Auf Inseln (German Edition)
Tage voller Übelkeit, voller Schwäche, aber seine fette Leber hielt durch. Er ist in die Sitzungen, die einen Kontakt vorbereiten, integriert. Vanessa und Paul sind seine Freunde und ein bisschen versteht er sich auch mit Hugo Scheffener, der ihn und Paul hin und wieder zu sich einlädt. Die Empfänger, auf die Erde ausgerichtet, scannen den Äther nach elektromagnetischen Wellen ab, Radiowellen, Fernsehwellen, um irgendwelche Zeichen von der Erde aufzuschnappen, aber in dieser Hinsicht ist die Erde tot. Die Crew weiß, dass dies nicht viel zu sagen hat. Es gilt als bewiesen, dass Aurelia intelligentes, hochentwickeltes Leben birgt, nie aber wurde von den Radioteleskopen New Avignons irgendeine Botschaft, ein Zeichen von der Existenz der Aurelianer empfangen. Hugo Scheffener und Robert haben sich häufiger über Aurelia unterhalten. Man hofft gemeinhin, dass nichts Ähnliches wie auf Aurelia sie erwartet, es wäre eine Katastrophe. Niemand will den Verstand verlieren. Ob Raumschiffe in diesem Sonnensystem fliegen, können sie nicht feststellen, aber vielleicht hat man sie schon mit weit überlegener Technik entdeckt. Möglicherweise sind Maßnahmen getroffen worden, den Eindringling zu vernichten. Sie versenden unentwegt Nachrichten, auf allen möglichen Frequenzbändern, die darüber Auskunft geben, wer sich auf der Finder befindet, in welcher Absicht man die Erde aufsucht. Fast alles wird in Englisch gesendet. Robert vertritt die Hypothese, dass sie auf der Erde keine Menschen antreffen werden, aber alle hoffen dies. Sie wünschen sich, auf eine technologisch überlegene, philosophisch aufgeklärte Menschengesellschaft zu stoßen. Manch einer von ihnen hofft auf ein Reich der Seligen, gottesfürchtig und dem Paradies nah. Der religiöse Fundamentalismus an Bord hat sich abgeschwächt, es gibt aber durchaus die Bibeltreuen, die sich regelmäßig treffen, aber keine Chance haben, die Macht an Bord zu übernehmen. Ein wenig umtreibt sie die Furcht, sie könnten auf eine Welt des Teufels geraten, in ein Land, in der die Apokalypse regiert. Auch Robert wünscht sich eine Erde mit Menschen, wünscht sich auf eine schöne Eva zu treffen, die sich für ihn interessiert. Er ist weit rumgekommen. Die Finder bremst kontinuierlich, es sind nur noch wenige Tage bis zur Erde. Wenige Tage nach so vielen Jahren, wenn auch das meiste im Kälteschlaf verbracht wurde. Eine Rückkehr nach New Avignon ist nicht geplant. Man hat Eventualitäten diskutiert. Was machen sie, wenn sie auf der Erde nicht leben können? Die Mehrheit von ihnen kann sich nicht vorstellen, dass ihnen ein Leben auf der Erde verwehrt ist. Eine Rückkehr nach New Avignon erscheint sinnlos, denn was dort einen erwartet, ist genauso ungewiss. Womöglich ist die Erde aber eine giftige, radioaktive Hölle, das Überbleibsel einer Menschheit, die sich selbst vernichtet hat. Es gibt nur wenige neugierige Pessimisten an Bord. Wohl niemand mit solch einer eindeutigen Katastrophenvorstellung im Kopf hätte sich freiwillig an dieser Expedition beteiligt. Die Pessimisten unter ihnen können sich die Hölle vorstellen, räumen aber auch andere Möglichkeiten ein. Robert träumt von der kollektiven Superintelligenz , in diesem Traum gibt es allerdings auch noch Platz für schöne Frauen, die amüsiert die Ankunft ihrer Vorfahren feststellen. Macht Arterhaltung Sinn? Robert kann für sich die Frage nicht beantworten. Er weiß allerdings, dass im 21. Jahrhundert der Menschheit Artenerhaltung ein politisches Thema war. Wenn Artenerhaltung ein Prinzip hochentwickelter Zivilisationen ist, sollte es noch Menschen auf der Erde geben. Aber warum sollte dieses Prinzip angewandt werden? Es wird letztlich eine Überraschung auf sie zukommen, wenn es ihnen gestattet ist, die Erde aufzusuchen. Manchmal wünscht sich Robert, über eine Zeitmaschine zu verfügen. Er würde sich vielleicht mit ihr ins Ende des 20. Jahrhunderts versetzen, irgendwo nach Europa. Wer weiß, womöglich bietet man ihnen diesen Service an.
Robert trifft sich mit Paul und Vanessa in Aufenthaltsraum C. Er hat sich längst daran gewöhnt, dass Paul in seiner Gegenwart Alkohol trinkt.
„ Eine Kunstleber steht ganz oben auf meiner Wunschliste. Unsere Vorfahren sollten doch Meister in der Organtransplantation sein“ - „Ich wünsche mir einen Golehrer, der mich drei Steine weiter bringt. So wie auf Aurelia“ - „Wenn du Aurelia ins Spiel bringst, sollten wir Gottes Tochter nicht vergessen“ - „Wer
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