Auf Umwegen ins Herz
beiden Schönheiten! Darf ich euch Lena vorstellen? Lena, das sind Jana und Isabella, zwei gute Freundinnen von mir.“ Sie reichte uns mit einem freundlichen „Hallo“ die Hand.
„Zwei gute Freundinnen, die dich wieder beim Training vermisst haben! Du weißt schon, dass wir uns Sorgen um dich machen, wenn du ohne vorheriges schriftliches Ansuchen schwänzt?“, scherzte ich.
Ich nutzte den Augenblick und musterte Julians Schwester genauer. Da waren sie, die beiden Ähnlichkeiten, die mir sofort aufgefallen waren: ihre schwarzbraunen Haare und ihre blauen Augen. Zwar leuchteten ihre nicht ganz so wie Julians, aber die Verwandtschaft ließ sich trotzdem nicht abstreiten.
„Es tut mir unendlich leid, aber ich hatte heute ausnahmsweise was Besseres vor“, erklärte Marco mit einem Augenzwinkern in Lenas Richtung.
„Okay, bitte keine schmutzigen Details“, bremste Isa ihn, „wir essen noch.“
„Möchtet ihr uns Gesellschaft leisten?“, versuchte ich, von ihrem peinlichen Spruch abzulenken. Im nächsten Augenblick ärgerte ich mich aber schon darüber. Denn, auch wenn Lena einen netten ersten Eindruck machte, so erinnerte sie mich doch zu sehr an Julian, und der lag mir momentan schwer im Magen. Abgesehen davon wusste ich ja nicht, wie das Verhältnis unter den Geschwistern war und wie viel er ihr von meinem bühnenreifen Abgang vom Vortag erzählt hatte. Doch meine Sorge war unbegründet.
„Danke, nett von euch, aber ich möchte Lena noch etwas im Büro zeigen. Lasst euch das Essen noch schmecken. Das geht heute auf mich, als kleiner Trost, weil ihr heute im Studio auf mich verzichten musstet. Also dann, bis spätestens Dienstag, meine Damen. Versprochen!“
„Tschüss, bis bald mal“, verabschiedete sich auch Lena, erneut mit kräftigem Händedruck. Das machte sie gleich noch sympathischer, denn es gab doch nichts Schrecklicheres, als das Gefühl beim Händeschütteln, einen Waschlappen zu drücken.
„Viel Spaß noch“, rief Isa ihnen hinterher.
„Du bist wirklich unmöglich. Er ist der Chef hier, du kannst ihm doch nicht Sex in seinem Büro unterstellen!“, flüsterte ich, als die beiden außer Hörweite waren.
„Was will er ihr sonst in seinem Büro zeigen, wenn nicht seinen Willi?“
„Isa!“
„Na was? Willst du nachsehen?“
„Nein danke, ich leide nicht wie du unter angeborenem Voyeurismus.“
„Wieso so prüde heute?“
„Ich bin nicht prüde. Ich will nur nicht Marco und Lena beim Sex beobachten.“
„Ha! Also stimmst du mir zu!“
„Ach … was weiß denn ich, was die beiden da drin treiben. Und ehrlich gesagt, ist es mir auch egal.“
Isa musterte mich mit zusammengekniffenen Augen. „Jana? Was ist los? Irgendwas ist doch noch …“
Ich seufzte tief und nahm einen großen Schluck vom eiskalten Wasser. Die Eiswürfel schlugen munter an den Rand, als ich das Glas wieder auf den Tisch stellte und mich in den weichen Loungesessel zurücklehnte.
„Sie sieht Julian sehr ähnlich, findest du nicht auch?“
„Lena? Nun ja, sie ist immerhin seine Schwester. Und das stört dich?“
„Stören … nein. Es hat mich nur eben wieder an ihn erinnert. Denkst du, ich hab gestern alles verbockt, als ich mich zum Idioten gemacht habe?“
„Ich weiß nicht“, überlegte Isa laut, „ich kenne ihn ja nicht. Aber, wenn er nach all dem Aufwand, den er betrieben hat, um dich wiederzufinden, jetzt nichts mehr von dir wissen will, macht er sich selbst zum Idioten. Du hast ganz natürlich reagiert, wenn man bedenkt, was du im letzten halben Jahr alles durchgemacht hast. Dass er davon nichts weiß, ist vielleicht ein Nachteil.“
Isa biss in ein Schokocroissant und ließ sich ebenfalls zurücksinken. Nachdenklich wischte sie sich Nougatfülle und Gebäckkrümel mit dem Zeigefinger aus den Mundwinkeln.
„Wenn ich du wäre, würde ich mal abwarten, ob er sich wieder meldet. Immerhin ist er ungefragt in deinen … Sicherheitsbereich vorgedrungen. Er muss also den ersten Schritt auf dich zu machen.“
„Mhm, du könntest recht haben. Vielleicht sollte ich wirklich erst mal ein paar Tage abwarten und Gras über die Sache wachsen lassen“, stimmte ich ihr zu.
Müde und mit einem leichten Sonnenbrand kam ich an diesem Abend in meine Wohnung zurück. Ich hatte nach dem Brunch meine Badetasche gepackt und es mir mit meinem E-Book-Reader – schlauerweise ohne Sonnencreme (es ist ja noch nicht Sommer – Haha!) – am Baggersee gemütlich gemacht. Zwar lag ich größtenteils im
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