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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ausschnitt. Ihre herrlichen Haare hatte sie hochgebunden.
    »Wie schön, daß du kommst«, sagte sie wirklich glücklich. Das ist nicht gespielt, durchfuhr es Jochen. Das ist echt. Betty sprang von der Couch und kam Jochen entgegen. »Ist alles gutgegangen?«
    »Was?« fragte er verwirrt.
    »Mit Irene …«
    »Ach so. Ja. Es ist ein Mädchen.«
    »Wie schön. Hatte sie noch viel Schmerzen zu ertragen?«
    »Sie mußte operiert werden.«
    »Die Ärmste! Sie war so tapfer.«
    Jochen Baumgart sah zu Boden und auf seine unruhigen Hände. Er beobachtete Betty aus den Augenlidern heraus, als er sprach.
    »Ich habe mich mit Willke unterhalten.«
    »Ein widerlicher Bursche.« Ihr Gesicht veränderte sich nicht. Auch ihre Augen wurden nicht ängstlich, sondern sprühten Haß und Verachtung.
    »Im Augenblick vielleicht. Aber war er früher nicht so widerlich?«
    »Früher?«
    »In Hamburg!«
    Betty blieb hochaufgerichtet stehen. Er hat es ihm gesagt, dieses Schwein. Und ich werde ihn dafür vergiften – heute nacht!
    »Er war immer ein Ekel.«
    »Und kennt trotzdem deinen Leberfleck unter der linken Brust …«
    »Den kannten viele«, sagte Betty ehrlich. »Ich habe in der Bar und nach meinem Dienst mit den Männern nicht Gespräche über Plato und Sartre geführt. Ebensowenig wie mit dir …«
    »Ich lehne es ab, mit den anderen Männern verglichen zu werden!« sagte Jochen hart. Betty nickte. Ihre Stimme war ein wenig traurig, als sie sich abwandte und den Schrank öffnete. Sie holte ihren kleinen Koffer, mit dem sie auf das Schiff gekommen war, hervor und klappte ihn auf.
    »Was soll das?« fragte Baumgart.
    »Ich verlasse das Schiff und fahre zurück nach Hamburg.«
    »Ohne eine Erklärung?«
    »Erklärung? Warum willst du eine Erklärung? Du hast mich in einem Sumpf kennengelernt. Glaubst du, in einem Sumpf wachsen unberührte Rosen? Du wußtest, wer ich bin und woher ich komme. Du wolltest es vergessen. Aber es ist wie immer im Leben: Die Vergangenheit ist stärker! Es gibt keine Ausnahmen von dieser Regel.«
    »Und was willst du in Hamburg?«
    »Zurück in meine Bar.«
    Jochen Baumgart antwortete nicht. Er ging an Betty vorbei und ergriff den kleinen Koffer. Dann öffnete er mit einem Ruck das Fenster und warf den Koffer hinaus in den Rhein.
    »Ich werde Willke von Bord schaffen lassen und nicht mehr daran denken.«
    »Das kannst du nicht. Gedanken kommen und sind stärker als aller Wille.«
    »Ich werde nicht daran denken, weil ich dich liebe.«
    Als Jochen Baumgart – ohne anzuklopfen – bei Herbert Willke eintrat, stand dieser vor einem Spiegel und bestrich seine aufgeschlagenen Lippen mit Jod.
    Willke wirbelte herum. Seine Hand fuhr in die Rocktasche. Seit dem Telegramm Domaines und den vergeblichen Angriffen auf Bunzel war er äußerst schreckhaft geworden. Als er sah, daß es Baumgart war, ließ er die Hand wieder aus der Tasche gleiten und legte mit einem ironischen Lächeln den Jodpinsel auf die Glasplatte unter dem Spiegel.
    »Wollen Sie sich bedanken für die nette Information?«
    »Ich habe mit Betty gesprochen.«
    »Na und? War es verlegen, das Häschen? Sie hat zwar keine Bücher geführt wie die Nitribitt, und auch die Kundschaft war nicht so exquisit …«
    »Sie nannte Sie ein Ekel.«
    »Jetzt! Das glaube ich gern. Frau Reeder liebt nicht die Schatten der Vergangenheit.«
    »Ich auch nicht! Und deshalb bin ich hier.«
    In Willke glomm etwas wie Angst auf. Die ruhige, völlig leidenschaftslose Stimme, der ernste Blick Baumgarts irritierten ihn. Er wich etwas zurück und lehnte sich gegen die Wand. Rückendeckung, dachte er. Und wenn er kommt, schieße ich, so wahr ich Willke heiße!
    »Was haben Sie vor?« fragte er rauh.
    »Nicht viel. Sie verlassen sofort das Schiff!«
    »Das ist gegen den Vertrag!«
    »Auch der Vertrag interessiert mich nicht mehr! Sie sind in zehn Minuten von Bord, oder Sie fliegen über die Reling in den Rhein!«
    »Das ist Mord!« schrie Willke. In seine Augen trat wirklich nackte Angst. Er griff in die Tasche und zog die Pistole heraus. Baumgart lachte leise.
    »Stecken Sie Ihr Spielzeug weg, Willke! Zum vollkommenen Gangster fehlt Ihnen die nötige Intelligenz. Ein Rätsel ist mir nur, weshalb Sie Saukerl in ein schlichtes Holzgeschäft einsteigen und als biederer Kaufmann Stämme exportieren.«
    Durch Willkes sonst träges Gehirn jagten die Gedanken. Da hat also Betty dichtgehalten! Er weiß nichts von den Rauschgift- und Medikamentenkapseln in den Stämmen. Er glaubt noch

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