Auf Inseln (German Edition)

Helena hatte mich verlassen. In der Nacht an den Strandbars fiel ihr Licht mitleidslos auf uns, machte mich zeitweise wütend, und ich schaute in dieses Licht, machte es für alles und jenes verantwortlich, verdammte es mit heftigen Worten. „Was für den Einen Inspiration für religiösen Wahnsinn ist, ist für den anderen nur sein Pufflicht“, lallte ich Paul an, der von der Weltrevolution, na ja besser gesagt von der Inselrevolution träumte und von ihr jede Menge Romanzen erwartete. Mir fiel zum ersten Mal auf, dass Paul ein unverbesserlicher Romantiker war. Somit passte er nicht ins gesellschaftliche System, in keins von beiden. Meer, Sand, Palmen, Häuser und Menschenpärchen eingetaucht in dezentem Pufflicht. Die ganze Küste New Havannas war ein Puff und ich sagte dies mit Bitterkeit, obgleich ich nie wirklich etwas gegen solche Einrichtungen, die in New Avignon eher ein theoretisches Konstrukt waren und im Geheimen existieren mochten, gehabt hatte. Saufend schauten wir dem öffentlichen Treiben der geilen Touristen zu, fanden uns in ihnen wieder, waren oft das Ziel irgendeiner Hübschen, die mit neuen Paradiesen, neuen Märchen lockten. Wir lehnten dankend ab, ohne die Gründe unserer Zurückhaltung zu nennen. Dies alles hier würde bald Teil unserer Vergangenheit werden, eine teilweise gemeinsame Erinnerung. Meine Einstellung zum Klonen hatte sich etwas verändert. Vorab hatte ich diese Technik verteufelt, wie jeder anständige Mensch in New Avignon dies tat, nun war ich äußerst verunsichert und eher diffuse mit Emotionen gekoppelte Teilansichten hatten den Platz der alten eingenommen. Wir machten die Nacht durch. Etwa zur Zeit des Sonnenaufgangs, Helena funkelte hoch über dem Horizont, ansonsten der Himmel schon länger sternenlos, setzte sich das kollektive Bewusstsein durch, dass wir hier nichts mehr verloren hatten.
     
     
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    In den letzten Jahren hatte die Finder unentwegt abgebremst, würde nun zu den umgebenden Objekten mehr oder weniger in Ruhe kommen. Es war zu Fehlgeburten gekommen, die Besatzung hatte sich noch mehrfachen Hibernationen unterzogen, um nicht unnötig zu altern. Sie sind in der Milchstraße angekommen, müssen sich orientieren. Bis zum Zentrum der Milchstraße sind es immer noch dreißig Tausend Lichtjahre, die Strecke, die sie in dreißig Jahren zurückgelegt haben. Es gibt ein Panoramafenster in Richtung Zentrum, hier irgendwo ist die Sonne mit der Erde. Seit dem die Geschwindigkeiten des Raumschiffs nicht mehr relativistisch sind, suchen die Astronomen fieberhaft nach ihr. Um wie viel Lichtjahre hat man sie verfehlt? Man konnte auf Daten früherer Astronomen zurückgreifen, man kennt die Relativgeschwindigkeiten der Nachbarsterne zur Sonne. Die Sonne hat sich nach den über sechzig Tausend Jahren um gut 300 Lichtjahre von ihrer Ursprungsregion entfernt, so ihre Nachbarn. Dann kommen die Ergebnisse, Arkturus und Wega werden eindeutig identifiziert, dann findet sich Sirius und Rigil Kent. Mit den bekannten Relativgeschwindigkeiten von damals und den neuen Koordinaten ermittelt der Röhrencomputer die ungefähre Position der Sonne. Die Astronomen fokussieren die Region, bis man vergleichsweise sicher ist. Sie haben den Stern gefunden, der die Sonne sein muss. Die Spektraldaten stimmen mit dem Modell überein. Die Teleskope sind nicht empfindlich genug, um Jupiter auszumachen, nicht in dieser kurzen Zeit. An Bord herrscht vorübergehend Feierstimmung als die Finder Fahrt aufnimmt, Kurs Sonne, sechzig Lichtjahre vom Ziel entfernt. Es mag so erscheinen, dass diese 60 Lichtjahre gegenüber den dreißigtausend Lichtjahre die sie zurückgelegt haben, ein Katzensprung sind, aber dem ist nicht so. Sie werden für die Strecke circa sieben Jahre benötigen. Drei Jahre werden sie wieder Fahrt aufnehmen, mit konstanter Beschleunigung, um dann wieder abzubremsen. Das bedeutet mindestens sechs weitere Hibernationen. Man ist allgemein darüber erstaunt wie präzise ihr jetziger Nullpunkt, der Punkt mit null Geschwindigkeit nach 15000 Lichtjahren Beschleunigung und 15000 Lichtjahre abbremsen zur Sonne liegt. Es hätten auch ein – zweihundert Lichtjahre mehr sein können, verbunden mit einer viel geringeren Chance, die Erde zu finden. Sie haben vielleicht Glück gehabt. Die kleine Euphorie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation an Bord prekär ist seit x Hibernationen, seit dem Mord, seit