Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Titel: Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Malangré
Vom Netzwerk:
und sein Gesandter verwehrt haben,
und nicht bekennen das Bekenntnis der Wahrheit, bis sie den Tribut aus der Hand
gedemütigt entrichten. Und es sprechen die Juden: Esra ist Allahs Sohn. Und es
sprechen die Nazarener: Der Messias ist Allahs Sohn. Solches ist das Wort ihres
Mundes. Sie führen ähnliche Reden wie die Ungläubigen zuvor. Allah, schlag sie
tot! Wie sind sie verstandeslos! Sie nehmen ihre Rabbiner und Mönche neben
Allah und Messias, den Sohn der Maria, zu Herren an, wo ihnen doch allein
geboten ward, einem einzigen Gott zu dienen, außer dem es keinen Gott gibt.“ 30
    Wenn man genau hinsieht, ist
diese Koranstelle keine reine Kampfparole. Sie ist viel mehr, im positiven
Sinn.
    Da ist zunächst die Rede „von
denen, welchen die Schrift gegeben ward“. Gemeint sind die Juden, Christen und
Muslime. Gekämpft wird nur gegen diejenigen aus diesem Dreierkreis, „die nicht
glauben an Allah“. Das sind Juden und Christen. Gegen diese wird also gekämpft,
aber nur solange, „bis sie den Tribut aus der Hand gedemütigt entrichten“.
Hierzu lese ich in meiner von Henning kommentierten Koranausgabe: „Die
christlichen und jüdischen Gemeinden konnten erst durch die Entrichtung einer
entehrenden Kopfsteuer (dschizja) ihren Glauben behalten, während die Heiden
zwischen Islam, Tod oder Sklaverei zu wählen hatten.“ 31
    Da finden wir also trotz aller
Kampfeslust die Bereitschaft zur Symbiose, zum „versteuerten“ Zusammenleben der
Muslime mit den Juden und Christen.
    Und da lesen wir von dem
theologischen Grund für die Gegnerschaft: Juden und Christen werden der
Vielgötterei beschuldigt. Dieses theologische Mißverständnis, das zwischen
Juden und Christen ebenfalls eine große Rolle spielt 32 , beruht auf sprachlichen Problemen, die bis
heute ungelöst sind. Die theologischen Begriffe tragen nicht über die Kluft der
Mißverständnisse hinweg.
    Wir suchten nach Gründen für
die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Islam und Christentum in
Spanien, und wir fanden sie in den Ideologien. Da mag dann wohl den Spaniern
der historisch etwas ferne Augustinus nicht genügt haben, und so hoben sie den
Jakobus auf den Schild, damit er Schwung in das „bellum justum“ bringe. Dieser
„gerechte Krieg“ ist dann auch in der Kreuzfahrerzeit nach der Jahrtausendwende
das große Thema gewesen. Spanien erhält über die Reformbewegung von Cluny und
die französische Ritterschaft hier wichtige Impulse, die das vorher sehr viel
„liberalere“ Klima verschärfen. Ein Beispiel: 1020 ist das Konzil von León,
Cluniazenserritus ersetzt den mozarabischen!
    Die Reconquista rollt. Schauen
wir auf die historische Landkarte. 1065 ist Spanien bis zum Ebro in
„christlicher Hand“. 1118 erobert Alfonso I. von Aragonien Zaragoza. 1236 fällt
durch Ferdinand III. von Kastilien Córdoba an Spanien, 1248 Sevilla, 1263
Cádiz. — So geht es weiter. Der Endpunkt: 1492 wird Granada an Ferdinand den
Katholischen und Königin Isabella übergeben. Die Reconquista hat gesiegt. Die
maurische Herrschaft in Spanien ist zu Ende. Übrig bleibt eine gewaltige
Schwungkraft, die über das Geschehen in Spanien selbst weit hinausreicht.
Jakobus hat als „matamoros“ ganze Arbeit geleistet. Doch er ist mit der
Eroberung Granadas noch nicht am Ende seiner politisch-missionarischen
Aktivitäten. Er begleitet seine Mannen über den „großen Teich“ in ihre
südamerikanischen Eroberungen. Nirgendwo gibt es mehr Städte, die den „Santiago“
in ihrem Namen tragen als in Südamerika (vgl. „Geschichte III“).
    Die Geschichte der
Jakobuswallfahrt ist nicht nur eine spanische und überseeische; sie hat auch zu
tun mit der deutschen Reichsgeschichte (vgl. „Geschichte II“).

7. KAPITEL

Die Landschaft I
     
     
    Wir wollen zu beschreiben
versuchen, was den Sinnen geschenkt wird, wenn sie durch Frankreichs Süden und
Spaniens Norden fahren — wenn sie hören, sehen, fühlen und schmecken, was ihnen
dort so schön, packend und vielfältig begegnet. Begeisterung ist dabei
unvermeidlich!
     
    So darf es wohl nicht heißen: die Landschaft. Es geht um Landschaften. Doch sie sind aufeinander bezogen
und haben im Reiseerlebnis miteinander zu tun. Der Spanier wird mir verzeihen,
daß ich seine spanische Landschaft nicht erleben konnte ohne die
Begegnung mit Burgund, mit der Auvergne und dem Zentralmassiv, mit der
Gascogne. Hier ist sowohl Vorbereitung auf Spanien als auch Erfüllung eigener
Art. Das will beschrieben sein, und mit diesem

Weitere Kostenlose Bücher