oder irgendeinen Frieden, den ich

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