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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
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würde seine Wege gehen. Unklar war, ob wir den Abend dann gemeinsam verbringen würden. Ich selbst kannte nicht meinen Grad der Verrücktheit. Ab dreizehn Uhr – die antiquierte, traditionelle Weise den Tag in vierundzwanzig Stunden zu unterteilen hatte sowohl die Gesellschaft von New Avignon als die von New Havanna beibehalten – gehörte das Zimmer mir und Esmeralda, für eine knappe Stunde. In dieser Zeit gab sie sich jede Mühe, Paola wiederauferstehen zu lassen. Diese Frau war Paola. Sie führte mich in ein Paradies ein, von dem ich nicht glauben konnte, dass es äußerst flüchtig war. Ich wollte nicht wahrhaben, dass der Traum in drei Tagen vorbei sein sollte. Esmeralda führte mir vor, was irgendwie die Gesellschaft von New Avignon nicht imstande war, mir zu bieten. Tja, wäre ich ein fetter Priester geworden, hätten sich interessante Affären, womöglich eine interessante Ehe entwickeln können. In einer Stunde versuchte ich das auszuleben, was ich über Jahrzehnte in New Avignon verpasst hatte. Mein Karriereknick hatte mir den Rest gegeben. Die Frau, die sich auf mir bewegte, symbolisierte alles, was ich haben wollte. Sie musste empfinden, wie wichtig sie für mich war. Esmeralda hatte nichts dagegen, dass ich sie Paola nannte. „Paola, mach das, was ich mir so sehr wünsche“ und ohne das ich ein Wort zu viel sagen musste, führte Esmeralda das aus, was Pamelas Spezialität gewesen war. Nach intensiven fünfzig Minuten gingen wir Eis essen und ich fragte sie, was sie für mich empfunden hatte. „Ich bin sehr verliebt in dich“, sagte sie.
     
     
     
    Das Zimmer jeweils nach einer Stunde abzugeben war eine Schnapsidee. Die erste knappe Stunde verging wie im Fluge, zudem musste man sich anziehen und frisch machen. Am ersten Nachmittag hatte ich selbstverständlich das Bedürfnis, die ganze Zeit mit Paola im Bett zu verbringen. Ich versuchte die Vergangenheit zu zelebrieren, erzählte ihr, was von den Gesprächen mit der echten Paola mir im Gedächtnis haften geblieben war. Sie spielte ihre Rolle als Paola gut, bat mich immer wieder von damals zu erzählen, was ich gerne tat. Ich wurde wieder Gegner unserer beider Gesellschaftssysteme und sie spielte die oppositionelle Hure, die mit mir verzweifelt nach Wegen suchte, ein gemeinsames Leben in Freiheit zu führen. Sie wurde zur perfekten Illusion wie Paola, und ich begann immer mehr, den Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren. Obgleich es von ihr Berechnung war, hatte sie meines Erachtens keine Schuld, weil es ihr Job als Begleiterin war, mir Märchen ins Ohr zu flüstern. Ich bestand natürlich darauf, diesen Umstand mit ihr zu diskutieren, sie bestätigte mir auch, dass ich eigentlich die Sache kritisch und realitätsbezogen sehen müsste, aber mit ihr wäre es anders. Sie wolle den Fehler, den Paola gemacht hätte, nicht wiederholen. Wir wären Seelenverwandte, so wie sie Seelenverwandte von Paola wäre, was ich irgendwie auch naheliegend fand. Hinzu käme noch eine starke körperliche Affinität zu mir, was mit unseren Genen zu tun haben müsste. So wäre es nicht gelogen, dass sie sich in mich verliebt hätte. Diese Scheinheilige, all dies hatte ich schon mal gehört, in einer etwas einfacheren Variante. Ich war ja selbst der Scheinheilige – was für die Seelenverwandtschaft sprach – bat sie fast flehentlich, mich nicht zu belügen, aber sie wusste, was ich wirklich wollte. Sie begann über die Sinnhaftigkeit zu philosophieren, zwischen Paola und ihr, Esmeralda zu unterscheiden, sie wisse eh eins genau: Ihre Seelen wären eine, einfach nur zweimal auf dieser Welt körperlich manifestiert. Das leuchtete mir alles ein. Eine abwegige Phantasie von mir war, dass diese Frau wirklich Paola war und sie nur am Anfang vorgegeben hätte, Esmeralda zu sein, um die Komplikationen von damals zu vermeiden; ein natürlich zum Scheitern verurteilter Versuch, ein solches Spiel mir vorzuspielen und ich erwartete fast, dass sie mir als Seelenverwandte, diese Variante auftischte. Sie hatte wie Paola an der gleichen süßen Stelle unterhalb des Bauchnabels ihr T eintätowiert, kurz über dem Haaransatz ihrer Scham. Vermutlich traute sie sich noch nicht mit der Wahrheit rauszurücken, um nicht unglaubhaft zu wirken. Zum Zeitpunkt eines Höhepunkts von mir rief sie aus: „Ich bin Paola“, um dann einen heftigen Orgasmus vorzutäuschen. Vermutlich war ich genetisch wirklich so disponiert. Es musste irgendetwas an ihr sein - vielleicht war es sogar ihr dezenter,

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