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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sprechen.«
    »Von dem Mordanschlag, der vor einer Stunde auf mich verübt wurde.«
    »Sie fantasieren, Baumgart!«
    »Ich habe zwei Zeugen! Vogel versuchte, mich mit seinem Wagen auf dem Bürgersteig einer leeren Straße zu überfahren. Ich konnte mich nur retten, indem ich mich flach an die Hauswand legte. Es ging um wenige Zentimeter, lieber Meerbach.«
    »Was reden Sie da für ein Räubermärchen.« Die Stimme Generaldirektor Meerbachs wurde unsicher. Wußte er wirklich nichts davon? War es ein Alleingang von Direktor Vogel gewesen? »Sie wollen behaupten, Vogel wollte Sie …«
    »Ich habe die Zeugen und die Autonummer! Es war Vogel. Ohne Zweifel! Spielen Sie bitte nicht den Pilatus, der seine Hände in Unschuld wäscht.«
    »Es ist also wirklich wahr?«
    »Riefe ich Sie sonst mitten in der Nacht an?«
    »Sauerei!«
    Es war das erste Mal, daß Jochen Baumgart ein solches Wort aus dem Munde des immer distinguierten Meerbach hörte. »Das kann man wohl sagen. Das bedeutet einen Zehn-Jahres-Vertrag.«
    »Darüber können wir am Tage sprechen«, wich Meerbach aus.
    »Nein. Jetzt! Auf der Stelle! Ich wäre sonst gezwungen, die Polizei von dem Mordanschlag zu benachrichtigen und den Namen Vogels zu nennen. Sie wissen, was das für Ihre Werke bedeutet. Ihr Stellvertreter versucht nachts mit seinem Wagen einen Menschen umzubringen. Die Journalisten werden sich über dieses herrliche Fressen stürzen.«
    Meerbach schwieg eine Weile. Er überlegte. Die Öffentlichkeit ist ein gefährlicher Gegner. Man kann kompromittiert werden. Und die Öffentlichkeit, die Presse – wenn sie einmal ein Wild gewittert haben, werden sie es so lange jagen, bis es zusammenbricht.
    »Ich werde mit Vogel sprechen«, sagte Meerbach. »Mehr kann ich Ihnen um diese Zeit nicht zusichern. Es ist immerhin fast zwei Uhr morgens.«
    »Wer um diese frühe Stunde morden kann, ist nach meiner Ansicht auch wach genug, um Geschäfte abzuschließen.«
    »Ich versichere, daß ich mit dieser ganzen Angelegenheit nichts zu tun habe.« Meerbach räusperte sich. Schade, daß es mißlang, dachte er. Wir wären aller Sorgen ledig gewesen. Jetzt hat uns der Kerl noch fester in der Hand als vorher. Jetzt kann er wirklich mit kriminellen Argumenten gegen uns auftreten. Jetzt kann er uns den Hahn zudrehen. »Vogel hat die Nerven verloren.«
    »Das fällt nicht schwer, wenn die Moral schon weg ist.«
    »Sie haben es nötig, über Moral zu sprechen.«
    »Ich komme morgen zu Ihnen und unterschreibe den Zehn-Jahres-Frachtvertrag.«
    »Ich habe morgen eine Konferenz.«
    »Mit mir, stimmt!«
    »Ich –«
    Jochen Baumgart hörte den Satz nicht zu Ende. Er legte auf.
    Am nächsten Morgen empfing ihn Generaldirektor Meerbach nicht. Aber die Sekretärin legte ihm einen unterschriebenen Vertrag vor, den er nur gegenzeichnen mußte.
    Einen Fünf-Jahres-Vertrag.
    Baumgart unterschrieb.
    Der Winter kam. Die Flüsse führten Treibeis.
    Hannes Baumgart war aus der Osnabrücker Klinik entlassen worden. Seine Wiederkehr auf das Schiff vollzog sich still und ohne große Regungen, wie es eben die Art der Baumgarts war.
    Der Vater stand vor dem Ruderhaus, als Hannes die ›Guter Weg‹ betrat, klopfte ihm auf die Schulter, gab ihm die Hand und sagte: »Gut, daß du wieder da bist, Junge.« Dann wandte er sich an Irene Ballin, die mit Hannes aus Osnabrück gekommen war, umarmte sie und sagte: »Guten Tag, Tochter.«
    Und das war schon viel. Irene wußte es. Sie senkte den Kopf und war glücklich.
    Die Mutter hatte einen Kuchen gebacken.
    »Wir werden zu Weihnachten heiraten, Mutter«, sagte Hannes glücklich. Er hielt Irenes Hand umfaßt und saß an dem schmalen Tisch wie ein kleiner, überreich beschenkter Junge, der noch gar nicht sein Glück ganz erfassen kann.
    »Tut das, Kinder.« Erna Baumgart legte ihre Hand über die verschlungenen Hände von Irene und Hannes. Es war wie ein stiller Segen.
    »Und dann werden wir den Kahn modernisieren.«
    Der alte Baumgart schaute auf seine qualmende Pfeife. »Wovon?«
    »Wollen wir schon wieder davon sprechen, kaum, daß Hannes hier ist?« fragte die Mutter. Sie hatte Angst, daß die heitere Stimmung der Wiedersehensfreude wieder abglitt in den Ernst der Zukunft, die dunkel war, dunkler als je zuvor in allen Jahren.
    »Wir müssen neue Maschinen haben, Vater. Das Schiff selbst ist noch gut, aber die Maschinen tun es nicht mehr. Wir brauchen Dieselmotoren.«
    »Nehmen wir den Vorschlag von Jochen an – leihen wir es uns.«
    »Kein Wort über

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