Auf Umwegen zum Glück (German Edition)
bestellen und die Ankunftszeit auf Mallorca bei unseren Freunden melden. Dann war auch das erledigt.
Jetzt kam die schwierigste Aufgabe. Der Hausputz. Nach ein paar Stunden glänzte jede Ecke, alles war staubfrei, die Bohlendielen waren frisch geschrubbt und rochen nach Bohnerwachs. In weniger als einer halben Stunde kamen die neuen Hausbesitzer vorbei, um die Schlüssel in Empfang zu nehmen. Die Atmosphäre war bedrückend. Mehr als einmal schniefte ich laut und deutlich in mein Taschentuch.
„Hör auf, Trübsal zu blasen. Heute Abend steigt unsere Abschiedsparty, und morgen sitzen wir bereits im Flieger nach Mallorca. Freu Dich doch ein bisschen!“ „Okay“, nuschelte ich, „Du hast wie immer Recht!“
Abends, frisch gestylt, fuhren wir mit einem Taxi zum „Malkasten“, einem bekannten Künstlerclub im Jakobigarten. Bei Livemusik und einem ausgezeichneten Buffet wurde es ein gelungener Abend. Blitzlichter flammten auf, ein letztes Gruppenbild zur Erinnerung - dann war auch das überstanden.
Etwas später lag ich zum letzten Mal in meinem alten Zuhause auf der Luftmatratze und versuchte, die letzten Stunden hinter mich zu bringen. „Was für eine Woche.“ Übermüdet nickte ich ein, um 2 Stunden später fröstelnd wieder aufzuwachen. Jetzt wurde es ernst, es ließ sich nichts mehr rückgängig machen. Deprimiert wanderte ich von einem Zimmer ins andere, wissend, dass der Abschied endgültig war. Die Möbel schauten mich stumm und anklagend an. Ein seltsames Gefühl überkam mich. Meine Nerven waren etwas angespannt. Ich hörte Stimmen, sah aber niemanden. Rund und voll stand der Mond am Himmel, hin und wieder verdunkelt durch eine vorbei ziehende Wolke. Ich schaute ihn an und flüsterte: „Machs gut, alter Kumpel, bis bald in Spanien!“ Ich drehte mich um und erstarrte. Mein Vater stand vor mir und flüsterte mir zu: „Mut mein Mädchen, Du schaffst das schon. Auch wenn wir nicht mehr da sind, für Dich geht das Leben weiter. Es wird alles gut, glaube mir!“, und dann verschwand das Spukbild.
Plötzlich kamen mir die Tränen, sie flossen und flossen und hörten gar nicht mehr auf. Mir war gerade klar geworden, dass es ein endgültiger Abschied war. „Keine Tränen mehr“, sagte ich zu mir und biss so fest die Zähne zusammen, dass sie knirschten. Die Türklingel riss mich zurück in die Gegenwart. Es klingelte einmal, zweimal. Mit einer trotzigen Handbewegung wischte ich mir die verräterischen Spuren aus den Augen. Als es zum dritten Mal klingelte, dieses Mal etwas anhaltender, riss ich mit einem Ruck die Tür auf. Ungeduldig stand Tessa davor. Ihre Hand schwebte noch in der Luft, um nochmals den Klingelknopf zu malträtieren. „Was ist los mit Dir? Wir haben nicht mehr viel Zeit, sonst hebt der Flieger ohne uns ab. Wisch Dir mal die Wimperntusche aus dem Gesicht, Du siehst aus wie eine Heulboje!“ Noch immer schniefend, lachte ich, holte tief Luft, knallte entschlossen die Haustür hinter mir zu, und ohne uns umzusehen, schritten wir beide forsch der neuen und hoffentlich erfreulicheren Zukunft entgegen.
Auf Mallorca waren Edmundo und Flavio in der Zwischenzeit nicht untätig gewesen. Ein prächtiges, überdimensionales Pappschild mit der Aufschrift „Herzlich Willkommen in Eurem neuen Heim“ prangte über der Eingangspforte. Im Patio bog sich der Tisch unter der Fülle einheimischer Delikatessen. Unzählige Kerzen, deren Flämmchen auf und ab hüpften, tauchten die kleinen Alkoven in ein warmes Licht. Es war eine behagliche, heimelige Atmosphäre. Glühwürmchen erleuchteten den Garten, und schwebten wie goldene Funken über Sträucher und Blumen. In der mediterranen Luft lag ein verheißungsvoller Hauch, der sich mit dem üppigen Duft der Blüten vermischte.
Unten im Tal flammten die ersten Lichter auf und warfen ihr diffuses Licht nach oben. Aufgeregt tigerte Edmundo auf und ab. „Wo bleiben sie nur“, fragte er unablässig, wobei er jede Minute auf die Uhr schaute. „Vielleicht hat das Flugzeug Verspätung. Beruhige Dich, Du machst mich ganz nervös!“, äußerte Flavio.
Ein Auto näherte sich. „Das müssen sie sein!“, sprudelte Edmundo hervor und hechtete um die Ecke. Fast wäre der Taxifahrer noch an der Finca vorbei gerast. „Stopp!“ schrie Tessa. Unverzüglich trat der Fahrer auf die Bremse, sodass die Reifen quietschten. Kaum, dass das Taxi zum Stehen kam, sprang Tessa hinaus und stürmte mit klackenden Absätzen die blumengesäumte Auffahrt hoch, um gleich darauf
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