Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
pünktlich von Trient aus weiter, Raffi verteilte Bananen und Pflaumen.
    Zehn Minuten später – der Zug fuhr an endlosen Apfelspalieren vorbei – läutete Brunettis telefonino. Kurz spielte er mit dem Gedanken, es läuten zu lassen, dann aber nahm er es aus dem Seitenfach von Paolas Tasche, wo er es beim Aufbruch hineingestopft hatte.
    »Pronto«, sagte er.
    »Sind Sie das, Guido?«, fragte eine Frauenstimme.
    »Ja. Wer spricht da?«
    »Claudia«, antwortete sie, und Brunetti musste erst einmal die Stimme mit dem Vornamen zusammenbringen, bevor er Commissario Claudia Griffoni erkannte, die als dienstjüngste Kommissarin während der Ferragosto-Ferien in der Questura die Stellung zu halten hatte.
    »Was gibt es?«, fragte er. Dass er nicht gleich das Schlimmste befürchtete, kam nur daher, dass er sich im Schoß seiner Familie sicher fühlte.
    »Wir haben einen Mord, Guido. Sieht so aus, als könnte es sich um einen schiefgegangenen Raubüberfall handeln.«
    »Was ist passiert?« Paolas Hand legte sich auf sein Knie, und erst da wurde ihm bewusst, dass er auf den Boden starrte, um sich von den anderen im Abteil abzukapseln.
    Die Verbindung brach kurz ab, dann kam Griffonis Stimme wieder zurück. »Er lag im Hof seines Hauses, gleich hinter dem Tor, also hat man ihn vielleicht hineingestoßen, nachdem er aufgeschlossen hatte; oder aber jemand hat ihm im Hof aufgelauert.«
    Brunetti räusperte sich fragend, und Griffoni fuhr fort: »Vermutlich wurde er niedergeschlagen und ist beim Sturz mit dem Kopf auf eine Steinskulptur geprallt.«
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Einer aus dem Haus, ein Mann, der seinen Hund ausführen wollte. Gegen halb acht heute früh.«
    »Warum hat man mich nicht benachrichtigt?«, fragte Brunetti.
    »Als die Meldung kam, hat der Wachhabende im Dienstplan nachgesehen und festgestellt, dass Sie in Urlaub sind. Da zu der Zeit nur Scarpa anwesend war, ist er zu ihm gegangen. Und der hat mir gerade erst Bescheid gesagt.«
    Brunetti blickte auf und sah, dass die drei ihm gegenüber – seine Frau, sein Sohn und das Mädchen am Fenster – ihn mit neugierig aufgerissenen Augen beobachteten. Er erhob sich, schob die Tür auf, trat in den Gang und schob die Tür hinter sich zu.
    »Wo ist er jetzt?«
    Wieder riss die Verbindung kurz ab. »Entschuldigung?«, sagte Griffoni.
    »Wo ist der Tote jetzt?«
    »In der Pathologie. Im Ospedale Civile.«
    »Und was wird am Tatort unternommen?«
    »Die Spurensicherung war schon da…«, fing sie an, dann rauschte es nur in der Leitung, bis Brunetti wieder etwas hörte: »…Lage ist kompliziert. In dem Haus wohnen drei Familien, und es gibt nur diesen einen Ausgang. Scarpa hat es irgendwie geschafft, sie davon abzuhalten, über den Hof zu gehen, bis die Spurensicherung mit ihrer Arbeit fertig war, aber gegen zehn musste er sie schließlich aus dem Haus lassen.«
    Brunetti verkniff sich die Bemerkung, dass dadurch Spuren verwischt worden sein könnten oder zumindest einem künftigen Verteidiger ein juristischer Vorwand geliefert worden war, die Beweislage anzufechten. Nur in Fernsehkrimis wurden kriminaltechnische Beweise unhinterfragt akzeptiert.
    »Scarpa ist noch da«, sagte sie. »Er hat noch ein paar Leute mitgenommen. Unter anderem Alvise.«
    »Genauso gut könnte er an der Stelle auch gleich eine Bootshaltestelle einrichten«, ereiferte sich Brunetti. »Wer macht die Autopsie?«
    Wieder brach die Verbindung ab. »…nach Rizzardi gefragt«, sagte sie und bewies damit wieder einmal, dass sie ihre kurze Zeit bei der Questura nicht vergeudet hatte.
    »Und kann er?«
    »Hoffentlich. Sein Name steht nicht auf dem Dienstplan, aber dieser andere Volltrottel ist immerhin für eine Woche in Urlaub und hat keine Nummer hinterlassen.«
    »Na, na, so spricht man nicht vom stellvertretenden medico legale der Stadt«, sagte Brunetti.
    »Dann eben dieser arrogante Idiot, Commissario«, korrigierte sie sich.
    Brunetti, der ihr insgeheim zustimmte, ließ das durchgehen. »Ich komme zurück.«
    »Das hatte ich gehofft«, sagte sie hörbar erleichtert. »Die meisten Leute sind weg, und ich möchte die Sache nicht allein mit Scarpa bearbeiten.« Schon war sie bei den Einzelheiten: »Wie? Soll ich Bozen anrufen und Sie von denen mit einem Streifenwagen zurückbringen lassen?«
    Brunetti sah auf seine Uhr und fragte: »Wo sind Sie jetzt?«
    »In meinem Büro. Warum?«
    »Sehen Sie im Fahrplan nach, wann der nächste Zug von Bozen Richtung Süden geht.«
    »Sie wollen kein Auto?«,

Weitere Kostenlose Bücher