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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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worden, unter ihnen Godwins bester Freund Thomas Holcroft. Durch einen glänzend argumentierenden Zeitungsartikel entkräftete er die Anklage schon vor dem Prozeß und rettete den Angeklagten damit wohl das Leben.

    34  William Godwin. Ölgemälde von
James Northcote, 1802.
    Der »kühne Weltumsegler im Reich der Ideen, der politische und soziale Umstürzler und Umwerter von Theorien«, wie Helene Simon William Godwin in einem klugen Buch genannt hat, führt ein äußerst dizipliniertes Leben nach der Uhr. Von seinen Einkünften hat er sich ein kleines Haus kaufen könne, lebt aber im übrigen so bescheiden wie zuvor. Morgens kommt eine ältere Frau, die ihm den Haushalt führt und einen Hammelbraten in den Ofen schiebt, bevor sie geht. Er steht zwischen sieben und acht Uhr auf. Vor dem Frühstück liest er einen Klassiker. Von neun bis zwölf schreibt er, nicht leicht, er ist ein langsamer, gewissenhafter Arbeiter, der manchmal gar nichts oder nur ein paar Zeilen aufs Papier bringt. Den Rest des Tages verbringt er mit Lesen, Spazierengehen, in Gesellschaft, im Theater. Von 1788 bis zu seinem Tod 1830, 34 Jahre lang, notiert er jeden Abend knapp Lese- und Arbeitspensum, außerdem die Namen der Freunde und Bekannten, mit denen er zusammen war, selten auch einmal ein besonderes Ereignis.
    Er ist mit einigen gescheiten, attraktiven Frauen gut befreundet, der gefeierten Schauspielerin Mrs. Siddons, der Schriftstellerin Elisabeth Inchbald und der reizenden Amelia Alderson, eine eheliche »Kohabitation« aber scheut er wie der Teufel das Weihwasser. Eine Junggesellenphilosophie! »Die Wohngemeinschaft gefährde die Erweiterung der Erkenntnis, die Unabhängigkeit des Denkens und die Festigkeit des Handelns. Auch sei es Torheit, die Möglichkeit dauernder Übereinstimmung zweier Menschen in Ansichten und Gewohnheiten anzunehmen. Die Verpflichtung des Zusammenlebens bedeute deshalb ein unvermeidliches Maß an Widerwärtigkeiten, Zänkereien und Unglück: ›Niemand ist immer heiter und gütig, und es ist immer besser, daß jeder seine Ärgernisse mit sich abmacht. Sie tun dann weniger Schaden, und die Gereiztheit wird nicht gesteigert durch den Widerstreit verschiedener Stimmungen und die Einflüsterungen verwundeten Stolzes. Versuche ich die Fehler eines Fremden zu verbessern, so geschieht es immer höflich und freundlich. Ich denke nicht daran, ihn durch Grobheiten oder Beleidigungen zu überzeugen. Aber etwas hiervon ist bei ständigem Zusammenleben unvermeidlich.‹«
    Das ist zwar alles nicht falsch, aber doch auch vorgeschoben. Zugrunde lag Godwins Berührungsangst die quälende Überzeugung körperlicher Minderwertigkeit und Schwäche, wie ich vermute. Klein, schmächtig und gewissermaßen kopflastig, war er schon äußerlich der Prototyp eines Intellektuellen. In seiner Kindheit und Jugend wird er durch rohe Kameraden wahrscheinlich viel zu leiden gehabt haben. Seinen ganzen Haß auf den Typus des geistverachtenden, herkulisch gebauten bully hat er in Caleb Williams auf die Figur des Squire Mr. Tyrrell abgeladen, der über einen kleineren und schwächeren Nachbarn verächtlich sagt: A puny bit of a thing! In the devil's name, madam, do you think he would write poetry if he could do any thing better? [ 56 ]
    In seiner Philosophie, die radikal auf Geist und Vernunft gestellt ist, suchte Godwin seine Schwäche in Stärke zu verwandeln. »Es bedarf nur der Vervollkommnung der Denkfähigkeit, um den Menschen glücklich zu machen.« Helene Simon hat treffend von der »Vermoralisierung aller Körperlichkeit« gesprochen.
    * * *
    Ein paar Tage nachdem Godwin und Mary einander bei Mrs. Hays getroffen haben, sehen sie einander in einer Gesellschaft bei Christies wieder. Wenig später beginnt er mit der Lektüre ihres skandinavischen Reisebuches, das »so unwiderstehlich zum Herzen spricht, wie vielleicht kein anderes, das jemals die Presse verlassen hat«, wie er in seinen Erinnerungen an Mary schreibt. »Von der Härte und Rauheit, die sich gelegentlich in ihrer Verteidigung [der Rechte der Frau] geltend macht, ist hier keine Spur zu finden. Wenn je ein Buch geeignet war, einen Mann in die Autorin desselben verliebt zu machen, so scheint es mir dieses zu sein.« Am 25. Januar kommt er bis Seite 78 von M. Wolstencraft's Travels , am 27. bis Seite 197, am 28. bis Seite 232, nach einer kleinen Pause liest er es am 3. Februar zu Ende: Wolstencraft, p. 264 fin. Am 13. Februar, einem Samstag, will er Mary einen Besuch machen,

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