Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
Gegenstand ihrer Liebe gewählt hat.« »Die erste Liebe Theresens für Forster wußte ich«, schrieb Boie zurück. »Ich freue mich, daß er sie heiratet, freue mich aber auch, daß sie nicht meine Frau wird.«
Therese selbst bekannte ihrem Bräutigam, daß er sie schon vor fünf Jahren »außerordentlich interessiert« hätte und daß ihre engste Freundin und Rivalin Caroline Michaelis, auch eine Professorentochter, »sie damals ganz entsetzlich enkouragiert« hätte, ihn zu lieben. »Das hätte sie auch zwei Jahre lang mit Enthusiasmus getan, ohne bei ihm Gegenliebe gewahr zu werden.«
In einer späteren Version für ihre älteste Tochter strich sie die Schwärmerei für Forster, fast. Dafür arbeitete sie Carolines Rolle als eifersüchtige Konkurrentin und Kupplerin heraus. »Dein Vater Forster kam nach Deutschland, als ich vierzehn Jahre war, das Interesse, das seine Reise hervorrief, seine Eigenschaft als Fremder machten ihn zum Objekt der allgemeinen Neugier, er zeichnete mich während seines Aufenthalts in Göttingen aus, und seitdem bildete sich Caroline ein, daß er mich heiraten würde und versuchte alles, mir diese Eroberung zu entreißen, die tatsächlich nur imaginär war. Zugleich setzte sie mir in den Kopf, daß ich in ihn verliebt sei, was nicht lange funktionierte, ich fürchtete das Romanhafte und war bald von Anbetern umgeben, die brillanter waren als er, der nicht mehr in meiner Nähe war und mich nicht mehr auszeichnete und den ich im Alter von 14 bis 19 Jahren nur drei oder viermal sah. Trotzdem bestand Caroline hartnäckig darauf, uns für verlobt zu halten, schon seit Forsters erstem Aufenthalt hatte sie versucht, ihn an sich zu ziehen und war damit erfolgreich gewesen wie alleFrauen bei ihm Erfolg hatten, weil das sein Schwachpunkt war, schließlich kam ihr in den Sinn, mir einen absurden anonymen Brief zukommen zu lassen, in der Absicht, mich und Forster auseinander zu bringen, aber da wir nicht zusammen waren, hatte sie damit keinen Erfolg. Da hast Du eine ihrer Unternehmungen, ich habe mich nie dafür revanchiert, das war niemals in meinem Charakter, ich habe nie weder Neid noch Mißgunst gekannt. Als Caroline 19 Jahre war und ich 20, heiratete sie den Doktor Böhmer, einen Mann ohne Vermögen. Ein Jahr später, mit 20, heiratete ich.«
In Mainz, 1789
»Was hat Ihnen denn zu der Revolution in Frankreich gedünkt?« fragt Georg Forster in einem Brief vom 30. Juli 1789 seinen Schwiegervater Christian Gottlob Heyne. »Daß England sie ruhig hat geschehen lassen, ist sehr viel Treuherzigkeit und sehr wenig Politik. Die Republik von vierundzwanzig Millionen Menschen wird England mehr zu schaffen machen als der Despot mit dieser Menge Untertanen. Schön ist es aber zu sehen, was die Philosophie in den Köpfen gereift und dann im Staate zustande gebracht hat, ohne daß man ein Beispiel hätte, daß je eine so gänzliche Veränderung so wenig Blut und Verwüstungen gekostet hätte. Also ist es doch der sicherste Weg, die Menschen über ihren wahren Vorteil und über ihre Rechte aufzuklären: dann gibt sich das Übrige wie von selbst.« Da war das Land schon in Aufruhr, brannten in den Provinzen Schlösser und waren Männer wie der Minister Foulon und Bertier de Sauvigny, der Intendant von Paris, schon der Lynchjustiz des Volkes zum Opfer gefallen.
In der Nacht vom 4. auf den 5. August geschieht dann das Unglaubliche: Der Feudalismus wird abgeschafft. Erblichen Adel soll es nicht mehr geben. Die Abgeordneten suchen einander in einem Delirium von Großmut und Opferbereitschaft zu überbieten und verzichten auf Privilegien und Gewohnheitsrechte. »Welch eine Sitzung war die vom 5. August, von der französischen Nationalversammlung! Ich glaube, sie ist noch in der Welt ohne Beispiel«, schreibt Forster dem Schwiegervater. Und dann, nach diesem Höhenflug, steigt Forster wieder herunter zur Prosa seines Berufsalltags als Bibliothekar an der Universität Mainz, der die Verlegung eines Teils der Bibliothek zu organisieren hatte. Er treibe jetzt »ein sehr mechanisch scheinendes Werk, gehe die Titel aller auf der Kartause befindlichen Bücher, die noch auf einzelnen Zetteln stehen, sorgfältig durch, kompariere sie mit drei andern Verzeichnissen, lege Profanskribenten, Theologen und Doubletten jedes apart und lasse danach die Bücher selbst repartieren«.
Forster ist im 35. Lebensjahr. Seit reichlich einem Jahr ist er nun in Mainz, dem Haupt- und Residenzstädtchen des gleichnamigen Erzstifts, dem
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