Auf fremdem Land - Roman
und auf das Lokal und die Atmosphäre zugeschnitten wurde. Mit der Zeit erkannten und schätzten immer mehr Menschen das überraschende Konzept: eine Bar, in der man nicht nur gut trinken konnte, sondern auch gut essen.
Das Geschäft begann hübschen Profit abzuwerfen. Und trotz des unzufriedenen Gesichts Oren Azulais beharrte Roni darauf, den beiden Besitzern ein eher bescheidenes Gehalt auszuzahlen und den ganzen Rest wieder ins Geschäft zu investieren. Oren akzeptierte es, da er die Ergebnisse sah und begriff, dass Ronis Vision, die allen harte Arbeit und bewundernswertes Durchhaltevermögen abverlangte, auch wenn Roni das alles selbst nicht völlig klar war, sie vorwärtsbringen würde. Azulai war klug genug, sich nicht einzumischen, und machte damit ein ausgezeichnetes Geschäft.
Es waren blühende Tage des Aufschwungs, Tel Aviv strotzte vor jungen Leuten und Touristen, ausländischen Investoren, russischen Einwanderern und nervengeschädigten Soldaten, von denen jeder einen Drink nach seiner Fasson brauchte, den Roni gerne parat hielt. Er zog in eine Wohnung in dem Turm an der Bazelstraße mit Aussicht aufs Meer und einer Terrasse von 60 Quadratmetern mit Holzdeck, erhielt von Bekannten, die im Libanon auf Wehrübung waren, den besten Stoff überhaupt, und süßer Rauch kräuselte sich in den warmen Himmel des Nahen Ostens, meist in Gesellschaft eines hübschen Mädchens. In dieser Phase seines Lebens ließ er sich ein modisches Bärtchen stehen und seine Locken lang wachsen.
Er schuftete schwer – noch nie hatte er so schwer gearbeitet –, damit sich der Erfolg leicht einstellte. Boss zu sein war eine lehrreiche Lektion für einen Kibbuznik: mit Geld, Löhnen, Einkommensteuer und Versicherungen umgehen; unbeugsam sein, nicht nett. Die Tageseinteilung durchziehen: In der Früh, nach einem Kaffee und einer Zigarette auf der Terrasse, traf er in der Bar ein, setzte sich ins Büro an die Rechnungen, die Bestellungen, die Anrufe und empfing die Lieferanten und Leute aus dem Milieu. Gegen Mittag trafen die ersten Angestellten ein, frühe Kundschaft tröpfelte herein. Den Nachmittag reservierte er sich für das Studium. Das zweite Jahr fiel ihm wegen der Arbeitsbelastung in der Bar schwer, doch er wollte das Studium nicht völlig einstellen und konzentrierte alle Anstrengung auf diese Stunden. Kehrte am frühen Abend in die Bar zurück, vergewisserte sich, dass alles vorbereitet war, und ab einem gewissen Stadium verlor er die Kontrolle über die Zeit. Die Zeit schmolz dahin, dehnte sich, wirbelte wie ein kleiner Tornado, der kurz nach neun durch die Türen der Bar Barabush hereinsauste und nach Mitternacht aus ihren Türen entwich. Erinnerungsfetzen, ein oder zwei herausragende Ereignisse – normalerweise Geschrei in der Küche oder ein berühmter Gast – und eine generelle Empfindung von Stimmengewirr, schmerzenden Füßen, Geruch von Bierschaum in den Schankbecken. Gegen eins kam die Zeit, die er liebte. Der Druck fiel ab, aber das Lokal summte vor Gästen, die immer noch eintrafen, aus dem Kino, aus Restaurants oder von einem langen Arbeitstag. Das waren die Kunden, die er liebte. Sie hatten mehr Zeit. In diesen Stunden stand Roni selbst hinter der Bartheke, schenkte aus, redete, flirtete, schloss Bekanntschaften. Wenn es wirklich ruhig war, wechselte er auf einen Barhocker und schwenkte ein Gläschen Scotch mit Eis zwischen den Fingern.
Die Trinker
Er hatte keine Freunde. Aber in den kleinen, ruhigen Stunden zwischen Nacht und Morgen kam man und setzte sich zu ihm. Kunden, die er in der Bar kennenlernte und die zu Stammgästen wurden, Zufallsgäste, die er nie wieder sehen würde. Kollegen aus der Welt der Gastronomie und der Vergnügungslokale, die übers Geschäft redeten. Und auch Gesichter aus der Vergangenheit: aus der Armeeeinheit, aus seinem Kibbuz, aus Kibbuzen in der Umgebung. Wie sie hierher fanden, wusste Roni nicht. Und nachdem sie etwas getrunken hatten – wurden sie gesprächig.
Jifat kam eines Nachts herein. Seine süße Jifat aus der Mittelstufe, die ihm das Herz gebrochen hatte. Sie war mit einem anderen Mann da und ignorierte Roni, abgesehen von einigen Blicken. Am nächsten Tag kam sie am Mittag herein und entschuldigte sich. Sie wollte nicht anfangen, ihrem Freund etwas zu erklären. Es sei ein ernsthafter Freund, sagte sie, und sie wollte es nicht gefährden. Sie hoffte echt, dass es diesmal etwas werden würde. Sie aß zu Mittag, trank ein bisschen Wein und erzählte Roni, dass
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