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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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Honig-Shampoo, das Mrs. Caine offensichtlich immer noch herstellte. Ich dachte an die Orte in diesem Haus, die unwiderlegbaren Beweise unserer Kindheit: die Wäscherutsche im vorderen Gang, die Daddy zugenagelt hatte,
nachdem Eve heruntergefallen war, die Erinnerung an Eves gellendes Geheul und die vernagelten Bretter, beides kostbar. Die Striche im Wandschrank, die unsere Größe anzeigten: keine Namen, nur Jahresangaben, denn Eve und ich waren immer gleich groß gewesen.
    Und dann dachte ich an Eve und wollte die Augen nicht aufmachen. Wollte hierbleiben, verborgen hinter meinen geschlossenen Lidern, in meiner eigenen Welt, wo die Dinge wenigstens vertraut waren, wenn sie sich schon nie so anfühlten, als wären sie in Ordnung.
    Der Klang von Gillians Stimme aus dem unteren Stockwerk ließ mich schließlich aufstehen. Ich zog mich schnell an, ging hinunter und folgte den Geräuschen aus der Küche, wo Eve mit dem Rücken zu mir Erdnussbutter auf Brot strich. Ich stand an der Tür und hörte zu.
    »Wie sieht es aus?«, fragte Gillian.
    »Es ist schön, Gillian, große Steingebäude und ruhig wie in einer Kirche. Alle Leute laufen mit Armen voller Bücher herum oder sitzen im Hof und diskutieren über Physik.«
    »Physik?«
    Eve lächelte. »Physik ist eine Naturwissenschaft. Ich weiß auch nichts darüber, außer dass man sehr intelligent sein muss, um darüber zu diskutieren.«
    »Warum bist du nicht dorthin gegangen?«
    »Weil ich nicht zu diesen ganz schlauen Leuten gehöre. Ich hab mich einfach nie genug um die Schule gekümmert, als dass mir je in den Sinn gekommen wäre, aufs College zu gehen. Aber du, du bist schlauer als ich. Eines Tages wird in den Broschüren des Colleges stehen: ›An dieser Universität graduierten Berühmtheiten wie die bedeutende Gillian Caine.‹«

    »Ha-ha«, erwiderte Gillian, dann fiel ihr Blick in meine Richtung. Ein harter Ausdruck trat auf ihr Gesicht, und sie wich zurück. »Wir sollten bald gehen.«
    »Meinst du, Miss Jasper macht es was aus, wenn ich den Naturschutzkurs heute Nachmittag versäume? Ich denke, ich lass ihn ohnehin sausen. Vögel und Blumen interessieren mich nicht mehr so, zumindest nicht so sehr wie sie. Himmel, ich glaub, sie haben mich noch nie interessiert. Ich meine, wen schert es schon, ob wir irgendein dürres Gras verlieren? Dein Dad hat mich gezwungen, dort mitzumachen, um mich zu beschäftigen. Entweder dabei oder beim Quilting-Kreis, und diese alten Frauen, die Stoff zerschnitten und dann wieder zusammennähten, haben mich absolut in den Wahnsinn getrieben.«
    Gillians Blick ruhte noch immer auf mir. Ich versuchte zu lächeln, das breite, künstliche Lächeln, das man kleinen Kindern schenkt, um ihnen verständlich zu machen, dass man es gut mit ihnen meint. Ihr Mund zuckte, und sie sah zu Eve auf. Eve drehte sich um und zog die Augenbrauen hoch, als sei sie überrascht, dass ich noch immer in ihrem Haus war. »Also bist du aufgestanden«, sagte sie.
    »Gehst du weg?«
    »Wir nehmen die Fähre nach Connecticut. Justin und ich haben uns vor ein paar Jahren Yale angeschaut, als wir auf einer Lesereise waren. Ich hab Gillian versprochen, mit ihr dort hinzufahren, wenn es mir wieder besser geht. Also warum nicht heute?«
    Ich wartete, dass sie mich bat mitzukommen. Vielleicht dachte sie, es wäre gut, ein bisschen Zeit mit mir außerhalb dieser bedrückenden Mauern zu verbringen. Aber sie packte nur die Sandwiches in Papiertüten und wandte sich an Gillian. »Wir sollten lieber los. Die Fähre danach geht erst mittags.«

    Ich musterte ihr Gesicht. Es war immer noch Eve, das konnte ich heute an Kleinigkeiten erkennen, die ich gestern nicht bemerkt hatte: das gleiche schiefe Lächeln, den gleichen abrupten, aber anmutigen Schwung der Hüften beim Gehen. Aber irgendwie anders, etwas fehlte, wie Lack, der von einem Tisch abgerieben worden war. Sie ging an mir vorbei mit Gillian im Schlepptau und holte Mäntel aus dem Dielenschrank.
    »Wann kommt ihr denn wieder zurück?«, fragte ich.
    »Ich bin mir nicht sicher. Aber wartet nicht mit dem Essen, ich esse ohnehin nicht viel, und für Gillian kauf ich was bei McDonald’s. Justin ist in die Stadt gegangen, die Zeitung holen, aber er kümmert sich um dich, wenn er wieder hier ist.«
    Gillian drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht war ausdruckslos und starr, dann nahm sie die Hand ihrer Mutter und ging zur Tür hinaus.
    Einen Moment lang stand ich unbeweglich da, ganz benommen von dem seltsamen Gefühl, der Raum

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