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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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nicht«, antwortete sie und blickte zu mir auf. »Oder? Ich meine, gibt es die geringste Chance, dass sie so lange durchhält?«
    »Sie ist eine wirklich starke Person«, sagte ich und fügte lächelnd hinzu: »Wenn es jemand schaffen kann, dann deine Mom. Wir sagen es deinem Dad und wünschen uns das alle, ja? Wenn es eine Chance gibt, Wünsche wahr werden zu lassen, tun wir alles, damit dieser in Erfüllung geht.«

    Wir saßen auf dem Rasen, Justin, Eve, die Caines und vier Schulfreundinnen von Gillian, und sahen zu, wie Gillian ihre Geschenke auspackte. Gillian umarmte uns und klatschte bei jedem Geschenk in die Hände, genau wie es von ihr erwartet wurde. Ihre Bitterkeit vom Tag zuvor schien spurlos verschwunden zu sein.
    Ich stopfte das letzte weggeworfene Einwickelpapier in eine Tüte, dann drehte ich mich um, um Eve anzusehen, die mit einer Decke um die Schultern in einem Liegestuhl lag. Wie war es für uns gewesen, zwölf zu werden? Das letzte Jahr der Kindheit, das erste Jahr, als unsere Geschenke mehr in Richtung von Kleidern und Musik als Spielzeug gingen, das Jahr, in dem wir begannen, BHs zu tragen, unsere Periode bekamen und die ersten sexuellen Gefühle sich regten. Es bedeutete, wie Eve damals sagte, dass wir genauso lange ohne unsere Mutter wie mit ihr gelebt hatten. Und das hatten wir als eine Art Sieg betrachtet, als hätte es bewiesen, dass wir keine Mutter mehr brauchten.
    Aber so war es bei uns gewesen. Dieses kleine Mädchen, das jetzt mit geröteten Wangen die Ohrringe auspackte, die ich ihr geschenkt hatte, wusste mit zwölf unendlich viel besser, was Verlust bedeutete, als wir damals. Und brauchte an diesem wichtigen Wendepunkt des Lebens mindestens genauso sehr eine Mutter.
    »Die sind toll«, sagte sie und sah mich schüchtern an. »Wirklich toll.« Sie strich über die Reifen aus winzigen Perlen, dann stand sie auf und umarmte mich kurz.
    Ich tätschelte ihre Hand. Der rosa Nagellack, den sie heute Morgen aufgetragen hatte, war bereits abgenagt. Aufmerksam beobachtete Justin uns von gegenüber, und seine Gedanken waren so deutlich und unverstellt von seinem Gesicht abzulesen,
dass ich Gott dankte, dass Eve ihn nicht sehen konnte. Offensichtlich wusste er genau, was dort draußen umging - das Gespenst der Möglichkeit. Und genau wie ich bemühte er sich sehr, es nicht herbeizuwünschen.

13
    Justins Büro schien mir vollkommen unbrauchbar zu sein. Es herrschte ein genauso großes Durcheinander wie früher in seiner Töpferwerkstatt, und an jedem erdenklichen Ort lagen Papiere verstreut. Jeden Abend, bevor ich schlafen gehen konnte, musste ich erst die Papiere, die er auf meinem Bett ausgebreitet hatte, einsammeln und in Stapeln auf dem Rollpult deponieren, um sie am nächsten Abend genauso unordentlich wieder auf meinem Bett vorzufinden. Es war auf eine ärgerliche Weise komisch.
    Justin saß gerade über seinen Schreibblock gebeugt am Pult. Die Endfassung tippte er unten in den Computer, aber die ersten Entwürfe wurden immer mit der Hand verfasst. Ich beobachtete von der Tür aus, wie er mit breiter, schwungvoller Schrift schrieb und offensichtlich auf drei Blättern gleichzeitig arbeitete. Wie Mozart beim Komponieren einer Symphonie, halb trunken und halb verrückt.
    Ich warf einen Blick auf den goldenen gerippten Füller, den er benutzte, und der so dick wie ein Daumen war. War es der Füller, den ich ihm ein Jahr vor meinem Weggang zu Weihnachten geschenkt hatte? Ich spürte eine Art Kribbeln im Bauch, als ich mich erinnerte, welchen Spaß es gemacht hatte, ihn auszusuchen, zu sehen, wie er mit der Post kam, ihn zu beobachten, wie er ihn auspackte und zum ersten Mal auf einem Stück Weihnachtspapier ausprobierte: ICH LIEBE KERRY BARNARD. Vielleicht
dachte er jedes Mal an mich, wenn er ihn benutzte. Vielleicht auch nicht. Vielleicht gefiel er ihm einfach nur.
    Lächelnd erinnerte ich mich, wie ich neben Justin auf dem Bett lag, während er schrieb. Aus irgendeinem Grund, womöglich weil ich Aufmerksamkeit brauchte, legte ich damals meine Hand auf den Schreibblock, und er tat so, als würde er es nicht bemerken, und schrieb einfach über meine Hand hinweg. Über die Baumreihe hinweg, hatten die Wörter geheißen. Den ganzen nächsten Tag hatte ich in der Schule vollkommen glücklich auf diese Wörter hinabgeblickt und das Gefühl gehabt, irgendwie Teil seines Schreibens geworden zu sein.
    Während ich ihn jetzt beobachtete, spürte ich, wie sich etwas in meiner Brust verkrampfte. Ich

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