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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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hatten, sie könnten einen Körper in Stücke reißen, ihn vernichten. Ich wandte mich schnell ab. »Hast du je Albträume?«, fragte ich.
    Er musterte mich kurz und sah dann wieder auf die Brandung hinab. »Eve hat welche. Sie sagt nicht, was sie wach hält, aber ich schätze, ich weiß es.«
    »Ich habe Albträume. Ich meine, manchmal sind sie so schlimm, dass ich mich buchstäblich übergeben muss. Es ist unheimlich, wie man seinen täglichen Pflichten nachgehen kann, ohne daran zu denken, bis etwas passiert und dich plötzlich wieder daran erinnert, oder bis du eingeschlafen bist und deine Abwehr nicht mehr funktioniert. Es zeigt, dass es wahrscheinlich ständig auf dir lastet, du gleitest über die Oberfläche hinweg und versuchst, nicht nach unten zu schauen.«
    »Eve sagt, es sei wie ein Tier mit Klauen, das ihr ständig in den Bauch schlägt, wenn sie zu schlafen versucht. Sie schließt die Augen, und diese Klaue bohrt sich in sie hinein und sagt: Hey, nicht so schnell. Sie ist so krank, und ihr Kopf hält immer dennoch daran fest.«
    »Nun, sicher tut er das.« Ich sah ihn an. »Deiner nicht?«
    »Nicht mehr. Ich meine, ich denke darüber nach.« Er zuckte die Achseln. »Aber nicht mehr auf dieselbe Weise.« Unsere Blicke trafen sich kurz, und ich sah Angst darin aufflackern, bevor sich seine Züge anspannten. »Wir sollten uns auf den Rückweg machen. Gillian kommt bald nach Hause.«
    Ich hielt den Blick gesenkt, als wir zurückgingen. Ich wollte nichts sehen, das mich wieder in die Vergangenheit zurückreißen würde. So viele Orte hier auf der Insel warteten bloß darauf,
dass ich sie bemerkte, damit sie meine Erinnerungen erneut zum Leben erwecken konnten.
    Wortlos öffnete Justin die Tür und ging hinein. Kurz bevor er die Treppe erreichte, drehte er sich endlich zu mir um. »Wir waren Kinder, Kerry.« Sein Tonfall klang fast flehentlich.
    Doch es war eine zu schlichte Rationalisierung einer Sache, die nicht rationalisiert werden sollte. All die Zeit hatten wir nie darüber geredet, und selbst jetzt nur oberflächlich und vage: in dieser Nacht; es; was wir getan haben. Als wir in jener Nacht in seinem Wagen saßen, hatte Justin uns gesagt, wir sollten an unseren Vorstellungen festhalten, bis sie wahr werden würden. War es das, was er all die Jahre lang getan hatte?
    Ich musterte sein Gesicht und versuchte, einen Hinweis, irgendeinen Makel aus der Vergangenheit zu entdecken, wie gering er auch sein mochte. In seinem Gesicht sollten sich zumindest Reste von Entsetzen, wenn nicht gar Schuld abzeichnen, aber da war nichts. Nur die inständige Bitte an mich, nicht weiterzureden.
    »Könnte mir jemand mal hier helfen?«, rief Eve aus der Küche.
    Ich reichte ihm die Geschenkpakete. »Ich gehe.«
    »Du kannst dich nicht ewig davon quälen lassen. Es bringt dich um.«
    »Ich hab Schlimmeres durchgestanden«, antwortete ich und wandte mich ab.
    In der Küche stand Eve vor einer großen Rührschüssel. »Wo ist Justin?«
    »Er ist nach oben gegangen. Was machst du?«
    Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Morgen ist Gillians Geburtstag.«

    Ich lächelte. »Wir haben gerade Geschenke gekauft.«
    »Ah, Gott sei Dank. Was würde ich bloß ohne dich machen.«
    Ich sah sie kurz verständnislos an und schüttelte dann den Kopf. »Okay. Okay, ich hab’s satt. Wir schließen einen Waffenstillstand.«
    »Ich wusste gar nicht, dass wir Krieg führen.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch, und Eve zuckte die Achseln. »Wie auch immer«, sagte sie. »Es ist mir egal, ich bin zu müde dafür.«
    »Oh, gut. Das war genau die Reaktion, die ich mir gewünscht habe.«
    Eve sah mich an und wandte dann den Blick ab.
    Ich räusperte mich. »Du backst also einen Kuchen?«
    »Und Törtchen für die Schule. Ich brauch dich nur, um die Mischung beizugeben. Beim Geruch von künstlicher Schokolade wird mir schlecht. Sie hat diesen plastikartigen Beigeschmack, der mich ans Krankenhaus erinnert. Wie Latex oder selbst haftende Binden.«
    Ich öffnete die Tüte mit Backmischung und schüttete sie in die Schüssel mit Eiern und Milch. Eve stand am anderen Ende des Raums und sah zu. »Gott, ich kann’s bis hier riechen. Wenn’s erst mal im Ofen ist, sterbe ich vielleicht. Ich will dich bloß warnen.«
    »Wir lassen die Küchentür zu.«
    Sie öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus, um frische Luft zu schnappen. »Gewöhnlich backen wir ihren Kuchen zusammen, Gillian und ich. Es ist dieses alberne, herrliche Ritual, jede nimmt

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