Auf Umwegen ins Herz
unmissverständlich zu verstehen, dass ich mich in der Tür geirrt hätte. Mal verdeckte er sein bestes Stück peinlich berührt mit einem Handtuch und stotterte wirres Zeug, und dann – und diese Version gefiel mir eindeutig am besten – begann das Indigoblau seiner Augen zu leuchten und er zog mich zu sich unter die Dusche und küsste mich leidenschaftlich.
Mein verträumtes Lächeln war einem sicher dümmlichen Grinsen gewichen, und ich konnte ein leises Glucksen nicht unterdrücken. Neele hielt mit gespitzten Ohren inne und musterte mich von der Seite. Sie hatte mich wohl im Eifer des Gefechts komplett vergessen.
„Na, du Hübsche? Hab ich dich jetzt bei deinem Kampf mit dem Kauknochen unterbrochen?“
Ich stellte das Wasserglas auf dem Tischchen vor der Couch ab und setzte mich zu Neele auf den Teppich. Neugierig musterte sie mich und wartete wohl gespannt ab, was jetzt geschehen würde. Ich sah in ihre fast schwarzen Augen, und meine Angst vor Hunden war wie weggeblasen. Ich begann, ihren weichen Kopf zu streicheln, ihren Nacken zu kraulen. Sie schien es zu genießen, denn sie legte sich entspannt und ausgestreckt auf den Boden zurück und brummte zufrieden.
Wie schön hatte es doch Neele, sie konnte immer in Julians Nähe sein. Sogar, wenn er unter der Dusche war …
Kurz darauf stand Julian im Türrahmen und beobachtete uns. Seine Haare waren noch nass und er trug ebenfalls gemütliche Kleidung – an ihm sah die natürlich beneidenswert gut aus. Ich fühlte mich plötzlich lächerlich in seinem mir viel zu großen T-Shirt und der Schlabberhose. Ich saß inzwischen im Schneidersitz auf dem Boden, Neele hatte ihren Kopf und die Vorderpfoten auf meine gekreuzten Beine gelegt und genoss meine Zärtlichkeiten in vollen Zügen.
Die Luft zwischen Julian und mir knisterte, und irgendwie lag eine ungewöhnliche Spannung zwischen uns. Ich wusste nicht, ob das jetzt gut oder schlecht war. Vielleicht war es ihm nicht recht, dass ich bei Neele auf dem Boden saß? Er musterte mich eingehend, und ich wollte schon aufstehen, da schenkte er mir ein warmes Lächeln. Mein Herzschlag beruhigte sich dadurch zwar keineswegs, doch ich wusste, dass ich nichts Falsches getan hatte.
Er kam auf mich zu, kniete sich zu uns herab und streichelte Neele. Unsere Finger berührten sich kurz. Dann sah er mir tief in die Augen, und ich hatte das Gefühl, als könnte er in all die tiefen verborgenen Winkel sehen, in die bisher noch niemand einen Einblick erhalten hatte. Meine Wangen färbten sich rot, als mir wieder einfiel, wie ich ihn mir noch vor wenigen Minuten vorgestellt hatte. Ob er das auch in meinen Augen lesen konnte? Doch selbst wenn es so wäre, ich konnte in seinem Gesicht keine Anzeichen dafür erkennen. Sein Lächeln wärmte mich von innen heraus, mehr, als die Dusche es gekonnt hatte. Julian küsste mich auf die Stirn, bevor er mich wieder mit seinem intensiven Blick anschaute.
„Jana, ich freue mich so, dass du hier bist. Hier in meiner Wohnung, nach allem, was vorgefallen ist. Ich dachte schon, ich hätte dich wieder … endgültig verloren, an dem Nachmittag im Park.“
Seine Worte rannen hinunter wie Honig. „Ich bin auch froh, hier zu sein. Und ich bin froh, dass du es nicht komplett verbockt hast“, fügte ich mit einem Zwinkern hinzu.
Er lachte heiser auf, und Neele erhob sich, um gemütlich in die Küche zu trotten. Julian zog mich an beiden Händen auf, hinein in seine Arme. Seinen Körper so nah und ganz an meinem zu spüren, war unglaublich. Ich sog seinen Duft ein, vermischt mit dem seines Duschgels, und ich war dankbar, als wir gemeinsam auf seine Couch sanken.
„Du hast wirklich eine … beeindruckende Wohnung.“
Er zog die Augenbrauen hoch. „Inwiefern?“
Äh ja, jetzt hatte ich mich in eine peinliche Situation manövriert. Glückwunsch, Jana. Verlegen blickte ich auf mein Wasserglas, das immer noch auf dem Wohnzimmertisch stand. „Naja, ich dachte an etwas viel Schlichteres, Unpersönlicheres. So viel … Geschmack beim Einrichten hatte ich dir nicht zugetraut.“
Julian lachte laut auf. „Ich muss gestehen, ich hatte weibliche Unterstützung.“
Autsch! Da war sie, die Antwort, die ich eigentlich nie hören wollte und doch herausgefordert hatte. Da war sie, die Exfreundin, die plötzlich überall präsent war. Okay, genau genommen war die Wohnung eigentlich gar nicht so umwerfend.
Ich sah mich noch einmal um, und irgendwie hatte der Raum innerhalb einer Zehntelsekunde an Charme
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