Auf in den Urwald (German Edition)
ging.
»Und sonst?«, wollte Jeschke wissen. »Wie stehen die Geschäfte? Ich hoffe, es geht voran, denn ich brauche mein Geld, dringend.«
»Ihr Geld werden Sie noch kriegen!«
»Versteht sich von selbst. Die Frage ist nur, wann. Ich kann nicht mehr lange warten, die Geschäfte drängen. Ich schätze ...«
In diesem Augenblick ging die Tür des Wohnwagens auf, und ein Mann mit einer großen, ledernen Tasche kam herein. Er wirkte ziemlich gehetzt und stellte die Tasche laut auf den Tisch.
»Tut mir leid, Chef«, sagte er, »aber gestern Nacht hat die Tour nicht mehr geklappt. Ich hab den Wagen nicht mehr zum Laufen gekriegt. Die Zündung war kaputt, ich musste heute früh zur Werkstatt, ausgerechnet am Sonntag, wo alles geschlossen ist. Diese alte Schrottkarre tut es eh nicht mehr lang, da muss bald was Neues her.« Er öffnete die Tasche und entnahm ihr zwei Geldbomben.
»Eine Weile wird’s wohl noch gehen«, stellte Jeschke fest, stand auf und ging in den hinteren Teil des Wohnwagens. Der Mann folgte ihm mit den Geldbomben.
Als sie wieder zurückkamen, schrieb Jeschke etwas auf einen Quittungsblock und zeigte es dem Mann.
»Stimmt es so?«, fragte Jeschke.
»Stimmt genau, Chef!«, sagte der Mann und unterschrieb. »Bis heute Abend dann, ich hoffe, es geht nicht wieder schief.«
»Vergiss nicht, die anderen Geschäfte abzukassieren. Dort liegt auch noch jede Menge Geld herum.«
»Wird gemacht, Chef«, sagte der Mann, und legte die Geldbomben in die Tasche. Dann ging er eilig.
»Tja, das liebe Geld«, wandte sich Jeschke wieder Mirja zu, »immer gibt es damit Probleme, nicht wahr?« Er zog an der Zigarre und blies den Rauch vor sich hin. Draußen wurde ein Motor gezündet und Edek sah durch das Fenster, wie ein grauer Transporter losfuhr.
Plötzlich wurden Jeschkes Gesichtszüge hart. »Sag deinem Vater, dass ich das Geld Ende dieses Monats brauche. Endgültig«, meinte er.
»Bis Ende des Monats?« Mirja war von dem Stimmungsumschwung überrascht, obwohl sie eigentlich wusste, dass Jeschkes Freundlichkeiten nur gespielt waren. »Bis Ende des Monats schaffen wir es nicht!«
»Dann müsst ihr eben verkaufen. Ich hab’s ja gleich vorgeschlagen.«
»Verkaufen werden wir nicht! Und wegen der zerschlitzten Plane gehen wir zur Polizei.«
»Das ist sehr vernünftig.« Jeschke wurde wieder freundlich und lächelte. »Am besten ihr erstattet Anzeige gegen Unbekannt. Denn der Berthold war’s ja nicht, wie wir gehört haben.« Jeschke drückte die Zigarre aus. »Ich fahre gleich zum Kennedyplatz. Unterwegs ist das Polizeipräsidium. Wenn ihr mitkommen wollt, bitte schön.«
»Nein, danke. Wir schaffen es auch ohne Sie!« Mirja drehte sich um und verließ mit Edek den Wohnwagen.
»Ich wollte euch nur helfen«, rief ihnen Jeschke hinterher.
Mirja holte draußen erst einmal Luft. »Dieser verdammte Mistkerl«, sagte sie zu Edek.
»Hast du gesehen, wie viel Geld Mann hat mitgenommen? 22.000 Euro stand auf Zettel, Edek hat gesehen. So viel Geld von eine Abend!«
»Jeschke nimmt schon genug ein, dagegen sind wir kleine Fische.«
»Und auf dem Riesenrad ist vielleicht noch mal so viel Geld ...«
»Ja und? Was soll’s? Unser Geld ist es nicht, wir haben nur ein Geschäft.« Sie verstummte. Jeschke kam aus dem Wohnwagen, lächelte, stieg in seinen weißen Porsche und fuhr los.
»Komm jetzt«, sagte Mirja. »Ich halte es hier nicht mehr aus.«
Sie gingen. Mirja schwieg. Sie war mit einer solchen Wut im Bauch zum Jeschke gegangen und jetzt war auf einmal alles weg. Sie fühlte sich leer und machtlos. So wie es aussah, würde sich Jeschke nicht mehr länger gedulden. Eine Rettung war nicht in Sicht. Die Banken wollten nichts leihen, die Geschäfte gingen nicht gerade gut. Vater kümmerte sich um gar nichts mehr, außer um seinen Schnaps.
Am Riesenrad blieb Mirja stehen. »Ich glaube, wir müssen verkaufen«, sagte sie. »Wir schaffen es doch nicht.«
»Warum?« Edek erschrak. »Du willst doch noch mit Sparkasse in Renzberg sprechen und die gibt Geld!«
»Das hat keinen Zweck. Ich hab’s ja gestern gehört, dass uns die Sparkasse kein Geld geben will. Warum soll ich da noch hinfahren?«
»Du musst probieren! Vielleicht hast du Glück. Vielleicht gibt Sparkasse die Hälfte von Geld und die andere Hälfte bekomme ich!«
»Vielleicht, vielleicht ...«
»Bestimmt!«
»Ich weiß nicht, Edek. Es ist alles so beschissen ...« Mirjas biss sich auf die Unterlippe und ihre Augen wurden feucht.
»Komm her!«
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