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Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
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müssen ...«
    Das war es wohl. Edek war so überdreht, weil er die letzten Tage von früh bis abends im Stress gewesen war. Eigentlich war es ein Wunder, wie die beiden es allein geschafft hatten, die Geisterbahn von Augsburg nach Pforzheim zu bringen, aufzubauen und noch in Betrieb zu halten.
    I love your life, I love my life. I love your life, I love my life ...
    Die Menschenmenge drängelte sich in der eng gewordenen Gasse zwischen den Geschäften vorbei.
    »Vier Chips!«
    »14 Euro!«
    »Nicht gerade billig ...«
    »Nehmen Sie fünf, dann wird’s billiger.«
    »Und was soll ich mit dem einen?«
    »Verschenken!«
    Der Mann schüttelte den Kopf, lachte und zahlte.
    Wilfried bediente vorne an den Wagen. Er lächelte ohne Unterlass und war zu jedem freundlich. Und die randalierenden Halbwüchsigen, die Betrunkenen, trauten sich nicht, Ärger zu machen. Hatten viel zu viel Respekt vor dem Riesen. Das war gut. Wenigstens darüber brauchte sich Mirja keine Sorgen zu machen. Hoffentlich blieb Wilfried noch eine Weile bei ihnen ...
    »Einmal, bitte.«
    »3 Euro 50.«
    »Und wenn ich mich da drin zu Tode erschrecke?«
    »Machen Sie einfach die Augen zu, dann kann nichts passieren!«
    Ja, Mirja ging es schon viel, viel besser. Edek hatte recht. In den nächsten paar Wochen kam Jeschke an den Vater nicht heran. Und dann würde man schon weitersehen. Eines stand aber fest: In Bonn, wenn die Kirmes vorbei war, da würde sie Edek überreden, mit ihr tanzen zu gehen. Er würde es ihr nicht mehr abschlagen können. Mirja lächelte bei dem Gedanken. Ganz eng umschlungen würde sie dann mit ihm tanzen und ihn nicht mehr loslassen.
    Edek kam wieder zurück. Er lehnte sich gegen den Türrahmen und schaute Mirja zu, wie sie bediente. Scheinbar so, als habe er gerade jede Menge Zeit. Hatte er aber nicht. Verstohlen warf er einen Blick auf die Uhr. Zehn vor neun. Um neun Uhr musste er anrufen. Das hatte er Vanessa Jagenberg gestern so angekündigt. Und vorher musste er noch einmal das Ventil des Teleskoparms festschrauben. Immer öfter lockerte es sich. Hoffentlich hielt es noch bis Bonn.
    Ansonsten hatte er alles im Griff. In einer Stunde war die Kirmes in Pforzheim beendet. Und dann trat sein Plan in Kraft. Der Plan war gut. Er war perfekt. Edek hatte sich ihn seit Freitagnacht immer wieder durch den Kopf gehen lassen. Alles stimmte bis ins letzte Detail. Nichts konnte mehr schiefgehen. Morgen, am Montag, wurde abgebaut. Am Mittwoch begann die Kirmes in Bonn. Und Donnerstag, da würde Edek es tun. Da würde er das Geld kassieren. Nicht eine Million. Nein. Nicht zwei. Nein, drei Millionen würden es sein und keine weniger!
    Edek schaute noch einmal auf die Uhr. Er hatte nur noch ein paar Minuten Zeit. Langsam entfernte er sich vom Kassenhäuschen. Dann, als Mirja ihn nicht mehr sehen konnte, rannte er los. Hinter die Geisterbahn, unter die Plane. Dort kletterte er, für die Fahrgäste unsichtbar, das Gerüst hoch und zog noch einmal sicherheitshalber das Ventil des Teleskoparms fest. Es war zwei Minuten vor neun. Edek stürzte nach unten, lief hinter den Geschäften quer über die ganze Kirmes zur Straße und erreichte die kleine Säule mit dem Telefon um Punkt neun.
    Diese Säule gehörte zu seinem perfekten Plan. Wenn er schon so viel Geld bekommen wollte, dann musste er professionell vorgehen, das war klar. Ein öffentliches Telefon konnte man zwar mit einer Fangschaltung genauso orten wie ein Handy, aber man wusste nicht, wer am Hörer war. Das war sehr wichtig, falls Wilfrieds Mutter doch noch die Polizei ins Spiel gebracht hatte. Im Übrigen musste auch sie in diesem Augenblick vor lauter Spannung beinahe platzen. Gestern hatte Edek ihr nur ganz kurz gesagt, dass alles viel schwieriger werden würde und dass er sich noch mal am Sonntag Punkt neun Uhr melden würde. Sie solle sofort am Apparat sein und sich nicht erst in der Klinik suchen lassen. Dann hatte er eingehängt, obwohl sie noch ziemlich laut etwas in den Hörer gerufen hatte.
    Edek steckte die Telefonkarte in den Schlitz und wählte. Schon nach dem ersten Freizeichen meldete sich am anderen Ende Vanessa Jagenberg.
    »Hier ich«, sagte Edek knapp, wobei er künstlich seine Stimme tiefer klingen ließ.
    »Sprechen Sie bitte lauter, Herr Stermann!«, rief Vanessa Jagenberg in den Hörer. »Ich kann Sie so schlecht verstehen!«
    Edek fluchte. Irgendwas war wohl mit dem Mikrofon nicht in Ordnung, hinzu kam der Lärm der Kirmes.
    »Jetzt besser?«, rief Edek

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