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Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
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eigenen Gesetzen brutal zugeschlagen. Auch wenn Ludwig tatsächlich verheimlicht hatte, dass er nach Deutschland flog, konnte ihm das am Ende nicht gelungen sein. Die Mafia war überall. Sie beherrschte die gesamte Verwaltung, das gesamte Transportwesen. Niemand konnte das Land verlassen, ohne dass sie es früher oder später erfuhr. Nur die Mafia konnte es durch ihre dunklen Hintermänner und Informanten schaffen, einen geistig Behinderten und die konservierte Leiche eines Ermordeten in ihre Gewalt zu bringen.
    Vanessa Jagenberg fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Sie waren eiskalt, erschreckend eiskalt. Ihr Blick fiel auf die gerahmte Fotografie von Gernot Jagenberg. Mit ihm hatte alles angefangen. Diesen Mann hatte Vanessa Jagenberg geliebt, auch noch geliebt, als sie ihn langsam zu hassen anfing, für seine Gleichgültigkeit ihr gegenüber und die Unfähigkeit, seine eigene Genialität zu begreifen und zu nutzen.
    In nächtelangen und aufreibenden Experimenten hatte Gernot Jagenberg versucht, mithilfe eines giftigen Pilzes diejenigen Teile der Canalaria-Pflanze zu isolieren und haltbar zu machen, die für ihre entzündungshemmende Wirkung bekannt waren. Vanessa Jagenberg war ihm dabei behilflich gewesen. Tag und Nacht hatte sie ihm beigestanden, ihn immer wieder seelisch aufgerichtet, wenn er eine Niederlage erlitten hatte. Und sie war auch dabei gewesen, als Gernot Jagenberg mehr durch Zufall herausfand, dass bei einer anderen Vorbehandlung des Pilzes das dann entstandene Produkt eine verblüffende Wirkung auf den Menschen ausübte: Es versorgte die Hautzellen mit Wasserpartikeln und führte, wenn auch nicht dauerhaft, zu einer jugendhaften Glättung der Haut. Das sensationelle »Juventin« war entdeckt.
    Aber Gernot Jagenberg hatte an einer Vermarktung dieses Wundermittels kein Interesse. Reichtum, Macht und Geltung waren ihm gleichgültig. Er war ein Idealist, der glaubte, der ganzen Menschheit helfen zu müssen. Die neue Medizin, meinte er, würde durch ihre hohen Herstellungskosten nur den Reichen dienen und lediglich ihren – so seine Worte – hohlen Wunsch nach einer schönen Hülle befriedigen. Seine Forschungsarbeiten aber sollten eine Medizin hervorbringen, die für jeden erschwinglich war und die wirkliche Krankheiten heilte. Für ihn stand fest, dass er noch weiterforschen musste, egal, wie sehr er sich dafür verschuldete.
    Und dennoch – Vanessa Jagenberg hätte es beinahe geschafft, ihn für ihre Pläne zu gewinnen, damals, vor acht Jahren, als Gernot Jagenberg am Ende war und verkündete, er wolle noch ein letztes Mal in den Urwald zurück, um nach einer anderen Sorte von Pilz zu suchen. Sie hätte es geschafft, wenn ihr nicht ihre Schwester im Wege gestanden hätte. Aber daran mochte Vanessa Jagenberg jetzt nicht mehr denken. Das war vorbei. Sie hatte ihre Chance gehabt und sie genutzt. Gernot war tot, ihre Schwester war tot, und die Jagenberg-Klinik hatte sich unter ihrer Leitung so entwickelt, wie sie es schon immer gewollt hatte: Sie war groß, berühmt und bescherte ihr den Reichtum, die Macht und das Ansehen, nach denen sie schon immer gestrebt hatte.
    Eine erneute Welle von Angst erfasste plötzlich Vanessa Jagenberg und schnürte ihr die Kehle zu. Sie sprang von ihrem Sessel auf, eilte zum Fenster und schaute nach draußen. Ihre Augen hasteten unruhig von einem Punkt zum anderen. War die Mafia schon hier? Lauerten bereits hinter den Bäumen bewaffnete Verfolger, die jeden ihrer Schritte zu überwachen hatten? Nichts regte sich. Der Park, die breite, von Bäumen gerahmte Zufahrt und die flügelartig sich erstreckenden, weißen Gebäude der Klinik lagen vor ihr so ruhig wie immer. Die Sonne beschien die Kieswege. Sie musste zur Besinnung kommen, das Gefühl der Angst in sich niederkämpfen. Es war normalerweise nicht ihre Art, so schnell in Panik zu geraten, so nervös und überspannt zu reagieren. Aber die großen Mengen von »Juventin«, die sie in letzter Zeit zu sich genommen hatte, entfalteten jetzt ihre volle Wirkung. Und auf die entsprechenden Beruhigungsmittel konnte sie nicht zurückgreifen. Sie würde die Dosis so hoch ansetzen müssen, dass sie in eine Art Halbschlaf verfallen würde. Genau das durfte nicht geschehen.
    Vanessa Jagenberg trat wieder vom Fenster zurück und begann, unruhig im Zimmer auf und ab zu laufen. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was genau der Erpresser gesagt hatte. Dass Wilfried bei ihm sei und auch Ludwig. Nein, er hatte »Onkel

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