Auf ewig unvergessen
Mir ist es fast wieder hochgekommen.«
»Und?«
»Du meinst, ob ich glaube, dass er es getan hat?« Betsy schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Page ist davon überzeugt, aber entweder hat mir Darius gestern eine oskarreife Vorstellung geboten, oder er ist unschuldig.«
»Also haben wir hier einen klassischen Fall von: Wer ist der Täter?«
»Vielleicht.«
Außerhalb ihres Gesichtsfeldes öffnete sich mit einem Knacken ein schweres Schloss. Betsy reckte den Hals und sah, wie Darius von einem Wachbeamten in den schmalen Raum vor den beiden Besucherzimmern geführt wurde. Nachdem ihr Klient in einem der beiden Räume eingeschlossen war, ließ der Beamte Betsy und Stewart in das Besuchszimmer und sicherte dann die Tür, durch die sie gekommen waren. Nachdem er sie mit Darius eingeschlossen hatte, verließ er den Besuchsbereich durch die Tür, durch die er ihn betreten hatte.
Das Besuchszimmer war klein. Den meisten Raum nahmen ein runder Tisch und drei Plastikstühle ein. Auf einem der Stühle saß Darius. Als Betsy den Raum betrat, stand er nicht auf.
»Wie ich sehe, haben Sie einen Leibwächter mitgebracht«, bemerkte Darius und musterte Stewart eingehend.
»Das ist Reggie Stewart, er stellt Nachforschungen für mich an. Das ist Martin Darius«, stellte Betsy die beiden vor.
»Sie haben nur eine Person dafür?« fragte Darius und übersah Reggies ausgestreckte Hand. Stewart zog seine Hand langsam zurück.
»Reggie ist sehr gut. Ohne ihn hätte ich den Hammermill-Prozess nicht gewonnen. Wenn ich zu der Überzeugung komme, dass ich weitere Leute brauche, werde ich sie einstellen. Hier ist eine Kopie der Anklage.«
Darius nahm das Blatt und las.
»Page erhebt bei jedem der Opfer unter verschiedenen Punkten Anklage: Tötung eines Menschen in Verbindung mit Entführung; Folterung bis zum Tode; Mord. Wenn er auch nur mit einem davon durchkommt, dann wird der Prozess eröffnet. Und dann geht es um den Schuldspruch.
Dann, im Hauptprozess, muss der Staatsanwalt die Geschworenen davon überzeugen, dass Sie vorsätzlich gemordet haben, dass eine Provokation durch die Opfer, wenn es sie gegeben haben sollte, keine mildernden Umstände bedingt und dass die Möglichkeit besteht, dass Sie auch in Zukunft eine Gefahr darstellen. Wenn die Geschworenen diese drei Fragen vorbehaltlos mit ja beantworten, dann werden Sie zum Tode verurteilt. Wenn es nicht einen mildernden Umstand gibt, der einen der Geschworenen davon überzeugt, dass kein Todesurteil gegen Sie verhängt werden sollte.
Wenn einer der Geschworenen eine Frage mit Nein beantwortet, dann entscheiden sie, ob Sie lebenslänglich ohne die Möglichkeit eines Gnadengesuchs bekommen oder lebenslänglich mit einer Begrenzung auf dreißig Jahre mindestens. Soweit alles klar?«
»Ja, Mrs. Tanenbaum«, bestätigte Darius und blickte Betsy mit amüsiertem Lächeln an. »Warum verschwenden Sie Ihre Zeit, mir den Prozessablauf zu erklären? Ich habe diese Frauen nicht entführt, gefoltert oder umgebracht. Ich erwarte, dass Sie das den Geschworenen erklären.«
»Was war mit Hunters Point?« wollte Betsy wissen. »Das wird bei Ihrem Prozess eine große Rolle spielen.«
»Ein Mann namens Henry Waters war der Mörder. Er wurde bei der Festnahme erschossen. Man hat die Leiche eines seiner Opfer verstümmelt in seinem Keller gefunden. Jeder weiß, dass Waters der Mörder war. Der Fall wurde abgeschlossen.«
»Warum ist Page dann überzeugt, dass Sie die Frauen in Hunters Point umgebracht haben?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich war ein Opfer, verdammt noch mal. Das habe ich Ihnen schon gesagt. Waters hat Sandy und Melody umgebracht. Ich war in der Sonderkommission, die die Morde untersucht hat.«
»Wie kam das?« fragte Betsy überrascht.
»Ich habe mich freiwillig gemeldet. Ich war ein guter Anwalt und habe eine Menge Strafsachen vor Gericht ausgetragen. Ich war der Meinung, dass meine Kenntnis der kriminellen Denkweise von Nutzen sein könnte, und der Bürgermeister gab mir recht.«
»Warum haben Sie hier in Oregon keine Rechtsanwaltspraxis aufgemacht?«
Darius' Lächeln verschwand. »Wieso ist das von Interesse?«
»Es erweckt den Eindruck, dass sie etwas verheimlichen. Ebenso wie die Tatsache, dass Sie Ihr Haar schwarz färben.«
»Meine Frau und mein Kind wurden umgebracht, Mrs. Tanenbaum. Ich habe sie gefunden. Diese Morde waren Teil meines alten Lebens. Als ich hierher kam, hatte ich die Chance, neu anzufangen. Ich wollte mein altes Gesicht nicht im Spiegel
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